Kantaki 03 - Der Zeitkrieg
nicht zu nahe, aber auch nicht zu weit entfernt – und blickte wie sie hinaus in den Transraum. Diesmal zog das Kantaki-Schiff keine Transportblase mit Fracht- und Habitatmodulen hinter sich her. Es flog allein, ein schwarzer Berg, der sich in Bezug auf den Normalraum mit einem Vielfachen der Lichtgeschwindigkeit bewegte. Eine gewisse Faszination ließ sich nicht leugnen, und Valdorian bemühte sich, dieses Empfinden festzuhalten, die alte Abneigung in Hinsicht auf die Kantaki und alle Dinge, die sie betrafen, immer mehr zurückzudrängen. Denn er wusste: Wenn es ihm gelang, Lidia – Diamant – zu überzeugen, dass sie ihn irgendwann tatsächlich als ihren Konfidenten akzeptierte, so würde dies einen großen Teil seines Lebens ausmachen. Dann stand er wie sie außerhalb des Zeitstroms, so wie jetzt, hier an Bord dieses Schiffes, und konnte tausend Jahre und älter werden. Zeitlosigkeit … wie an Bord der Orbitalstation und doch ganz anders. Er überlegte kurz, wie die Zeit für den Körper anders vergehen konnte als für den Geist – in dieser Frage verbarg sich das Mysterium der relativen Unsterblichkeit von Kantaki-Piloten –, doch er schob die Frage fast sofort wieder beiseite. Andere Dinge waren viel wichtiger.
»Ich kann sie selbst so sehen, ohne mit den Systemen des Schiffes verbunden zu sein«, sagte Diamant und blickte in die Finsternis. »Die Fäden, die alles miteinander verbinden, von den kleinsten Objekten des Universums bis hin zu größten. Der Umgang mit der Gabe ist mir inzwischen so vertraut wie das Sehen mit den Augen und das Hören mit den Ohren.«
Valdorian schwieg, obwohl Fragen in ihm brannten, obwohl er Diamant gern von der Veränderung in seinem Inneren erzählt hätte. Doch der Valdorian, der über viele Jahrzehnte hinweg das Konsortium geleitet hatte, wusste, dass man nichts überstürzen durfte.
»Die Ältesten von uns meinen, dass man die Muster der Schöpfung erkennen kann, wenn man genau genug hinsieht«, fuhr Diamant fort. »Wie ist es möglich, dass dies alles … falsch ist?«
»Falsch ist vielleicht nicht das richtige Wort«, erwiderte Valdorian vorsichtig und erinnerte sich an seine Gespräche mit Cordoban. »Für alle, die in dieser Realität leben, ist sie die einzige richtige Welt. Aber ich stamme aus einer anderen Zeitlinie …«
»Genau das ist der Grund.«
Valdorian wartete, doch Diamant sprach nicht weiter, und so fragte er nach einer Weile: »Der Grund wofür?«
»Warum die Großen Fünf mit Ihnen reden wollen.« Sie seufzte leise, als trage sie eine Last, auf die sie lieber verzichtet hätte. »Ihre Präsenz in dieser Welt, in diesem Universum, stellt eine Verbindung mit der objektiven Zeit dar, in der die temporalen Manipulationen ihren Ursprung haben.«
»Die Kantaki glauben also, dass ich Recht habe?«
Diamant seufzte erneut, noch etwas leiser. »Ich habe den Kantaki auf Munghar berichtet, was geschehen ist und was ich von Ihnen weiß, und die Zeitwächter begannen mit genauen Untersuchungen. Dabei entdeckten sie tatsächlich Hinweise auf temporale Manipulationen, aus denen sich nur ein Schluss ziehen lässt: Dieses Universum, in dem ich mein ganzes Leben verbracht habe, ist nicht natürlichen Ursprungs. Ja, Sie haben Recht. Es fand ein Zeitkrieg statt, und ›wir‹ haben ihn verloren. Unsere Existenz ist der Beweis dafür.« Die letzten Worte klangen ziemlich bitter.
Valdorian widerstand der Versuchung, näher an Diamant heranzutreten. »Es fällt Ihnen schwer, sich an diese Vorstellung zu gewöhnen, nicht wahr?« Er deutete nach draußen in den Transraum, in dem sich gelegentlich schemenhafte Bewegungen zeigten, wie die Schatten gewaltiger Geschöpfe, die durch diese Nacht über den gewöhnlichen Dimensionen flogen. »Dieses Universum ist zwar das Ergebnis temporaler Manipulationen, aber das nimmt ihm nichts von seiner Realität.« Er fügte hinzu: »Cordoban ist sehr von der Wirklichkeit seiner Welt überzeugt.«
Diamant drehte den Kopf und sah ihn an. Die grünblauen Augen wirkten sehr vertraut, aber es lag auch etwas in ihnen, das Abstand schuf. »Die Großen Fünf möchten Sie um Hilfe bitten.«
Kantaki, die ihn um Hilfe baten? Eine seltsame Vorstellung. »Um Hilfe?«, wiederholte er verwundert.
»Die Zeitwächter glauben, dass sie mit Ihrer Hilfe einen Weg zur objektiven Zeit finden können.«
Du sollst erneut der Wegfinder sein, Dorian, flüsterte Olkins Stimme in Valdorians Erinnerung.
»Die Kantaki wollen versuchen, über Sie die
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