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Kantaki 03 - Der Zeitkrieg

Kantaki 03 - Der Zeitkrieg

Titel: Kantaki 03 - Der Zeitkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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Sturz in die Vergangenheit hin.
    Der Instinkt veranlasste ihn, wieder in Richtung Lazarett zu gehen. Vielleicht wusste Diamant, dass man ihn dort behandelt hatte, und beabsichtigte, später dorthin zurückzukehren. Oder konnte sie ganz bewusst beschlossen haben, ihren Weg auf eigene Faust fortzusetzen, wohin auch immer?
    Es gab noch zwei andere Möglichkeiten, und es behagte Valdorian nicht, über sie nachzudenken. Die erste: Möglicherweise hatte Diamants Retransfer an einer ganz anderen Stelle in der Raum-Zeit stattgefunden. Die zweite: Sie gehörte zu den »beiden anderen«, die es nicht geschafft hatten.
    Er folgte einer anderen Route zurück zum Lazarett und bekam dabei Gelegenheit, durch Lücken zwischen den Baracken übers Meer zu sehen. Weißblaue Patrouillenboote glitten in einem Abstand von einigen Dutzend Metern an den Pontons vorbei, und die Männer an Bord beobachteten die schwimmende Stadt mit großer Aufmerksamkeit. Wächter?
    Eine große Gruppe Menschen drängte sich vor einem einfachen zweidimensionalen Display.
    »Nur noch zwei Tage!«, rief ein Zuschauer, und die anderen stimmten mit ein, trugen den Ruf weiter. »Nur noch zwei Tage!«
    »Nur noch zwei Tage … bis was?«, fragte Valdorian eine vorbeieilende Frau.
    »In zwei Tagen fällt Gottes Hammer!«
    Valdorian sah der Frau verwundert nach und spürte, wie das Durcheinander um ihn herum noch chaotischer wurde, als sich eine Unruhe ausbreitete, die an Panik grenzte. Uniformierte in der Menge bemühten sich, Ordnung zu schaffen, und es kam keine Musik mehr aus den Lautsprechern, sondern eine Stimme, die dazu aufforderte, die Ruhe zu bewahren.
    »Entfernen Sie sich nicht aus den Ihnen zugewiesenen Sektionen«, donnerte es übers Lager hinweg. »Sie werden rechtzeitig evakuiert.«
    Valdorian ging weiter und blieb in unmittelbarer Nähe der Baracken, wo das Gedränge nicht ganz so schlimm war. Als ihn noch etwa fünfzehn Meter vom Lazarettzelt trennten, bemerkte er vor dem Haupteingang eine Frau, deren Kleidung nicht so abgenutzt und zerrissen war wie die vieler anderer Menschen. Sie kehrte ihm den Rücken zu, und lockiges schwarzes Haar fiel über ihre Schultern.
    »Lidia!«, rief Valdorian. Und dann, noch lauter und hoffnungsvoller: »Diamant!«
    Sie drehte sich um, sah ihn und gestikulierte. Voller Erleichterung bahnte er sich einen Weg zu ihr. »Ich befürchtete schon, Sie verloren zu haben!« Er sah keine junge Frau, aber auch nicht die Greisin, zu der sie für kurze Zeit an Bord von Mutter Crhyls Schiff geworden war. Diese Frau schien gut fünfzig Standardjahre alt zu sein.
    Diamant ging nicht darauf ein. »Wir müssen weg von hier.«
    Die Kantaki-Symbole an Hemd und Hose wirkten sonderbar in dieser Umgebung. Erstaunlicherweise nahm niemand Notiz von ihnen.
    »Was ist los?«, fragte Valdorian. »Diese Leute scheinen vor etwas Angst zu haben.«
    »Die meisten von ihnen sind Flüchtlinge aus dem Nahen und Mittleren Osten«, erwiderte Diamant. »Wir sind hier auf der Erde, falls Sie das noch nicht wissen sollten. Und heute ist der 3. August 2073, alte Zeitrechnung.«
    Sie schien auf eine Reaktion zu warten, aber Valdorian sah sie nur groß an.
    »Zwei Tage vor dem Hammerfall«, fügte Diamant hinzu.
    »Was ist damit gemeint?«
    »Haben Sie sich nie mit der Geschichte der Erde beschäftigt?«
    »Doch, natürlich, aber …«
    »Aber offenbar nicht sehr gründlich«, sagte Diamant. »Kommen Sie. Ich erkläre es Ihnen unterwegs. Wir dürfen keine Zeit verlieren. Ich habe bereits alles arrangiert.«
    »Arrangiert?«
    »Wir müssen dieses schwimmende Flüchtlingslager verlassen, und auf normalem Weg ist das nicht ohne weiteres möglich.«
    Valdorian musste darauf achten, nicht den Anschluss zu verlieren, als Diamant mit langen Schritten durch eine brodelnde Masse ging, die aus tausenden von Menschen bestand.
    »Deshalb hat man die Lager auf Pontons errichtet«, fuhr die Kantaki-Pilotin fort. »Um die Flüchtlingsmassen besser unter Kontrolle zu halten. Dies ist die Zweite Große Völkerwanderung. Millionen von Menschen sind seit Monaten unterwegs. Sie fliehen aus dem Nahen und Mittleren Osten in die westliche Welt und auch die Staaten des Fernen Ostens.«
    »Warum?«
    Diamant sprach über die Schulter hinweg. Außer Valdorian verstand niemand ihr InterLingua, und die Linguatoren übersetzten nicht, solange das Gespräch allein sie beide betraf. »Christliche Fundamentalisten unter der Führung des so genannten ›Erleuchteten‹, eines Mannes namens

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