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Kantaki 03 - Der Zeitkrieg

Kantaki 03 - Der Zeitkrieg

Titel: Kantaki 03 - Der Zeitkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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Levitatorwagen näherte sich und verharrte ein Dutzend Meter entfernt dicht über dem Boden. Ein junger Mann stieg aus, und Valdorian sah sich selbst.
    Er stand auf. Setzte einen Fuß vor den anderen. Griff in die Hosentasche.
    Sein Herz klopfte rasend schnell. Dies. War. Der. Moment.
    Hier.
    Jetzt.
    Der jüngere Valdorian näherte sich dem Eingang des Geschäfts, dazu entschlossen, die beiden Diamanten zu kaufen und Lidia einen Ehekontrakt anzubieten.
    »Dorian?«
    Der junge Mann drehte sich um.
    Die dunkle Kreatur in Valdorians Tiefen sprengte ihre Ketten und warf sich mit ganzer Kraft gegen die verriegelte Tür des Kerkers.
    »Wer sind Sie? Was wollen Sie?«
    Valdorian holte den Hefok hervor und richtete ihn auf sein jüngeres Selbst. Jetzt! Los, drück ab! Zögere nicht!
    »Es tut mir Leid«, sagte er, und beim letzten Wort sah er ein seltsames Erkennen in den Augen seines jungen Pendants.
    Die dunkle Kreatur zerschmetterte die Tür des Kerkers …
    Valdorian schoss.
    Rungard Avar Valdorian der Neunzehnte, siebenundzwanzig Jahre alt, starb, als sich ein Energiestrahl in seinen Kopf brannte und einen großen Teil des Gehirns verdampfte.
    Das finstere Geschöpf des Zorns heulte, hob ein letztes Mal den hässlichen Kopf und verendete in der offenen Tür seines Verlieses.
    Und Rungard Avar Valdorian, hundertsiebenundvierzig Jahre alt, durch Agoron um hundert Jahre verjüngt und dann wieder gealtert …
    Er verschwand, so wie die beiden Temporalen verschwunden waren, während sich Zeit und Raum neu ordneten, während im Netz der Kausalität neue Maschen aus Ursache und Wirkung entstanden.
    Die Realität bekam eine neue Struktur, in der kausale Entwicklungen in neue Richtungen führten. Ein Erster Zeitkrieg hatte stattgefunden. Die Feyn existierten, hatten ihn zusammen mit den Kantaki gewonnen. Es gab Anomalien, Überbleibsel jenes Krieges, und eine von ihnen befand sich im hohen Norden von Tintiran, »Große Trockenheit« genannt – dort hatte Valdorian Lidia kennen gelernt. In der neuen Realität existierte der junge Valdorian, denn er war ein wichtiger Kausalitätspunkt: Die Stabilität der neuen Wirklichkeit hing von einer grundsätzlichen Entscheidung ab, die er treffen musste, und diesmal waren die Voraussetzungen ein wenig anders.
     
     
Alle Farben: Tintiran, 16. Juli 301 SN
     
    Sie saßen auf der Terrasse eines Cafés, mit Blick auf die Stadt Bellavista und das Scharlachrote Meer. Doch Valdorian sah nur Lidia, erinnerte sich an den Streit mit seinem Vater und suchte nach den richtigen Worten. Er hatte eine Entscheidung getroffen.
    Als er den Mund öffnete, hatte er das seltsame Gefühl, schon einmal an diesem Ort gewesen zu sein und mit sich gerungen zu haben. Vage Erinnerungsfetzen zogen durch sein Bewusstsein und verschwanden, als er sich darauf zu konzentrieren versuchte.
    »Was wollten Sie mir sagen?«, fragte Lidia und lächelte.
    Valdorian räusperte sich. »Ich … möchte Ihnen einen Ehekontrakt anbieten. Werden Sie meine Frau. Für mindestens zehn Jahre.«
    Sie sah ihm tief in die Augen. »Und Ihr Vater? Was würde er dazu sagen?«
    »Dies ist mein Leben. Das habe ich inzwischen begriffen. Ich muss für mich selbst entscheiden.«
    Lidia lächelte erneut, wurde dann aber ernst und blickte zum Meer. »Ich wollte es Ihnen schon seit Tagen sagen. Ich … habe mich prüfen lassen.«
    »Was?«
    »Meine Gabe. Erinnern Sie sich? Wir haben darüber gesprochen, vor gut zwei Wochen. Ich bin zur Sakralen Pagode der Kantaki gegangen, hier in Bellavista, und dort habe ich einige Prüfungen abgelegt, um festzustellen, ob ich Pilotin werden könnte.« Sie holte tief Luft. »Die Gabe in mir ist stark genug, Dorian! Ich kann ein Kantaki-Schiff fliegen, nach einer angemessenen Ausbildung. Damit wird mein größter Wunsch wahr.«
    »Ihr größter Wunsch …« Unbehagen regte sich in Valdorian, und wieder gewann er den Eindruck, gleichzeitig Akteur und Beobachter zu sein. Die Begegnung an diesem Ort, das Gespräch mit Lidia … Dies alles schien schon einmal stattgefunden zu haben. Aber das war natürlich Unsinn. Vielleicht lag es an der Intensität des Moments; sie brachte seine Empfindungen durcheinander.
    »Ja. Ich hätte Zeit, unendlich viel Zeit, und ich könnte tausend Welten sehen!«
    Valdorian sah sie an und verstand.
    »Es braucht nicht das Ende für uns zu bedeuten«, fuhr Lidia fort. »Sie könnten mich begleiten auf der Reise durch die Ewigkeit. Wissen Sie, ein Kantaki-Pilot steht außerhalb des Zeitstroms

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