Kantaki 05 - Feuerstürme (Graken-Trilogie 2)
dass sie sich auf das Gefüge der Raum-Zeit auswirkte. Dominique fühlte, wie ein Teil von ihr erfasst und fortgetragen wurde, wie ihr Geist in Berm umherwanderte, ohne dass sie selbst die Richtung bestimmte. Sie glaubte, einen seltsamen Ton in der Ferne zu hören, eine auf die Länge eines Sekundenbruchteils komprimierte komplexe Melodie, und gleichzeitig spürte sie, dass noch ein anderer fremder Faktor existierte.
Nicht nur die Crotha waren ins Ormath-System gekommen.
»Ein Graken!«, stieß sie erschrocken hervor. »Es befindet sich ein Graken in diesem Sonnensystem.«
Rupert neigte den Kopf nach hinten und schrie mit geschlossenen Augen zu den Sternen empor.
Ein Teil seiner Kraft entlud sich, und Dominique handelte instinktiv, griff nach der sechsten Stufe des Tal-Telas, nach Fomion, und versuchte, sich mit einer Teleportation in Sicherheit zu bringen.
Aber der Sprung führte durch die von Ruperts Energie veränderte Raum-Zeit.
Flaches Land erstreckte sich um sie herum, gelb und braun wie eine Wüste, und ebenso leblos. Wohin Dominique auch blickte: Überall verschwand das Land mehrere Kilometer entfernt in grauem Dunst, der irgendwie kalt wirkte. Obwohl Temperaturen an diesem Ort offenbar keine Rolle spielten. Sie fühlte weder Wärme noch Kälte, nur eine sonderbare Taubheit, die sich langsam auf ihrer Haut ausbreitete und bestrebt zu sein schien, den ganzen Körper zu erfassen.
Als Dominique sich umdrehte und die Linie sah, wusste sie im gleichen Augenblick, wie sie entstanden war: vertikal und etwa zwei Meter lang, erst so weiß wie Schnee, dann so schwarz wie der Quader auf Millennia, der Ursprung des Tal-Telas. Die Linie, mitten in der Luft aus dem Nichts gekommen, war zu Boden gesunken und zu einem Riss geworden, der sich erweitert hatte, und in diesem Riss steckte eine Gestalt, klein, den Rücken gebeugt, mit großen Augen und langer spitzer Nase. Dominique erinnerte sich daran, diesen Fremden schon einmal gesehen zu haben, in einem Traum. Wenn sie ihn lange genug beobachtete, so wusste sie, konnte sie Bewegung erkennen. Für den zwergenhaften Humanoiden im Riss verging die Zeit viel, viel langsamer, aber sie verging, und irgendwann würde er den Riss verlassen. Und Dominique wusste auch: Wenn das geschah, sollte sie sich besser nicht mehr an diesem Ort befinden.
»Er heißt Olkin«, sagte Rupert.
Er saß einige Meter entfernt auf dem Boden, das Gesicht eine Fratze, der Mund zu einem Schrei geöffnet, der nur als dumpfes Hintergrundbrummen zu hören war. Trotzdem sprach er, und Dominique wusste, dass sie die Stimme eines anderen Rupert hörte. Die auf dem Boden sitzende Version war ebenso in langsamer Zeit gefangen wie der gnomartige Humanoide, der aus dem Riss zu kommen versuchte.
Sie wusste viele Dinge, obwohl sie gleichzeitig den Eindruck hatte, alles zum ersten Mal zu erleben. Nach der ersten Teleportation mit Rupert war sie ebenfalls mit einer verzerrten Realität konfrontiert gewesen, vielleicht mit nichtlinearer Zeit, wie vor Jahrtausenden die Kantaki-Piloten, doch dieser Ort bedeutete mehr, das spürte sie deutlich.
Manchmal, aus dem Augenwinkel, sah sie Augen am Himmel, aber sie verschwanden sofort, wenn sie den Blick darauf richtete.
»Meinst du ihn?« Dominique deutete auf den Gnom. »Woher kennst du seinen Namen?«
Täuschte sie sich, oder wurde das dumpfe Brummen des Schreis allmählich lauter?
»Ich glaube, ich … bin ihm schon einmal begegnet. Aber ich weiß nicht mehr, wo und wann.« Die Stimme klang drängender und erstaunlich klar. »Dieser Ort ist gefährlich, Dominique. Hier kann er uns erreichen.«
»Du klingst anders«, wunderte sich Dominique.
Rupert antwortete nicht.
»Hörst du mich?«, fragte sie und blickte dabei auf den anderen Rupert hinab, den langsamen und lautlos schreienden.
Alles blieb still, bis auf das kaum wahrnehmbare Brummen.
Dominique wandte sich der schwarzen Linie mit dem kleinen Humanoiden zu und stellte fest, das er noch etwas weiter aus dem Riss gekommen war. Die Gefahr wurde immer größer.
Sie trat zum starren Rupert, konzentrierte sich auf das Tal-Telas, dessen Kraft ihr auch an diesem Ort zugänglich war, öffnete ein Fenster zu Fomion …
Schmerz explodierte zwischen ihren Schläfen, und das dumpfe Brummen schwoll zu einem Schrei an. Rupert saß nicht mehr auf dem gelben und braunen Boden, er stand jetzt, und er schrie erneut, voller Zorn und Pein.
Hinter Dominique ertönte eine näselnde Stimme. »Spielst du das Spiel mit
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