Kantaki 05 - Feuerstürme (Graken-Trilogie 2)
Augenblick zum anderen begriff Tubond, warum sich der Katalyter mit ihm in Verbindung gesetzt hatte: Er war der Grund.
Er fühlte sich plötzlich sehr verwundbar und bedauerte, kein primäres Selbst geschickt zu haben.
»Das Ultimatum gilt nicht mehr«, sagte Karon. Sein kristallener Körper glänzte im Licht Duras und der künstlichen Sonnen am Himmel.
»Was?«
»In wenigen Stunden greifen wir die ersten Welten Ihres Kernbereichs an«, fuhr der Chtai fort. »Und zwar jene Welten, die Ihre Macht am lautesten infrage stellen.«
Tubonds Gedanken wirbelten durcheinander. »Ich verstehe nicht …«
»Wir brauchen Ihre Hilfe«, sagte Karon, Katalyter des Graken Mrarmrir. »Wir bieten Ihnen ein Bündnis an …«
Interludium 11
30. März 1147 ÄdeF
Soren Horendahl eilte durch die »Bibliothek«, die für ihn die Archive von Millennia repräsentierte, vorbei an wie immer hilfsbereiten Avatars. Er achtete kaum auf sie und näherte sich dem Teil der schier endlosen Bibliothek, der ihm zuvor so fremdartig erschienen war. Der Chefwissenschaftler der AFW auf Millennia konnte es gar nicht abwarten, sein Studium der alten Unterlagen fortzusetzen. Allein Diamants Buch »Der Exodus der Kantaki – die Flucht nach Millennia« war von unermesslichem historischem Wert, aber in dem geheimen, vom Chronologen Tallbard geschützten Teil der Archive gab es noch viele andere Unterlagen, die nicht nur über den Exodus der Kantaki Auskunft gaben, sondern auch über die beiden Großen Lücken, in denen bei allen galaktischen Völkern Wissen verloren gegangen war. Horendahl hatte beschlossen, eigene Aufzeichnungen anzufertigen und sie Joras Ebanar vorzulegen – wenn der Militärgouverneur endlich Zeit für ihn erübrigte.
Schließlich fand er die leere Wand und trat durch die Tür, die sich ihm erst zeigte, als er auf zwei Meter heran war. In dem Raum dahinter erstreckten sich Regale mit Aufzeichnungen, die achttausend Jahre in die Vergangenheit reichten.
Sofort eilte ein dürrer Mann mit langem, wehendem grauem Haar auf ihn zu. »Na endlich!«, stieß Horatio Horas Tallbard hervor. »Sie haben sich viel Zeit gelassen.«
Horendahls letzter Besuch lag sieben Tage zurück. Die Arbeit der wissenschaftlichen Gruppen, für die er auf Millennia zuständig war, hatte bedauerlicherweise seine volle Aufmerksamkeit erfordert. Inzwischen empfand er jene anderen Dinge – die Untersuchungen der Graken-Moloche auf dem Planeten und der wenigen überlebenden Vitäen – als lästige Störungen. Hinzu kam: Es war zu Veränderungen auf Millennia gekommen. Horendahl und die anderen Wissenschaftler lebten normalerweise in einer eigenen kleinen Welt, die kaum betroffen war von den Dingen, die in der anderen, größeren Welt namens Millennia geschahen. Doch seit fünf Tagen wirkten sich die Ereignisse in jener größeren Welt immer mehr auf die Tätigkeit der wissenschaftlichen Gruppen aus. Ihr Kom-Verkehr unterlag Beschränkungen, und einige Forscher hatten von Unruhen in den Städten des Planeten berichtet. Horendahl kümmerte sich nicht um diese Dinge; sein Interesse galt vor allem dem geheimen Archiv. Als er Gelegenheit bekam, es erneut zu besuchen, machte er sofort Gebrauch davon.
Er musterte den einstigen Chronologen der Tal-Telassi erstaunt. Tallbard wirkte in dieser virtuellen und doch so real anmutenden Welt noch ausgezehrter als vor drei Tagen. Deutete das auf eine weitere Schwächung seines digitalisierten Selbst hin?
»Ich konnte nicht eher kommen, weil …«, begann Horendahl.
»Wir müssen so schnell wie möglich von hier fort. Haben Sie alles mitgebracht?«
Horendahl holte mehrere Speichermodule und einen Hochleistungsmnem hervor. Es war ein neues Modell, frisch gezüchtet, und er hatte sich mehrmals auf die Bestimmungen des Konkordats berufen müssen, um es zu bekommen.
Tallbard nickte hastig. »Ausgezeichnet. Beginnen wir sofort mit der Übertragung meiner Bewusstseinsmatrix.«
Horendahl wusste nicht, warum der Chronologe es so eilig hatte, aber eins stand für ihn fest: Er wollte auf keinen Fall ohne die an diesem Ort lagernden Aufzeichnungen gehen.
»Aber … nach dem Transfer Ihres Selbst sind Sie nicht mehr hier …« Horendahl vollführte eine Geste, die dem Raum galt. »… sondern hier, oder?« Er deutete auf den Mnem.
»Ja.« Tallbard streckte die Hand nach dem Mnem aus. »Verlieren wir nicht noch mehr Zeit.«
»Helfen Sie mir erst dabei, die hiesigen Dateien in die Speichermodule zu übertragen.«
» Alle?
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