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Kantaki 03 - Der Zeitkrieg

Kantaki 03 - Der Zeitkrieg

Titel: Kantaki 03 - Der Zeitkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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Flügel und unterschiedliche Bestimmungen im Leben. Einige von uns wurden zu Vitalinnen, andere zu Erntern …« Dem Zirpen folgten einige knackende Laute, die der Linguator nicht übersetzte, da sie den drei kleineren Feyn galten. » … wieder andere zu Inventoren, Helfern, Technikern, Mathematikern, Philosophen und so weiter. Wir schufen die Filigrane, und das Fliegen wurde zu einem wichtigen Bestandteil unseres Lebens.«
    Das alles wusste Diamant, aber sie hörte geduldig zu, davon überzeugt, dass wichtige Informationen auf sie warteten.
    »Wir glaubten fest an die eherne Kausalität«, fuhr Xadelia fort und sah die Kantaki-Pilotin aus ihren großen, glänzenden Augen an. »Einige unserer Philosophen entwickelten die Fähigkeit, durch die Zeit zu sehen, in Vergangenheit und Zukunft, und noch mehr: Sie lernten zu sehen, was hätte sein können.«
    Was hätte sein können, wiederholte Diamant, und diese Worte schufen ein sonderbares mentales Echo in ihr. Sie selbst hatte einmal gesehen, was hätte sein können, beim Blick durch die Pluriallinse auf Munghar. Dabei hatte sie ein Mädchen und einen Jungen gesehen, Leonard und Francy, Kinder einer anderen Diamant, nein, einer Frau namens Lidia DiKastro, die mit einem Mann namens Rungard Avar Valdorian verheiratet war, nicht in dieser Welt und nicht in dieser Zeit, sondern in einem Paralleluniversum.
    »Sie bestätigten die Doktrin von der Ehernen Kausalität, denn sie sahen, dass selbst winzige Veränderungen in den ungeheuer komplex miteinander verzahnten Strukturen von Ursache und Wirkung enorme Konsequenzen nach sich ziehen konnten. Die ursprüngliche, eine, wahre Kausalität musste unbedingt geschützt werden, um allem Existierenden, Belebtem wie Unbelebtem, seine natürliche Entwicklung zu gestatten.« Xadelia lächelte so, als wolle sie um Verzeihung bitten. »Ich muss mich bei Ihnen entschuldigen, Diamant. Ich bin nur eine Vitalin. Ein Philosoph könnten Ihnen dies alles viel besser erklären.«
    »Sie sind nicht ›nur‹ eine Vitalin, Xadelia«, erwiderte Diamant sanft und fühlte, wie sich das emotionale Band zwischen ihnen verfestigte. »Sie sind die Vitalin, und Sie werden das Überleben Ihres Volkes gewährleisten.«
    Der Kummer kehrte zurück, und Diamant fragte sich, ob sie die richtigen Worte an Xadelia gerichtet hatte.
    »Eines Volkes, das letztendlich doch noch Opfer des Bruchs geworden ist«, sagte die Feyn traurig. Die Ernter streichelten sie. »Etwa fünfhundert Großgenerationen vor dem Aufblähen von Talaha gebar eine Vitalin besonders viele Philosophen, und was zunächst wie ein Anlass zur Freude aussah, erwies sich als Tragödie, denn unter jenen Philosophen befand sich auch Tyragon.«
    Diamant wartete, während Xadelia ihre Gedanken sammelte.
    »Tyragon war schon in jungen Jahren ein sehr unruhiger Geist und stellte alles infrage, auch die eherne Kausalität. Seine Lehrer gingen zunächst davon aus, dass es sich um eine individuelle Art von Dialektik handelte, dazu bestimmt, neue Erkenntnisse zu gewinnen, aber das war nicht der Fall. Tyragon behauptete, es gäbe keine eherne Kausalität, und die Zeitseher unter den Philosophen der Feyn hätten sich selbst Fesseln angelegt. Er schlug vor, sie sollten ihre Fähigkeiten nutzen, gezielt auf die Kausalität einzuwirken. Um die Welt, in der wir lebten, zu verbessern. Um unsere Vorstellungen von Ästhetik durchzusetzen. Um alles so zu gestalten, wie wir es wollten. Er hielt allein die Existenz der Zeitseher für einen Hinweis des Schicksals darauf, dass wir bestimmenden Einfluss auf unsere eigene Evolution und die aller anderen Dinge nehmen sollten. Lange Diskussionen fanden statt, und es gelang Tyragon, andere junge Philosophen und Mathematiker von seinen Ansichten zu überzeugen. Die Lehrer ließen ihn zunächst gewähren und hofften, dass die eigene Dialektik Tyragon schließlich von der Richtigkeit des Konzepts der Ehernen Kausalität überzeugen würde. Doch als er heranreifte, entwickelte er sich selbst zum Zeitseher, und schlimmer noch: Er konnte nicht nur die Kausalitätspunkte in der Zeit erkennen, sondern sich sogar im Zeitstrom bewegen.«
    Xadelia schwieg nach diesen Worten, drehte den Kopf und blickte durch die transparente Wand hinaus auf den Ozean der Zeit. Diamant fragte sich, was jetzt in ihr vorging.
    »Ich schätze, dadurch ergaben sich einige Probleme«, sagte sie nach einer Weile.
    Die Vitalin ahmte das menschliche Nicken nach, und ihr Blick kehrte zu Diamant zurück.
    »Es

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