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Kantaki 04 - Feuervögel (Graken-Trilogie 1)

Kantaki 04 - Feuervögel (Graken-Trilogie 1)

Titel: Kantaki 04 - Feuervögel (Graken-Trilogie 1) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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Sie deutete auf einige leere Schachteln. »Ihre Vorräte gingen zur Neige, und dann verhungerten sie. Weil sie nicht zurückkonnten. Oder weil sie nicht den richtigen Weg fanden. Der Moloch …«
    Sie unterbrach sich, als ein Knirschen aus einem der vielen anderen Tunnel kam, die zur großen Höhle führten. Mithilfe des Visiers sah Tako einen schwarzen Dorn, wie das Segment eines Stachelschiffes der Kronn, der sich durch die Decke bohrte, kurz darauf den Boden erreichte und den Tunnel blockierte.
    »Die Wurzeln des Molochs bewegen sich«, sagte Rinna. »Hier geben sie Wege frei, und dort blockieren sie andere. Wie auch immer diese Leute hierher kamen: Sie konnten nicht mehr weg, und das bedeutete ihren Tod.«
    Hinter den Resten einer Mauer, die aus jahrtausendealter Stahlkeramik bestand, lag der Junge in einem improvisierten Bett aus alten Kleidungsstücken. Er hatte die Augen geschlossen, aber Tako wusste, dass sie braun waren, wie die von Manuel, fast so dunkel wie die Augen der greisen Tal-Telassi. Reglos lag er da, und ein oder zwei schreckliche Sekunden lang befürchtete Tako, dass er ebenfalls tot war, wie die anderen, gestorben vielleicht vor wenigen Minuten.
    Rinna musste etwas in seinem Gesicht bemerkt haben, denn sie sagte: »Nein, er ist nicht tot. Andernfalls würden wir die Grakenpräsenz spüren.«
    Ein Behälter mit Wasser stand neben dem Lager, und Tako bemerkte mehrere leere Nahrungspakete in der Nähe. Einige Meter entfernt lag eine halb verweste Leiche.
    »Der Gestank!«, ächzte Rinna. »Ich …«
    Sie wich in die Düsternis zurück, und Tako hörte, wie sie sich übergab.
    Die große Höhle, Kälte und Dunkelheit, die vielen Toten, die Wurzeln des Molochs in den Tunneln … Das alles verlor an Bedeutung. Takos Welt bekam einen neuen Mittelpunkt.
    »Manuel …«, hauchte er.
    Hinter ihm würgte Rinna, aber sie hatte ihn gehört. »Manuel ist tot, Tako. Sieh dir seine Fingerspitzen an.«
    Tako beugte sich vor und hob eine Decke, die aus mehreren zusammengenähten Kleidungsstücken bestand. Der Junge trug eine graue Hose und ein dünnes Hemd, die gleichen Sachen wie bei ihrer Begegnung an der Treppe der Terrassenstadt. Vorsichtig ergriff Tako eine schmale Hand …
    Die Fingerspitzen waren so violett wie die einer Großmeisterin der Tal-Telassi.
    »Er schläft nicht«, sagte Rinna und kam wieder näher. »Er befindet sich in einer Art Trance. Die ganze Zeit über hat er all diese Leute vor der Grakenpräsenz geschützt. Als der Proviant knapp wurde … Er bekam immer genug zu essen. Sieh ihn dir an. Er ist dünn und mager, ja, aber nicht abgezehrt. Er bekam genug zu essen. Und die anderen starben, einer nach dem anderen. Jetzt ist nur noch er übrig.« Rinna zögerte kurz. »Ohne ihn wären wir längst kontaminiert.«
    Tako sondierte ihn mithilfe der Sensoren des Kampfanzugs. »Er ist sehr schwach.« Er stand auf, von plötzlicher Entschlossenheit erfüllt. »Wir müssen ihn zur Talamo bringen. Diesmal bin ich noch rechtzeitig gekommen.«

 
5. Zur Akonda
       
    11. Februar 1114 ÄdeF
     
    »Warum ist es so ruhig?«, fragte Tako. »Als wir vor einigen Monaten die Brut auf Poseidon vernichtet haben, spielte der Graken regelrecht verrückt.«
    »Wir wissen nicht, wie es oben aussieht«, erwiderte Rinna. »Und außerdem ist inzwischen mehr als ein Tag vergangen.«
    »Auf Poseidon mussten wir eine ganze Woche in einer Notfallbasis warten, bis wieder Ruhe einkehrte und wir zum Schiff zurückkehren konnten.«
    Von Finsternis begleitet flogen sie durch ein endloses Labyrinth aus Tunneln, Höhlen und alten Grabungsstollen, geleitet von den Signalen mehrerer Erkundungsservi, die weit vor ihnen einen Weg nach oben suchten. Der Tod all jener Menschen in der Höhle wunderte Tako nicht mehr; zu Fuß hatte niemand von ihnen eine Möglichkeit gehabt, an die Oberfläche des Planeten zurückzukehren. Immer wieder stießen sie auf vertikale Schächte, die ohne Levitatoren ein unüberwindliches Hindernis darstellten. Hinzu kamen die metallenen Wurzeln des Molochs, die wuchsen und ihre Position veränderten, neue Tunnel schufen und andere blockierten. Tako trug den Jungen auf dem Rücken, in einem warmen Rucksack, den sie aus Myras Anzug angefertigt hatten. Die Energiepakete der Tal-Telassi waren leider durch das unbrauchbar geworden, was ihre Knochen zerschmettert hatte.
    In Hinsicht auf den Zustand des Jungen hatte Rinna von einer Trance gesprochen, aber die medizinischen Daten, die Tako durch eine externe

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