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Kantaki 03 - Der Zeitkrieg

Kantaki 03 - Der Zeitkrieg

Titel: Kantaki 03 - Der Zeitkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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Befreiung. Die geistigen Ketten lösten sich, fielen ab.
    Die Trauer in den Blicken seiner Mutter, der Kummer, der wie ein Schatten auf Madeleine gelegen hatte, die Tiefe in Lidias Augen und die Fragen darin … Valdorian verstand das nun alles. Und mit diesem Verstehen präsentierte sich auch die Antwort auf die Frage, über die er schon so oft nachgedacht hatte, die Frage, was er mit seinem neuen Leben anfangen sollte.
    Eigentlich gab es nur eine Möglichkeit, nur einen lohnenden Weg in die Zukunft. Wie dumm, auch nur in Erwägung zu ziehen, sich in dieser Realität erneut an die Spitze des Konsortiums zu setzen, denn damit hätte er einen Pfad beschritten, auf dem er bereits Fußspuren hinterlassen hatte. Er bot bestenfalls Altbekanntes in neuen Gewändern. Sich auf irgendeinem paradiesischen Planeten niederzulassen und Reichtum und Luxus zu genießen … Er hatte seinen Sohn Benjamin dafür verachtet, diesen hedonistischen Weg eingeschlagen zu haben. Reichtum und Macht, beides war immer Teil seines Lebens gewesen, Reichtum schuf Macht, und Macht schuf Reichtum.
    Die einzigartige, unwiederholbare Chance, die sich ihm bot, war diese: Er konnte zu der Abzweigung seines Lebensweges zurückkehren, von der er heute, nach vielen Jahrzehnten, wusste, dass sie in die falsche Richtung geführt hatte, und diesmal konnte er den richtigen Weg wählen.
    »Lidia …«, sagte er leise, stand auf, trat zum Fenster und sah auf den Planeten hinab. Olkin, der Omnivor, die Temporalen, der zweite Zeitkrieg, Cordoban, der ihn in dieser Realität zu einem Gefangenen gemacht hatte … Er steckte in einem heillosen Durcheinander fest, das jeden Augenblick noch schlimmer und vor allem tödlich werden konnte. Aber wenn er innerlich all diese Dinge beiseite ließ, nur für einige wenige Sekunden, um zu entscheiden, wohin er seine Schritte lenken sollte, wenn es möglich gewesen wäre, sie frei in eine bestimmte Richtung zu lenken …
    Er würde sich für Lidia entscheiden.
    Das war der Gedanke, der die geistigen Ketten löste, auch wenn andere Fesseln blieben, von der Situation geknüpft und verknotet. Er sollte sich dafür entscheiden, Lidias Konfident zu werden und mit ihr abseits des Zeitstroms eine Reise zu beginnen, die weit, weit in die Zukunft führte. Und selbst die Aussicht auf relative Unsterblichkeit rückte vor etwas anderem in den Hintergrund. Manchmal, so begriff er, war ein Lächeln mehr wert als alles andere. O ja, natürlich, flüsterte der Zyniker in ihm, der alte, bittere und hasserfüllte Valdorian, und das glaubt jemand, dem es nie an Geld und Macht gefehlt hat.
    »Jetzt habe ich nichts mehr«, sagte er, während er weiterhin auf den Planeten hinabblickte und plötzlich Tintirans Schönheit sah. »Weder Geld noch Macht. Und ich bin völlig allein.«
    Die Frage war beantwortet, die Entscheidung gefallen.
    Und dann folgte Verzweiflung dem Gefühl der Befreiung.
    Wie konnte er unter den gegenwärtigen Umständen zu Lidia finden? Und selbst wenn es ihm gelungen wäre, sie irgendwie zu erreichen: Wie sollte er sie davon überzeugen, dass er sich … geändert hatte? Wie sollte er sie dazu bringen, ihn als ihren Konfidenten zu akzeptieren?
    Valdorian atmete tief durch und verbannte die Verzweiflung aus sich. Er hatte ein neues Ziel, auf das es hinzuarbeiten galt – mit der Entscheidung war der erste Schritt auf diesem Weg bereits getan.
     
    Die Begegnung fand in einem kleineren Konferenzzimmer an Bord der Orbitalstation über Tintiran statt, und als die drei Blassen hereinkamen, erwachten in Valdorian Erinnerungen an seine Kindheitsphantasien von Horrorgeschöpfen. Zwei Frauen begleiteten Viktor, und sie trugen wie auch Viktor die beigefarbene uniformartige Kleidung von Sippenmitgliedern der Horgh. Sie wirkten zart und fragil, und das verstärkte vielleicht den zombiehaften Eindruck, den sie mit ihren rötlichen Augen und den weißen, blutleeren Gesichtern erweckten. Viktor überragte sie um einen halben Meter und war fast doppelt so breit. Auch sein Gesicht war leichenhaft blass, und es zeigten sich nur wenige Falten darin, trotz seiner mindestens vierhundert Lebensjahre. Neue Menschen, dachte Valdorian. Ihr Erbgut von einem Virus verändert, das geschaffen wurde, um Kantaki zu töten. Das war ein Aspekt dieser Realität, der ihn besonders erstaunte.
    »Willkommen im Mirlur-System und an Bord dieser Station«, sagte Valdorian, trat den Blassen entgegen und streckte die Hand aus. Viktor ergriff sie, drückte kurz zu und

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