Kantaki 04 - Feuervögel (Graken-Trilogie 1)
veranlasste, nach Millennia zu fliehen: Das Wissen darum verschwand in der Ersten Großen Lücke.«
Tako fühlte erneut den Blick der Meisterin. »Nur die Meisterinnen und Großmeisterinnen kennen diese Geschichte. Und jetzt auch Sie. Nicht einmal unsere Archive enthalten entsprechende Informationen.«
»Danke für Ihr Vertrauen«, sagte Tako und fragte sich, ob Katyma ihm traute oder Myra. »Gehe ich recht in der Annahme, dass Ihre Vorfahren nicht nur das Tal-Telas mitbrachten?« Er sah zur rechten Seite, in die Finsternis.
Katymas Kampfanzug knisterte leise, als sie zur Brüstung ging und beide Hände hob. »Sie irren sich nicht«, erwiderte die Meisterin.
Weit oben an der Decke der Höhle, die das Zömeterium enthielt, glühten größere Leuchtkörper. Einige von ihnen lösten sich vom Felsgestein und schwebten tiefer, getragen von Levitatorkissen. In ihrem Licht erschien ein schwarzer, asymmetrischer Gigant, zusammengesetzt aus zahlreichen unterschiedlich geformten Komponenten.
»Ein Kantaki-Schiff«, sagte Tako beeindruckt. Ganz gleich, in welchen Frequenzbereich er seine visuelle Wahrnehmung verschob: Es kam zu perspektivischen Verzerrungen, sobald er den Blick auf eine Komponente fixierte. »Ist es funktionstüchtig?«
»Es schläft.«
»Es schläft? Wie kann ein Raumschiff schlafen?« Tako stützte sich an der Brüstung ab und blickte in etwas, das einst, vor Jahrtausenden, eine Art Hangar gewesen sein mochte.
»Die Flüchtlinge brachten das Schiff damals ohne seinen Eigner und ohne die Besatzung hierher. Nach der Landung reagierte es nicht mehr auf Versuche, es zu starten.« Ein flüchtiges, emotionsloses Lächeln huschte über Katymas Lippen. »Das ist unsere heutige Interpretation. Es wäre durchaus denkbar, dass nach dem Tod der damaligen Piloten ihre Nachkommen nicht mehr in der Lage waren, mit den Bordsystemen des Kantaki-Schiffes umzugehen. Es existiert nur zu einem Teil in unserer Raum-Zeit. Der größte Teil davon befindet sich außerhalb des Zeitstroms in einer Hyperdimension. Um die in seinem Innern schlummernde Energie zu nutzen, sind die besonderen Fähigkeiten eines Kantaki-Piloten erforderlich. Niemand von uns Tal-Telassi weiß, worauf es dabei ankommt.«
Ein rhythmisches Pfeifen störte plötzlich die Stille des Zömeteriums. Tako richtete einen fragenden Blick auf Katyma.
»Die Graken haben unser Versteck entdeckt«, sagte sie und lief los.
28. Dominik: Rückkehr
28. Februar 1124 ÄdeF
Dem Pfeifen des Alarms folgte ein Rumpeln, dann ein dumpfes Grollen. Der Boden erzitterte, und es knirschte in der Felswand mit den vielen Särgen.
Dominik fühlte sich wie in einem Traum. Das aktuelle Geschehen um ihn herum schien weniger Bedeutung zu haben als die vielen Erinnerungen, die von einem anderen Leben erzählten, das Jahrtausende alt war und einer Person gehörte, die sich ihm während der vergangenen Tage und Stunden immer mehr geöffnet hatte – bis zu der Erkenntnis, dass er selbst und jene Person miteinander identisch waren. Der Name fehlte noch, der letzte Schritt, der endgültig zur neuen – beziehungsweise alten – Identität führte.
Ein Donnern kam von oben über die lange Treppe, hallte durch das Zömeterium und die Kaverne mit dem alten Kantaki-Schiff. Dominik erinnerte sich jetzt daran, als Kind an Bord des schwarzen Riesen gewesen zu sein, nicht als Junge, sondern als Mädchen, damals, als es noch keine Tal-Telassi gegeben hatte. Schon zu jener Zeit war die Gabe so stark gewesen, dass sie nicht nur die Fingerkuppen violett verfärbt hatte, sondern die ganzen Hände.
Dominik blickte darauf hinab, auf die violetten Hände eines jungen Mannes, nicht die einer Frau, die er so oft gewesen war. Wieder erzitterte der Boden unter seinen Füßen, aber jene Erschütterungen waren weitaus weniger wichtig als die in seinem Innern, als das Zittern, mit dem sich das wahre Ich nach langem Schlaf reckte und streckte.
Der Mann mit der Narbe eilte auf ihn zu. »Komm, Dominik!«, rief er. »Die Graken haben das Versteck der Tal-Telassi gefunden. Kronn greifen an. Wir müssen fort von hier.«
Dominik betrachtete die Muster in Gelmr – eins von ihnen wies deutlich auf den Angriff hin. Er fragte sich kurz, ob es besser gewesen wäre, Katyma und die anderen darauf hinzuweisen. Nein, vermutlich nicht. Die Aktion der Kronn war Teil einer Ereigniskette, die in die richtige Richtung führte, und Veränderungen in diesem kausalen Strang mochten zu Komplikationen führen. Dominik
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