Kantaki 03 - Der Zeitkrieg
Öffnung neben Vater Grars Schiff, und ein aus mehreren dunklen Modulen bestehender Transporter erschien und schwebte ihnen entgegen. Die Kontrollen bediente ein auffallend kleiner Kantaki, kaum größer als Diamant, doch Flecken an seinem Ektoskelett, Anordnung und Farbe der am Zentralkörper baumelnden Stofffetzen und Metallstreifen sowie die matten Fluoreszenzen bei den Bewegungen deuteten auf ein hohes Alter hin.
»Ein Gesandter der Neutren«, flüsterte Esmeralda, und Diamant wusste sofort, was sie meinte: fünfundzwanzig Kantaki, die sich um die Angelegenheiten der Großen Fünf kümmerten, Munghar nie verließen und nur sehr selten an die Oberfläche kamen, meistens dann, wenn eine oder einer der Fünf zurückkehrte.
Grar klickte.
»Uns wird große Ehre zuteil«, sagte er und knickte die Gliedmaßen vor dem viel kleineren Kantaki im Transporter. Diamant und Esmeralda deuteten eine Verbeugung an.
Das Klicken des Gesandten klang anders, langsamer und gleichzeitig schärfer, und die Linguatoren der beiden Pilotinnen konnten nichts damit anfangen.
»Die Ehre ist noch größer, als ich dachte«, sagte Grar und knickte erneut die Gliedmaßen, eine Geste, die Respekt und Demut zum Ausdruck brachte. »Man begrüßt uns mit dem Alten Dialekt, den die Neutren sonst allein den Großen Fünf gegenüber verwenden – ein Hinweis darauf, für wie wichtig man unseren Besuch hält. Dies ist Es-Mrl. Es wird uns zu den Fünf bringen, die bereits auf uns warten.«
Es, dachte Diamant und verstand. Die Neutren hatten nie ein Geschlecht entwickelt.
Grar trat auf den Transporter, gefolgt von den beiden Pilotinnen. Es-Mrl betätigte die Kontrollen, und die einzelnen Segmente des Gefährts verschoben sich ineinander, als es in die Öffnung im Boden zurücksank, aus der es gekommen war.
Düsternis verschluckte den Transporter, die Dunkelheit der Kantaki.
Sie flogen durch einen der Hauptschächte, die tiefer hineinführten in den Planeten, und mattes Glühen brachte ein wenig Licht in die Dunkelheit. Es ähnelte ein wenig dem Fluoreszieren, das die Bewegungen der Kantaki begleitete, und stammte von flechtenartigen Gewächsen, die das Felsgestein der Schacht- und Tunnelwände mit einem dicken Teppich überzogen. Diamants letzter Besuch auf beziehungsweise in Munghar lag mehr als zweieinhalb Jahrhunderte zurück, aber sie bemerkte keine Veränderungen. Sie wusste, dass die subplanetaren Nester von einst seit vielen Großzyklen Museen und Gedenkstätten waren; nur noch wenige Kantaki lebten auf Dauer in Munghar, vor allem die Kustoden, die dafür sorgten, dass alles erhalten blieb, und die Zeitwächter, die in der Höhle mit dem Kanal nach temporalen Manipulationen Ausschau hielten. Hinzu kamen die Neutren und der Horcher, der den Gedanken des Geistes lauschte, der Materie geworden war und die Großen Kosmischen Zeitalter durchlebte, um zu lernen und zu erfahren. Tief im längst erkalteten Inneren des Planeten gab es einen vollautomatischen Industriekern, der all die Dinge produzierte, die die Kantaki brauchten, auch Komponenten für ihre riesigen Raumschiffe, aber er hatte längst seine einstige Bedeutung verloren und wurde auch nicht mehr weiterentwickelt, soweit Diamant wusste. Die wichtigsten Produktions-, Entwicklungs- und Innovationszentren der Kantaki befanden sich längst auf anderen Planeten und Raumstationen, nicht nur in der Milchstraße, sondern auch in den beiden Magellanschen Wolken, in Andromeda und einigen anderen nahen Galaxien – dort wurden neue K-Maschinen konzipiert und konstruiert. Munghar war eigentlich ein planetares Denkmal.
Der Flug ging durch mehr oder weniger horizontale Tunnel weiter, immer begleitet vom Glühen der Flechten. Sie kamen durch Höhlen und Grotten, deren Wände fünfeckige Nischen aufwiesen, wie Waben oder Alkoven für Eier. Stege aus Stein spannten sich zwischen ihnen, wie Pfade, auf denen einst große Kantaki und ihre geschlüpften Kinder unterwegs gewesen waren. Hier und dort, wo weniger Flechten wuchsen, zeigten sich teilweise monumental große Piktogramme mit Szenen aus dem Kantaki-Leben während der dritten Ära, Mythen, die eine Verbindung schufen zwischen Anfang und Ende nicht nur der Kantaki selbst, sondern des ganzen Universums.
Schließlich erreichten sie die Grotte, in der die Großen Fünf der Kantaki warteten. Fünf große Säulen aus Obsidian ragten in ihr auf, bedeckt von in Fünfer-Gruppen angeordneten Kantaki-Symbolen, die im Glühen der Flechten ein gespenstisches
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