Kantaki 03 - Der Zeitkrieg
noch einmal auf ihn zu schießen. Gab es ein gemeinsames Element, einen Zusammenhang? Und der Vortex … Es hatten sich keine Temporalen in ihm aufgehalten. Warum wunderte ihn das erst jetzt?
Valdorian blieb an einer Ecke stehen, rieb sich kurz die Schläfen und ließ den Blick über die vielen Passanten schweifen. Er wäre nicht einmal dann imstande gewesen, einen getarnten Temporalen zu erkennen, wenn er direkt vor ihm gestanden hätte, aber etwas sagte ihm, dass es hier gar keine mehr gab, dass alle anderen Temporalen zusammen mit der brünetten Frau und dem Mann verschwunden waren. Ganz abgesehen von der Rätselhaftigkeit dieses Vorgangs: Welche Folgen ergaben sich daraus für das Hier und Heute? Wenn keine Temporalen mehr in dieser Zeit und an diesem Ort weilten … Wie konnte es dann zu der Manipulation kommen, die den zweiten Zeitkrieg ermöglichte?
Valdorian ging weiter – und verharrte abrupt, als er begriff, dass sie einen Denkfehler gemacht hatten. Es stand gar keine Manipulation bevor, denn sie hatte bereits stattgefunden. Die Temporalen, die in Bellavista gewesen waren … Ihre Aufgabe hatte nicht darin bestanden, die originäre Manipulation durchzuführen, sondern zu verhindern, dass jemand eingriff und sie rückgängig machte.
Die Welt, aus der ich komme, ich selbst … Wir sind das Ergebnis einer erfolgreichen Zeitmanipulation durch die Temporalen.
Langsam ging er weiter, vorbei an soeben öffnenden Geschäften, tief in Gedanken versunken. Die vielen Kratzer in seinem Gesicht schmerzten nicht mehr; der ganze Körper fühlte sich taub an. Er achtete kaum auf die Umgebung, auf die Passanten, die ihm auswichen. Woher nahm er die Gewissheit, dass dieser Tag, der siebte Juli 301, die Entscheidung brachte? Lag es an seiner Verbindung mit Olkin? Aber jetzt schien sie nicht mehr zu existieren – das Prickeln war aus ihm verschwunden. Oder lag es an etwas, das in ihm selbst wurzelte, in seinem Leben, seiner Vergangenheit?
Wie hatte alles begonnen?
»Mach jetzt keine weiteren Denkfehler«, sagte er zu sich selbst, und eine Frau, die genau in diesem Augenblick an ihm vorbeikam, warf ihm einen seltsamen Blick zu. »Was hat den Ausschlag gegeben?«
Er blinzelte und stellte fest, dass er vor der Präsentationsnische eines Geschäfts stand. Schmuckstücke glitzerten hinter transparenter Stahlkeramik und einem farblosen energetischen Vorhang, unter ihnen zwei große Diamanten, die in einem pseudorealen Blütenkelch ruhten. Feuer schien in ihnen zu brennen.
Valdorian starrte darauf hinab und verstand plötzlich. Aber die Antwort brachte keine Erleichterung, sondern legte ihm eine schwere Last auf die Schultern. Erinnerungsstimmen flüsterten, eine von ihnen seine eigene.
»Dies ist etwas Spezielles: zwei Diamanten von der Taruf-Welt Ksid. Sie gehören zusammen.«
»Warum?«
»Es sind semivitale kognitive Kristalle, durch eine empathische Brücke miteinander verbunden. Wie groß auch immer die Entfernung zwischen ihnen ist, die Verbindung bleibt bestehen. Allerdings schwächt sie sich immer mehr ab, wenn die Diamanten über längere Zeit hinweg voneinander getrennt bleiben. Nähe hingegen erneuert die Brücke zwischen ihnen. Wenn Sie mir diese Bemerkung gestatten: das ideale Geschenk für ein junges Paar, das nach einem konkreten Symbol für seine Beziehung sucht. Der Preis …«
» … spielt keine Rolle …«
Das Ausmaß der Manipulation, die Weite des Netzes der Kausalität mit den zahllosen Maschen aus Ursache und Wirkung … Für einige Sekunden stockte Valdorian der Atem. Personen mussten nicht bewusst handeln, um etwas zu bewirken. Manchmal genügten kleine Wechselwirkungen, um große Dinge in Bewegung zu setzen. Ein kleiner Stein, der über einen Berghang rollte, konnte eine Gerölllawine auslösen. Diamant und ich, wir sind zwei kleine Steine gewesen, begriff er. Vielleicht war ihre Begegnung in der »Großen Trockenheit« von Tintiran kein Zufall gewesen; vielleicht hatten die Manipulationen schon mit ihrer Geburt begonnen.
Was auch immer der Fall sein mochte: Dies war ein entscheidender Punkt. Heute, am siebten Juli, kam der junge Valdorian hierher, nach einer Auseinandersetzung mit seinem Vater und einer kurzen Begegnung mit seiner Mutter im Blauen Salon der Villa, und kaufte diese beiden Diamanten. Einer von ihnen war für Lidia bestimmt, und sie wählte ihren Namen als Kantaki-Pilotin danach. Zwei Diamanten, die es Agorax beziehungsweise Agoron ermöglichten, ihn vom Null aus zu
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