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Kantaki 03 - Der Zeitkrieg

Kantaki 03 - Der Zeitkrieg

Titel: Kantaki 03 - Der Zeitkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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Valdorians Halskette übersetzte sofort. »Immer mit der Ruhe.«
    Er schien sich in einer Art Lazarett zu befinden. Dutzende von einfachen Betten standen in einem langen Raum unter einer hellbraunen Plane, manche abgeschirmt von mobilen Raumteilern; neben einigen Betten waren altertümliche Geräte aufgebaut. Es war unangenehm warm, und der Geruch von Desinfektionsmitteln hing schwer in der Luft. Hier und dort drehten sich die Rotorblätter primitiver Klima-Servi, aber sie brachten kaum Erleichterung, verteilten die schwüle Luft nur gleichmäßig. Fast alle Betten waren belegt; Ärzte, Pfleger und Krankenschwestern gingen umher, schienen es aber nicht sehr eilig zu haben.
    Valdorian starrte auf die kleine Wunde in seiner rechten Armbeuge, hob dann den Blick und sah den Mann, der zu ihm gesprochen hatte: etwa sechzig, das Gesicht eher schmal und von der Sonne gebräunt, die Augen ebenso dunkel wie das Haar. Er trug einen weißen Kittel, und auf dem Namensschild an der Brusttasche stand »Dott. Alessandro Carosi«.
    »Wo bin ich hier?«, fragte Valdorian. Er erinnerte sich an Olkins Pinakothek und schauderte innerlich.
    Der Arzt deutete auf den Linguator. »Interessantes Gerät. Sehr nützlich bei Fremdsprachen, nehme ich an. Ich sehe so etwas zum ersten Mal. Eine Neuentwicklung?«
    »Wo bin ich hier?«, fragte Valdorian erneut, diesmal ein wenig schärfer.
    Carosi hob eine Braue. »Sie gehören zu den Ungeduldigen, wie?« Er nahm einen kleinen Druckbehälter, sprühte etwas Kaltes auf die Wunde in Valdorians Armbeuge und drückte einen Wattebausch darauf. »Hier, halten Sie das fest. Sie brauchen ohnehin weder intravenöse Antibiotika noch sonstige Medikamente. Zwar haben wir Anzeichen von psychischem und physischem Stress festgestellt, aber Ihre Konstitution ist erstaunlich gut, wenn man die Umstände bedenkt. Den meisten Flüchtlingen geht es viel schlechter. Und bevor Sie zum dritten Mal fragen: Sie befinden sich im zentralen Auffanglager.« Ein Hauch von Sorge erschien im Gesicht des Arztes. »Haben Sie Gedächtnislücken? Erinnern Sie sich nicht daran, wie Sie hierher gelangt sind? Man hat Sie ganz hinten im letzten Schiff gefunden, neben zwei anderen, die es nicht geschafft haben.«
    Ganz hinten im Schiff?, dachte Valdorian verwirrt. »Wie heißt dieser Planet?«
    Carosi sah ihn groß an. »Wie dieser Planet heißt?« Er lachte, verstummte aber, als sein Patient ernst blieb. »Ihnen scheint es doch nicht ganz so gut zu gehen. Dies ist die Erde.«
    Die Erde? Valdorian sah sich erneut im Lazarett um, und diesmal galt sein Interesse vor allem den antiquierten medizinischen Geräten. Er hätte gern nach dem aktuellen Jahr gefragt, doch der Arzt schien auch so schon argwöhnisch genug zu sein, und er wollte nicht mehr Aufmerksamkeit erregen als unbedingt nötig.
    Carosi trat um das Bett herum und deutete auf Valdorians linken Unterarm. »Was ist das? Eine seltsame Mischung aus Gewebe und Elektronik.«
    Er meinte den Bio-Servo. Valdorian zog den Pulliärmel darüber und stellte fest, dass er noch immer die Kleidung trug, die er im Kastell erhalten hatte. Er schwang die Beine über den Rand des Bettes, vergaß den Wattebausch in der rechten Armbeuge, suchte nach den halbstiefelartigen Schuhen und fand sie.
    Plötzlich fiel ihm etwas ein, und von einer Sekunde zur anderen raste sein Puls.
    »Hat man noch eine andere Person bei mir gefunden? Neben den … beiden anderen, die es nicht geschafft haben?«
    Carosi zuckte mit den Schultern. »Ich schätze, das erfahren Sie in der Registratur.« Er deutete zu einer der Öffnungen in den Wänden des Lazarettzelts.
    Valdorian eilte sofort los. Hinter ihm brummte der Arzt etwas, aber so leise, dass der Linguator es nicht übersetzte.
    Die Erde, dachte er. Hatte der Sturz durch Zeit und Raum nur ihn hierher gebracht, oder war Lidia – Diamant – beim Retransfer bei ihm gewesen? In welcher Zeitlinie befand er sich? Wie nahe kam ihre Realität jener Welt, aus der er stammte?
    Diese Fragen gingen Valdorian durch den Kopf, als er nach draußen trat, in grellen Sonnenschein und Hitze. Er wankte und glaubte sich von kurzem Schwindel erfasst, merkte dann aber, dass sich der Boden unter ihm bewegte. Den Grund dafür sah er unmittelbar darauf, als er seinen Blick hob und über das ganze »Auffanglager« schweifen ließ: Eine große Stadt aus Zelten, Unterständen, Buden und Baracken erstreckte sich auf zahllosen Pontons, die in einer Meerenge zwischen zwei Landmassen verankert waren.

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