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Kantaki 04 - Feuervögel (Graken-Trilogie 1)

Kantaki 04 - Feuervögel (Graken-Trilogie 1)

Titel: Kantaki 04 - Feuervögel (Graken-Trilogie 1) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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sind Tränen des Zorns, nicht der Trauer. Dieser Zorn ist es, der ihn in den vergangenen Jahren am Leben erhalten und ihm Kraft gegeben hat, ein Feuer, das ihn langsam von innen verbrennt und dem er sich willig hingibt, wenn er keine Bione trägt. Ein einzelner Bion wie jetzt kann nichts gegen diese Flammen ausrichten. Zorn auf die Graken, die alles zerstört haben, das ihm etwas bedeutet hat. Und Zorn auf sich selbst, weil er zu spät gekommen ist . Er hasst die Graken, er hasst sich, und jetzt hasst er Myra, weil sie ihn in diese Lage gebracht hat, weil er wegen ihr zu einem Kontaminierten wird und auf Kabäa sterben muss, ohne die Möglichkeit, weiter gegen die Graken zu kämpfen und ihre Brut zu vernichten, damit wenigstens einen kleinen Teil der Schuld zu sühnen, die er auf sich geladen hat.
    Dunkelheit senkt sich auf die Terrassenstadt herab, und Regen fällt aus finsteren Wolken. Die ersten Tropfen verdampfen auf heißem Stein; die nächsten bringen Nässe und Kühle. Aus dem gelegentlichen Klatschen wird schnell ein Prasseln, und Tako spürt, wie der Regen an ihm herabströmt. Er bildet eine Pfütze, in der sich das grauweiße Haar der toten Myra wie eine im Wasser gefangene Wolke ausdehnt. Tausende von Stimmen kreischen zwischen seinen Schläfen, als aus dem Regen Graupel wird, und aus dem Graupel Schnee. Das Prasseln hört auf, weicht Stille, aber diese Stille herrscht nur außerhalb von ihm, in seinem Innern dehnt sich das heulende Chaos immer mehr aus. Die Temperatur sinkt schnell. Kälte kommt aus der Wüste zur Stadt, die Kälte des Graken.
    Tako presst die Hände an die Schläfen, steht auf und taumelt, rutscht auf dem Eis, das eben noch Regen gewesen ist. Die Menschen stehen noch immer da, mit offenem Mund, jeder einzelne von ihnen schreit, nicht hier, nicht im fallenden Schnee, sondern hinter Takos Stirn, immer lauter werden ihre Schreie, es zerreißt ihn innerlich, er hält es nicht mehr aus …
    Und dann hört das Kreischen plötzlich auf.
    Langsam lässt Tako die Hände sinken. Die Menschen verschwinden, einer nach dem anderen, sie gehen nicht, sie verschwinden , und es dauert nicht lange, bis die Treppe, die nach oben und unten führt, leer ist. Und nicht nur die Treppe ist leer, die ganze Stadt, niemand hält sich in ihr auf, abgesehen von …
    Zwei Augen sehen ihn an, dunkel und jung, in einem glatten Gesicht. Die Augen eines Kindes.
    »Ich kann sie verschwinden lassen, wenn ich will.«
    Tako dreht sich um. Ein Junge ist hinter dem Baum – oder der Skulptur – hervorgetreten. »Die anderen«, sagt er. »Ich kann sie verschwinden lassen, wenn ich will. Dann stören sie nicht mehr. Manchmal kitzeln ihre Stimmen in meinem Kopf.«
    Der Junge scheint etwa acht zu sein. So alt wäre Manuel jetzt … Er streckt die Hand aus. »Ich mag diesen Ort nicht. Nimmst du mich mit?«
    (Zwei Männer versperren ihm die Sicht. Er sieht nur die Beine eines Kindes, halb verkohlt. »Komm, Tako.« Die Stimme eines Gefährten. »Nein, sieh nicht dorthin !« Aber er sieht dorthin und stellt fest, dass er sich getäuscht hat. Die Beine des Jungen sind nicht verbrannt, er ist gesund, und er steht jetzt auf und tritt an den beiden Männern vorbei. Er scheint ein wenig älter geworden zu sein, streckt ihm die Hand entgegen und sagt: »Ich bin froh, dass du rechtzeitig gekommen bist. Bitte bring mich fort.«)
    »Ja, ich bin rechtzeitig gekommen«, sagt Tako und nimmt die Hand des Jungen …
     
     
    Plötzlich war er wach, hatte die Augen offen und sah ein vertrautes Gesicht.
    »Endlich!«, entfuhr es Rinna. »Ich dachte schon …«
    »Wo ist der Junge?«
    »Du weißt von ihm?«
    »Wo ist er?« Tako wollte sich aufrichten, aber noch fehlte ihm die Kraft dazu.
    »Alle anderen sind tot«, sagte Rinna. »Er ist der letzte Überlebende hier unten.«
    Tako geduldete sich einige Minuten, um den Nanowurzeln des Kampfanzugs Gelegenheit zu geben, seine Kräfte zu erneuern. Es befand sich kein Visier vor seinen Augen, und es gab nur wenig Licht; Düsternis verhüllte den größten Teil der Umgebung.
    Er versuchte, seine Gedanken zu ordnen. »Was ist geschehen? Wo sind wir hier?«
    »Ich glaube, wir sind unter dem Graken. Kurz nach der Implosion der MKs, als sich mein Levitationsanker löste, bin ich in ein Loch gerutscht, das sich plötzlich im Boden bildete.« Rinnas Gesicht erschien erneut über Tako, und sie lächelte. Der besondere Glanz in ihren Augen wies darauf hin, dass ihre Gefühle nicht mehr neutralisiert waren. Schmutz

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