Kantaki 04 - Feuervögel (Graken-Trilogie 1)
verborgen zu bleiben.«
»Ich glaube, da irren Sie sich, Ehrenwerte«, sagte Tako. »Ihre – unsere – einzige Hoffnung liegt in Dominik.«
»Wie können Sie so sicher sein?«
Ich weiß es , flüsterte es in Tako.
»Myra weiß es.« Myra?, fragte er lautlos, doch es herrschte wieder mentale Stille.
Tako blickte über das Geländer hinweg, das hauptsächlich aus Felsgestein bestand und an einigen Stellen mit Synthomasse verstärkt worden war. Seltsame Konturen offenbarten sich ihm in der Finsternis, massiv gewordenes Schwarz, das immerzu Struktur und Textur zu verändern schien. Einige Dutzend Meter weiter unten endete die Treppe vor einer ersten Höhle; Dominik hatte sie bereits betreten.
»Wir dachten, die Insurgentin Myra hätte vorschnell gehandelt, als sie sich mit einem falschen Traum auf den Weg nach Kabäa machte. Aber wenn stimmt, was Sie sagen, Lanze Karides, wenn es wirklich einen Plan gibt, der über ein ganzes Jahrtausend reicht …«
»Norene hat mehrmals betont, dass es keinen falschen Traum gibt«, entgegnete Tako. Er überlegte, ob er Katyma auf Norenes Tod hinweisen sollte, entschied sich aber dagegen. Es musste ihr schwer genug fallen, sich mit der Tatsache abzufinden, dass Dominik – gegen seinen Willen – Millennia verraten hatte. Vielleicht wäre es zu viel für sie gewesen, zu erfahren, dass er außerdem eine Großmeisterin umgebracht hatte.
»Norene ist eine große Verweigerin, ebenso wie Zara«, sagte Katyma. »Wenn es nach ihr ginge, bliebe das Meta den Tal-Telassi für immer verschlossen. Es hat viele, viele Jahre gedauert, bis eine von uns zur Großmeisterin wurde. Wir dachten …« Die Tal-Telassi sprach nicht weiter.
»Woraus besteht der Plan?«, fragte Tako.
»Ich weiß es nicht, Lanze Karides.«
Tako blieb erneut stehen, nur wenige Stufen vor dem Ende der Treppe und dem Höhleneingang. »Ich glaube, Sie sollten besser Schluss machen mit der Geheimniskrämerei, Ehrenwerte.«
»Ich weiß es wirklich nicht«, sagte Katyma. »Myra zählte zu den Insurgenten, und außerdem war sie sehr eigensinnig. Sie handelte aus eigener Initiative. Nicht einmal Teora 14 wusste, was sie vorhatte.« Die Tal-Telassi war ebenfalls stehen geblieben und sah Tako an. »Wenn ich mit ihr sprechen könnte … Erlauben Sie mir, in Ihr Bewusstsein einzudringen?«
Er zögerte kurz. »Ja. Versuchen Sie, einen Kontakt herzustellen. Aber mehr nicht«, fügte er hinzu.
»Die Maximen der Tal-Telassi …«
»In dieser Hinsicht habe ich schlechte Erfahrungen gemacht, Ehrenwerte.«
»Ja, ich erinnere mich«, sagte Katyma erstaunlich sanft. »Ich versichere Ihnen, dass ich Ihr Selbst respektiere.«
Sie sah ihn an, und Tako beobachtete, wie sich ihr Blick veränderte. Er versuchte, nicht an Dominik und Norene zu denken, als er spürte, wie ihn etwas in seinem Innern berührte, nicht weit von der Stelle entfernt, an der Myras mentale Stimme erklungen war. Das Bild vor seinen Augen verschwamm kurz, und für einen Sekundenbruchteil war sogar seine erweiterte Wahrnehmung gestört, als hätte sich etwas zwischen seine Sinne und die externe Welt geschoben.
»Sie ist tatsächlich in Ihnen«, sagte Katyma. »Aber sie reagiert nicht auf meine Kontaktversuche. Andere Dinge nehmen ihre Aufmerksamkeit in Anspruch.«
Tako erinnerte sich an etwas. »Sie sprach von der Zeit der Schande. Was bedeutet das?«
»Die Zeit der Schande«, wiederholte Katyma und schien dem Klang der Worte zu lauschen. »Ich kann Ihnen leider keine Auskunft geben, Lanze Karides. Nein«, fuhr sie fort, als Tako zu einer scharfen Antwort ansetzte, »es geht nicht darum, dass ich Ihnen irgendetwas vorenthalten möchte. Über gewisse Dinge wissen nur die Großmeisterinnen Bescheid.«
»Aber als Myra Großmeisterin wurde … Hat sie jene Geheimnisse nie mit Ihnen geteilt?«
»Weder mit mir noch mit Teora oder den anderen Insurgenten. Was auch immer sie in Erfahrung brachte: Es muss so wichtig gewesen sein, dass selbst sie Geheimhaltung für notwendig hielt. Obwohl sie mehr als alle anderen für drastische Reformen unseres Ordens eintrat.«
Katyma trat die letzten Stufen hinunter, und Tako folgte ihr in die Höhle.
Tako sah eine lange, breite Galerie, die sich zur rechten Seite hin öffnete: Dort erstreckte sich Dunkelheit, gefüllt von Schatten, die Substanz hatten und sich veränderten, sobald er den Blick auf sie richtete. Links ragte eine glatte Felswand fast zehn Meter weit in die Höhe. Dominik stand dort, im matten Licht von nuklear
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