Kantaki 03 - Der Zeitkrieg
Schein der Ringe Esmeraldas Haar in Gold zu verwandeln schien.
»Das halte ich für unwahrscheinlich. Die Veränderungen der kosmischen Konstanten – und auch die von uns beobachteten visuellen Auswirkungen – deuten darauf hin, dass das Universum Energie verliert. Man könnte den Kaskadeneffekt mit beschleunigter Entropie vergleichen. Hier haben wir es mit dem genauen Gegenteil zu tun: Dieses … Objekt nimmt Energie auf. Sein energetisches Potenzial wächst.«
»Eine Gefahr für uns?«, fragte Diamant.
»Dafür gibt es bisher keine Anzeichen. Interessant ist dies.« Esmeralda nahm einen kleinen Sensor, trat etwas näher an die beiden Ringe heran und warf ihn so, dass er eigentlich durch die Schwärze in einem von ihnen fallen sollte. Doch er traf auf ein Hindernis, fiel zu Boden und blieb liegen. Mit dem Scannerstab holte Esmeralda den Sensor wieder heran und hob ihn auf. »Alles deutet darauf hin, dass das Innere der Ringe aus einer Nulldimension besteht. Weder Raum noch Zeit. Der Sensor konnte den Flug nicht fortsetzen, weil es nichts gab, wohin er fliegen konnte.«
»Du meinst … Das Schwarz ist schwarz, weil es nicht existiert?«, fragte Diamant.
»In gewisser Weise.«
Diamant beobachtete, wie die Ringe kreisten. Sie schienen sich voneinander lösen zu wollen, verloren aber nie den Kontakt und fanden immer wieder zueinander.
»Ich habe etwas gehört«, sagte sie.
Esmeralda nickte. »Ich ebenfalls. Wie … eine Dissonanz in einer Melodie.«
»Interessante Beschreibung.« Diamant lächelte flüchtig. »Aber wenn im Inneren der Ringe wirklich nichts existiert – wie kann der Kontakt mit dem Sensor dann eine wie auch immer geartete Reaktion bewirken?«
30
Splitternde Gesichter
Magenta: Namenlos, 6. März 5501
Im Innern des Planeten, den Eklund Namenlos genannt hatte, erstreckte sich ein schier endloses System aus Höhlen und Tunneln. Seit Stunden waren sie unterwegs, der Alte und der Metamorph, auf der Suche nach dem Zentrum des »Elysiums« dieser Welt, nach dem Ursprung der Kraft, der Eklund fast zum Opfer gefallen wäre. Nur dort, an ihrer Quelle, konnte Raimon hoffen, Energie ohne Eklunds Hilfe – und ohne die Gefahr, dass Eklund geistig verbrannte – aufzunehmen, für sich und vor allem für KiTamarani. Die Konziliantin ruhte noch immer dort, wo der tiefe Schacht endete, der sie ins Innere des Planeten gebracht hatte. Acht Stunden hatte diese Forschungstour bisher gedauert. Für die Rückkehr brauchten sie nicht so lange, wenn Raimon die ganze Strecke flog. Vorausgesetzt, er war kräftig genug dafür. Jeder von ihnen musste mit seinen Kräften haushalten.
Hunger und Durst forderten mit immer mehr Nachdruck Eklunds Aufmerksamkeit. »Uns bleibt nicht mehr viel Zeit. Vielleicht …« Es fiel ihm schwer, die Worte auszusprechen, aber Vernunft und ihre Situation geboten es. »Vielleicht sollten wir einfach so lange suchen, bis wir das Zentrum des Elysiums finden, und erst dann zu KiTamarani zurückkehren.«
»Ich weiß, was du meinst«, sagte Raimon ernst. Er sah nicht mehr wie ein dreißig Jahre junger Mann aus, sondern wie ein Fünfzigjähriger, der gewaltige Anstrengungen hinter sich hatte. »Aber meiner Mutter geht es immer schlechter. Ich spüre es. Ich kann sie nicht einfach sich selbst überlassen. Das bringe ich nicht fertig.«
Dieser zutiefst menschliche Aspekt beeindruckte Eklund, auch deshalb, weil er in einem künstlichen Wesen verwurzelt war.
»Versprich mir eines«, sagte er.
»Was?«
»Versprich es mir einfach, Raimon. Bei all den Dingen, dir wir gemeinsam erlebt haben.«
»Na schön.« Ein Lächeln huschte über die Lippen des Metamorphs. »Ich verspreche es.«
»Gut. Du hast mir gerade versprochen, nach unserer Rückkehr zu KiTamarani durch mich die Kraft des hiesigen Elysiums aufzunehmen.«
»Aber …«
»Keine Widerrede. Versprochen ist versprochen.«
»Es wird dich vermutlich umbringen.«
»Was bedeutet der Tod für einen Alten wie mich? Ich bin fast hundert. Ich habe mein Leben gelebt.« Es sollte ein wenig scherzhaft klingen, aber Eklund hörte Wahrheit in seinen Worten. Tief in seinem Innern fühlte er den Frieden, den ein richtig gelebtes Leben brachte. Er genoss die ruhige Gelassenheit eines Greises, der wusste, dass er die wichtigsten Dinge in seiner Existenz richtig gemacht hatte. Jetzt stand er am Ende des langen Weges, der durch fast zehn Jahrzehnte reichte, und er fürchtete sich nicht vor dem Ende. Ein Ende musste es geben, früher oder
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