Kantaki 03 - Der Zeitkrieg
Platz vorbei, dass sie Einzelheiten erkennen konnte. Der »Schatten« bestand aus zahllosen winzigen, käferartigen Kreaturen, die sich zu einem humanoiden Kollektivwesen mit gemeinsamer Intelligenz zusammengeschlossen hatten. Ein Segmenter.
Die Vorsitzende bei dieser Besprechung, eine menschliche Kognitorin, die im Widerstand den Rang eines Admirals bekleidete und Leloa hieß, stand auf und wandte sich dem Neuankömmling zu. »Ich grüße Sie, General Lukas«, sagte sie und deutete auf den freien Sessel an ihrer Seite. An die Versammlung gerichtet fügte sie hinzu: »General Lukas kommt direkt vom Kastell.«
Diese Besprechung ist wichtig, dachte Diamant beeindruckt.
Der Segmenter nahm mit einem etwas lauteren Knistern Platz, und Stille breitete sich aus. Einige Sekunden lang war nur das leise Summen der pseudorealen Darstellung in der Mitte des Tischkreises zu hören.
Ein Mund bildete sich in Lukas’ Kopf. »Die Lage ist ernst«, sagte er mit einer Stimme, die fast normal klang. »Die Refugien sind nicht mehr sicher.«
Das Murmeln kehrte zurück, und Diamant spürte die plötzliche Sorge der Kognitoren und Planer.
»Wir haben Amyldema verloren«, fügte General Lukas hinzu. In seinem aus kleinen, schwarzen Kollektivelementen bestehenden Gesicht gab es nur den Mund, aber keine sichtbare Mimik. Und seine Stimme blieb neutral, ohne emotionale Untertöne.
»Wie konnte das geschehen?«, fragte ein Akuhaschi.
»Der Führungsstab des Widerstands im Kastell vermutet, dass es den Temporalen gelungen ist, mithilfe ihres Brutschiffs Akida eine neue Waffengeneration herzustellen, die ihnen größeres Einsatzpotenzial im Ozean der Zeit gibt.«
»Bessere Spürhunde?«, fragte jemand.
»Mehr als nur das. Die neuen Waffensysteme sind offenbar in der Lage, Refugien zu lokalisieren und gezielt auf die Zeitlinien einzuwirken, aus denen sie stammen.«
»Sie können den Bau der Refugien verhindern«, sagte ein Kognitor. »Dann haben diese nie existiert.«
»Schlimmer noch: Sie können gezielt manipuliert werden, was die Infiltration von Temporalen und ihrer Agenten ermöglicht.«
Die letzten Worte des Segmenters schufen eine geradezu gespenstische Stille im Versammlungssaal. Die Anwesenden wechselten stumme Blicke und schienen sich zu fragen, ob sie einander noch trauen konnten.
»Aber wenn wir nicht einmal mehr in den Refugien sicher sind …«, sagte jemand, ohne den Satz zu beenden.
Dann ist der Krieg tatsächlich verloren, flüsterte es in Diamant, und diesmal versuchte sie nicht, jene Stimme zu verdrängen.
»Das Kastell trifft Vorbereitungen für eine Evakuierung der übrigen hundertachtzehn Refugien«, fuhr der Segmenter fort und klang noch immer ungerührt. »Corrian wird dabei wichtige logistische Aufgaben übernehmen; die Planer haben bereits alle notwendigen Daten bekommen. Allerdings hoffen wir nach wie vor, dass es nicht so weit kommt. Unseren Kognitoren ist es gelungen, zwei Kausalitätspunkte zu lokalisieren, beide in einer grünen Realitätslinie gelegen, von denen die Manipulationen ausgegangen sind, die uns Amyldema gekostet haben – wir werden uns bemühen, sie rückgängig zu machen. Gleichzeitig wollen wir versuchen, von dort aus Informationen über die neuen Waffensysteme der Temporalen zu gewinnen und sie zu neutralisieren. Dieser Einsatz ist sehr wichtig. Und auch gefährlich, wie ich wohl nicht extra betonen muss.«
Viele der grünen Linien befanden sich vollständig unter der Kontrolle der Temporalen, und Kognitoren wurden dort sofort eliminiert. Diamant schauderte innerlich. Zwei der drei Esmeraldas hatte sie in grünen Zeitlinien verloren.
Sie beobachtete, wie sie die rechte Hand hob.
»Diamant?«, fragte Admiral Leloa.
Und sie hörte sich sagen: »Ich melde mich freiwillig für die grüne Mission.« Und sie dachte: Warum mache ich das? Es geschieht nicht zum ersten Mal!
Wieder wurde am runden Tisch gemurmelt, und Diamant fühlte Leloas Blick auf sich ruhen. Die Admiralin war etwa sechzig Standardjahre alt und trug eine graubraune, uniformartige Kombination. Das graue Haar bildete kaum mehr als einen Flaum auf ihrem Kopf. Leloa war keine Schönheit, und ihr normalerweise sehr streng wirkendes Gesicht ließ niemanden auf die Idee kommen, sie attraktiv zu finden. Man konnte sie für abweisend und sogar emotionslos halten, aber dieser Eindruck täuschte, wie Diamant sehr wohl wusste. Leloa zeichnete sich nicht nur durch eine überragende Intelligenz aus, sondern auch durch große
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