Kantaki 06 - Feuerträume (Graken-Trilogie 3)
Überlichtsprung hinter uns gebracht, nicht wahr?«
»Ja. Die Technik habe ich Ihnen eben erklärt.«
Vielleicht hast du das tatsächlich , dachte Tamara. Selbst wenn der Pfiff wirklich hundert Millionen komprimierte Worte enthielt: Die Spezialistinnen auf Millennia würden sie nach der Entschlüsselung des Codes zu einer verständlichen Dokumentation aneinanderreihen. Vielleicht hatte Erasmus in dem Versuch, die Tal-Telassi zu beeindrucken, mehr preisgegeben, als ihm klar war.
Der kleine Transporter fiel dem Planeten entgegen und tauchte in eine Atmosphäre ein, die wie ein braunes Meer wirkte.
»Die Delegationen der Zäiden haben bereits mit ersten Beratungen begonnen«, sagte Erasmus. »Alle vierzehn Maschinenzivilisationen sind vertreten, und Sie werden ihnen bald Ihr Anliegen vortragen können. Mehr noch: Sie werden die Ehre haben, der Person zu begegnen, die unsere Existenz ermöglicht hat.«
Tamara sah Erasmus neugierig an.
»Zäus ist hier«, sagte die silberne Gestalt.
Sie befanden sich in einem Apartment, das bestimmt extra für sie geschaffen worden war und alles enthielt, was organische Wesen brauchten: ein Küche, deren Syntho-Maschine beliebige Speisen und Getränke produzieren konnte; eine kleine Bibliothek; ein Hygienebereich mit einer Bademulde, die den Bädern der Tal-Telassi auf Millennia nachempfunden war; einen in drei separate, schallisolierte Nischen unterteilten Ruheraum, den Zacharias für zwei Stunden aufgesucht hatte; und ein Zimmer mit neuralen Stimulatoren, von denen Hokonna seit Beginn ihrer Wartezeit vor fast sieben Stunden Gebrauch machte. Tamara fragte sich, welchen Datenströmen er sich aussetzte oder in welchen Welten er wandelte, schob diesen Gedanken dann aber beiseite.
Sie stand am großen Fenster und blickte hinaus in eine Düsternis, in der gelbe und braune Töne vorherrschten. Schwaden aus giftigen Gasen trieben umher, gespeist von riesigen Produktionsanlagen – hier schlug das industrielle Herz der Maschinenzivilisation, die sich die Bezeichnung »Tymionen« gegeben hatte. Besser gesagt: Hier schlug ein industrielles Herz von vielen. Die Tymionen hatten auch andere Planeten besiedelt, beziehungsweise für sich nutzbar gemacht, doch Tymion blieb ihr Zentrum. Das war jedenfalls der Kenntnisstand der Sektion 1. Tamara machte nicht den Fehler, diese Informationen für Fakten zu halten; sie sah darin nur vage Annäherungen an eine vielleicht viel größere und komplexere Realität.
»Es ist eine lebensfeindliche Welt«, sagte sie und beobachtete, wie gelbbraune Wolken über die Industrielandschaft hinwegzogen.
»Sie ist lebensfeindlich für uns, aber nicht für die Zäiden.« Zacharias stand auf und trat an ihre Seite.
Tamara spürte seinen Blick. »Sie zerstören die Umwelt.«
»›Zerstören‹ ist eine Wertung, Tamara«, sagte Zacharias überraschend sanft. »Sie können hier nicht unsere Maßstäbe anlegen. Die Zäiden produzieren Dinge, die sie brauchen, und der Produktionsvorgang verändert die ambientale Beschaffenheit eines Planeten, auf dem bisher kein biologisches Leben entstanden ist.«
»Das biologische Potenzial dieses Planeten ist zerstört.« Tamara beharrte darauf. »In dieser Hölle wird nie Leben entstehen.«
Zacharias musterte sie erneut von der Seite. »Wie seltsam. Sie sind eine viele Jahrhunderte alte Meisterin der Tal-Telassi. Um zu werden, was Sie sind, mussten Sie Ihre Gefühle überwinden. Und doch verwenden Sie in Bezug auf die Maschinenzivilisationen immer wieder von starker Emotionalität beprägte Begriffe.«
Tamara ließ einige Sekunden verstreichen. »Was wissen Sie über Zäus?«
»Nicht mehr als Sie, Tamara. Er war der Megatron der Zarathustra , eines Forschungsschiffs der Allianzen Freier Welten, das vor zweiundachtzig Jahren verschwand. Seine Basisniveaus sind von einem Chefdesigner namens Bartold programmiert worden, der ihm auch den Namen gab. Die leitende Wissenschaftlerin an Bord der Zarathustra war Professorin Marta Hovra. Von ihr und den anderen Forschern hat man nie wieder etwas gehört.«
»Das stimmt nicht ganz«, sagte Tamara. »Am 16. Juni 1251 ÄdeF, etwa vier Jahre nach dem Verschwinden der Zarathustra , hat die wissenschaftliche Außenstation Bellinger im Sondro-System eine Transnachricht von einer Person erhalten, die sich zumindest als Professorin Marta Hovra von der Zarathustra ausgab. Ihre Identität konnte nicht bestätigt werden.«
»Das ist … interessant«, sagte Zacharias langsam. »Sie sind gut
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