Kantaki 05 - Feuerstürme (Graken-Trilogie 2)
sich fast so etwas wie Selbstgefälligkeit. »Als ich den AIV-Bericht erhielt, habe ich alles Notwendige veranlasst.«
Tubond richtete einen dankbaren Blick auf ihn. »Gute Arbeit, Patric. Von jetzt an sind Sie mein Hauptsekretär. Wo ist Gunter?«
»In der AIV-Basis am Stadtrand von Holdera.«
»Bringen Sie mich zu ihm«, sagte Tubond.
Tubond begriff, dass er wertvolle Zeit verlor, als er zurückgelehnt im Fond des Levitationswagens saß, der mit mehreren hundert Stundenkilometern über das üppige Grün des Großbiotops hinwegjagte, begleitet von einer militärischen Eskorte aus sieben Krallen, leichten Kampfschiffen für den planetaren Einsatz. Er blickte durchs transparente Dach nach oben zu den künstlichen Sonnen und fragte sich, was jenseits von ihnen geschah. Tubond war noch immer ohne Kontakt mit den Datenströmen der AFW und der Streifkräfte. Je länger er davon getrennt war, desto mehr graute es ihm davor, in das Chaos zurückzukehren, das seine ganze Aufmerksamkeit beanspruchte, für nichts anderes Platz ließ. Er hatte sich für das schlagende Herz der Allianzen Freier Welten gehalten, für ihr Zentrum, aber jetzt driftete er immer mehr an den Rand des Geschehens, wurde immer mehr zu einem Beobachter, dessen Einfluss auf die Ereignisse schwand. Die Müdigkeit lastete nicht mehr so auf ihm, aber sie durchdrang sein Bewusstsein und erschwerte konzentriertes Nachdenken. Tubond ertappte sich dabei, dass er sich zum ersten Mal seit vielen Jahren wünschte zu schlafen. Er schüttelte den Kopf. Welch eine absurde Vorstellung, sich erneut dem Lebensdieb hinzugeben, nachdem er ihn besiegt hatte.
Als sich der Leviwagen der AIV-Basis am Rand der Hauptstadt von Dura-Tora näherte, dachte Tubond an die Situation in den Allianzen und fragte sich, ob überhaupt noch irgendetwas zu retten war. Die Nachricht vom Ultimatum, inzwischen einige Stunden alt, würde auf den Welten des Kernbereichs zu einem Chaos führen, auf das er kaum mehr Einfluss ausüben konnte. Wer dazu imstande war, würde im Lauf der nächsten zwölf Tage fliehen, bevor die von den Graken gesetzte Frist ablief. Der Aufstand der Tal-Telassi, der hier und dort in den Allianzen auf Widerstand gestoßen war, bekam neuen Schwung, denn die Schwestern konnten den Hegemon als Lügner und sich selbst als Opfer darstellen. Zweifellos gingen sie ein Bündnis mit den Kräften ein, die sich der militärischen Kontrolle widersetzten. Und was vielleicht am schlimmsten war: Das Oberkommando und die Streitkräfte würden dem Hegemon, der ihnen ganz offensichtlich wichtige Informationen vorenthalten hatte, mit Misstrauen begegnen.
Tubond stöhnte leise. Der an den Kontrollen des landenden Leviwagens sitzende Patric hörte es und drehte den Kopf. »Geht es Ihnen nicht gut, Hegemon?«
Tubond winkte ab. »Bringen Sie mich zu Gunter«, sagte er nur und trat nach draußen, kaum dass die Tür aufgeschwungen war.
Hohe AIV-Beamte eilten ihnen entgegen. Sie hatten damit gerechnet, dass der Hegemon ein sekundäres oder vielleicht sogar primäres Selbst zu ihnen schickte: mit großer Überraschung nahmen sie zur Kenntnis, dass er in Fleisch und Blut gekommen war. Diensteifrig begleiteten sie ihn und Patric, erstatteten Berichte und fragten nach den Wünschen des illustren Besuchers. Tubond hörte ihre Stimmen, achtete aber nicht darauf, was sie sagten. Das Durcheinander in ihm nahm zu, ebenso wie dort draußen im All, und der Wunsch nach Ruhe, nach einem Ort, wo ihn nichts belastete, wurde immer stärker. Soldaten und AIV-Beamte begleiteten ihn durch lange Korridore in den Untergeschossen, vorbei an monotransparenten Türen mit Häftlingen. Schließlich blieb Patric vor einer Tür stehen, hinter der eine vertraute Gestalt auf einem einfachen Stuhl saß: der dürre, wie zerbrechlich wirkende Gunter. Ein Mann in einer lindgrünen Uniform stand an einem nahen Tisch und verhörte ihn.
»Öffnen Sie die Tür«, sagte Tubond. »Und lassen Sie mich mit ihm allein.«
»Hegemon …«, begann Patric.
Ein Beamter öffnete die Tür. Gunter hörte das Geräusch und drehte den Kopf. Sein Gesicht blieb ausdruckslos, als er den Hegemon sah. »Sie haben sich Zeit gelassen«, sagte er. »Ich hatte Sie eher erwartet.«
Tubond bedeutete dem Mann am Tisch, den Raum zu verlassen, wandte sich dann einem Soldaten zu und nahm ihm den Variator ab.
Patric trat an seine Seite. »Hegemon, ich bitte Sie …«
»Hinaus mit Ihnen«, sagte Tubond. »Und das gilt auch für die anderen. Ich
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