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Kantaki 04 - Feuervögel (Graken-Trilogie 1)

Kantaki 04 - Feuervögel (Graken-Trilogie 1)

Titel: Kantaki 04 - Feuervögel (Graken-Trilogie 1) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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klebte an den Wangen. »Vielleicht war es eine automatische Reaktion des Graken. Er konnte es nicht wahrnehmen, spürte aber die Präsenz von etwas und versuchte, es zu entfernen. Das könnte auch erklären, warum die Kronn kamen. Ich bin stundenlang hier unten umhergeirrt, bis mein Anzug deine Biotelemetrie empfing. Und dann dauerte es noch einmal mehrere Stunden, bis ich dich fand.«
    »Stunden?« Tako hatte nicht das Gefühl, dass so viel Zeit verstrichen war. »Was ist mit den Bionen?«
    »Abgestorben«, sagte Rinna. »Deiner auch. Die organischen Komponenten der Anzüge sind in Mitleidenschaft gezogen. Das dürfte einer der Gründe sein, warum du dich so langsam erholst.«
    »Aber …«
    »Ja, ich weiß. Wir sind noch immer in der Nähe des Epizentrums, aber die Grakenpräsenz erreicht uns nicht.«
    Rinnas Hand berührte Tako vorsichtig im Gesicht und wich dann sofort wieder zurück. Wie verlegen senkte sie kurz den Blick. »War es sehr schwer für dich?«
    »Ich … bin im Grakentraum gewesen.« Tako setzte sich auf und stellte fest, dass Myra 27 neben ihm lag. Ihre Leiche wirkte irgendwie sonderbar.
    »Ich habe sie sondiert«, sagte Rinna. »Irgendetwas hat ihr alle Knochen im Leib gebrochen. Zu jenem Zeitpunkt war sie bereits tot.«
    »Vielleicht hat sie es geschafft«, sagte Tako leise und erinnerte sich daran, sie die steile Treppe hochgetragen zu haben. »Vielleicht ist es ihr wirklich gelungen, den fatalen Traum zu transferieren. Möglicherweise erreicht uns die Grakenpräsenz deshalb nicht.«
    »Das bezweifle ich«, erwiderte Rinna. »Ich glaube, es gibt eine andere Erklärung.«
    Tako stand auf, und Rinna half ihm, zog ihn mit der einen Hand hoch. Mit der anderen löste sie etwas von seinem Kampfanzug. Die Biotelemetrie gab ihm Antwort auf die unausgesprochene Frage. »Du hast einen Teil deiner Energie in meinen Anzug übertragen. Das beeinträchtigt die Funktion deiner noch funktionstüchtigen organischen Komponenten.«
    Rinna lächelte schief. »Ich glaube, das war ich dir schuldig, oder?«
    Tako sah sich um. Sie befanden sich in einer kleinen Höhle, erhellt nur von einer Lampe, die neben einem Tunnelzugang stand – gelegentliches Flackern wies darauf hin, dass ihre Ladung allmählich zur Neige ging. Nicht weit von ihr entfernt, in einer kleinen Nische, lag etwas, das nach mehreren langen Bündeln aussah. Tako ließ ein Visier vor seinen Augen entstehen und sah Einzelheiten.
    »Leichen?«
    »Die dort drüben sind erst seit ein oder zwei Tagen tot«, sagte Rinna. »Es scheinen die Letzten gewesen zu sein. Die anderen starben vor Wochen. Ich habe dich hierher gebracht, weil der Gestank da drin ziemlich schlimm ist. Meine Filter funktionieren leider nicht mehr.«
    Tako näherte sich dem Tunnelzugang und bemerkte, dass die Wände der Höhle nicht nur aus Felsgestein bestanden, sondern auch aus dem schwarzen Metall des Molochs. Er strich mit der Hand darüber hinweg und spürte eine Kälte, die ihn an die letzten Momente auf der Treppe der Terrassenstadt erinnerte.
    »Ich glaube, wir sind hier bei den Wurzeln des Molochs«, sagte Rinna. »Wie seltsam, dass die letzten freien Menschen von Kabäa ausgerechnet hier überlebten, dort, wo der Moloch wächst. Und sieh dir das hier an, Tako.«
    Sie waren an den Leichen in der Nische und der Lampe vorbeigegangen. Im Tunnel blieben sie stehen, und Rinna deutete auf eine bestimmte Stelle der Wand. Das Visier zeigte Tako Sondierungsdaten.
    »Alte Stahlkeramik.«
    »Ich nehme an, dies sind die Fundamente der Stadt Tonkorra«, sagte Rinna. »Auf dem Weg durch die anderen Tunnel und Höhlen habe ich mehrmals Werkzeuge gefunden. Vermutlich haben hier archäologische Ausgrabungen stattgefunden, bevor der erste Graken kam, vor fünfzig Jahren.«
    »Wo ist der Junge?«, fragte Tako. Alles andere war für ihn zweitrangig.
    »Komm.«
    Der Tunnel führte in eine wesentlich größere Höhle, und Übelkeit stieg in Tako auf, als er Verwesungsgeruch wahrnahm. Aus dem Kragen des Kampfanzugs kam ein Gewebelappen, stülpte sich über sein Gesicht und schützte ihn vor dem Gestank.
    Schatten, die vielleicht wochen- oder monatelang geduldig am Rand der Höhle gewartet hatten, krochen nach vorn, als sich das Licht der wenigen Lampen trübte. Hier und dort lagen Tote, halb verwest. Es mussten mehrere Dutzend sein.
    »Wahrscheinlich sind sie verhungert«, sagte Rinna. Ihre Stimme klang gedämpft, und als Tako den Kopf drehte, sah er, dass sie einen Stofffetzen vor Mund und Nase hielt.

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