Kantaki 03 - Der Zeitkrieg
auch alles zusammenpasste. Und doch zeichnete sich diese Stadt durch eine sprudelnde, brodelnde Vitalität aus. Rechts war manchmal das Meer zu sehen, jetzt nicht mehr blau wie am Tag, sondern silbern. Erinnerungen erwachten in Valdorian, an ein anderes Meer mit einer anderen Farbe.
»Denken Sie manchmal an Tintiran, Diamant?«
»Derzeit denke ich an Vivian und die Zeitkapsel ihrer Kognitorengruppe. Und ich denke an die immense Katastrophe, die dieser Welt bevorsteht.«
Weiter vorn blitzte es, und es folgte ein Donnern, in dem sich das Brummen des Motors verlor. Es flackerte mehrmals hinter einigen hohen Gebäude.
Diamant beugte sich vor. »Was war das?«
»Eine Explosion«, sagte Antonio. Und zum Fahrer: »Bring uns so nahe wie möglich heran.«
»Wir haben ein anderes Ziel.«
»Ich glaube, da irren Sie sich, Verehrteste. Der Lichtblitz kam aus dem Viertel mit der Via Certosa.«
Nach einigen hundert Metern stockte der Verkehr. Sirenen heulten, und mit Levitatoren ausgestattete Rettungsfahrzeuge sausten in einer Höhe von etwa zehn Metern über die Straße hinweg.
»Mit dem Wagen kommen wir jetzt nicht mehr weiter«, sagte Antonio.
Sie stiegen aus, ebenso wie viele andere Fahrer und Passagiere. Alle drängten dorthin, wo Flammen gen Himmel loderten, und innerhalb kurzer Zeit entstand eine große Menge aus Schaulustigen. Wieder erschienen einige von Antonios »Freunden« – vermutlich waren sie ihnen in einem anderen Wagen gefolgt – und sorgten mit sanftem Nachdruck dafür, dass ihre kleine Gruppe ohne größere Probleme vorankam. Sie erreichten eine schmale Straße und dann eine Absperrung, hinter der Uniformierte standen. Löschfahrzeuge waren im Einsatz und versuchten, den Brand unter Kontrolle zu bringen.
»Ich fürchte, die unangenehme Überraschung, die Sie vorhin erwähnten, betrifft Sie«, sagte Antonio und deutete auf das brennende Gebäude. »Das ist Via Certosa Nummer Vierundfünfzig.«
»Aber … das kann nicht sein!«, erwiderte Diamant verblüfft. »Vivian hat mir erzählt, dass sie am vierten August hier eintraf und mit ihrer Mission begann. Und ihre Ausgangsbasis befand sich dort.« Sie deutete auf das Haus, aus dessen Fenstern Flammenzungen leckten.
Valdorian bemerkte, wie sich ihr Gesichtsausdruck plötzlich veränderte, als sie zur Seite blickte. Er drehte den Kopf und sah einen eher unscheinbaren Mann, der ebenfalls an der Absperrung stand, auf der anderen Straßenseite, etwa zwanzig Meter entfernt und durch Dutzende von Schaulustigen von ihnen getrennt.
»Ein getarnter Temporaler!«, stieß Diamant hervor und lief los.
29
Kaskade
Braun: Vortex
Die weiße Linie des Übergangs lockte, zum Greifen nahe und doch unerreichbar hinter dem unsichtbaren Schild. Einige schwebende Lichter markierten die Barriere: eine unsichtbare Kugel mit der Linie in ihrer Mitte.
»Vielleicht bieten Boden, Decke und Wände eine Möglichkeit«, sagte Diamant nachdenklich. »Die strukturelle Integrität der dortigen Materialien ist nicht beeinträchtigt.«
Esmeralda programmierte den Datenservo, der die K-Geräte steuerte, die stationären ebenso wie die mobilen. Metallkäfer unterschiedlicher Größe krabbelten zwischen den Markierungslichtern über die Barriere und nahmen unermüdlich Messungen vor. »Das könnte ein Ansatzpunkt sein. Hier sind wir so weit fertig. Die aktuellen Messreihen nehmen mindestens eine Woche Zeit in Anspruch. Anschließend sehen wir weiter. Was hältst davon, wenn wir uns ein wenig umsehen?«
Diamant nickte. Sie verließen den Raum mit dem Übergang durch eine schmale, unregelmäßig geformte Tür, mit aktivierten Notfallservi. Finstere Korridore nahmen sie auf, nur erhellt von den fliegenden Lampen, die sie vorausschickten und die nicht nur Licht in die Dunkelheit brachten, sondern mit ihren Sensoren auch nach Gefahren Ausschau hielten.
»Hast du dich jemals gefragt, was in ihren Köpfen vor sich ging?«, murmelte Diamant und sah sich immer wieder um. Der Tunnel wand sich wie eine hohle Schlange durch die inneren Mechanismen eines gewaltigen Aggregats.
Esmeralda beantwortete die rhetorische Frage nicht, richtete nur einen stummen Blick auf Diamant.
»Die Bösen sind nie nur böse. Zwischen Schwarz und Weiß gibt es viel Grau. Vielleicht glaubten die Temporalen aus irgendeinem Grund, richtig zu handeln.«
»Mach aus den Tätern keine Opfer.«
»Agoron sprach von Manipulation.« Diamant blieb stehen und blickte an etwas empor, das wie ein Kabelbündel aussah
Weitere Kostenlose Bücher