Kantaki 06 - Feuerträume (Graken-Trilogie 3)
Graken und ihren Vitäen kontrollierte Sonnensysteme – eine rote Flut, die den blauen Bereich umgab, aber seit zwei Jahren nicht mehr näher kam. Nektar übermittelte den mit ihm verbundenen Datenservi knappe verbale Anweisungen und veranlasste sie, ihm genau die Informationen zu übermitteln, die er brauchte. In einem Raumgebiet, das wie ein dreidimensionales Trapez aussah und sowohl das Dutzend als auch einige andere Sonnensysteme mit Verlorenen Welten umfasste, fand kein interstellarer Flugverkehr der Graken mehr statt. Der Bereich war nach dem Ausbringen des ersten Inhibitors schnell gewachsen, doch die neuesten Sensordaten deuteten darauf hin, dass er sich nicht weiter ausdehnte.
»Den Graken ist es gelungen, die multiple Reproduktion der Inhibitoren zu stoppen«, sagte Elyra 7 und trat an Nektars Seite. »Nach nur zwei Jahren.« Sie deutete auf die Darstellungen des Projektionsfelds. »Die Dimensionstunnel außerhalb des Trapezes sind nicht betroffen.«
»Die Frage lautet: Sind die Graken in der Lage, die von den Inhibitoren kontaminierten Tunnel irgendwann wieder zu nutzen?«
»Das wird die Zukunft zeigen«, antwortete die Tal-Telassi ruhig. »Nach den letzten Analysen ist das Dutzend derzeit sicher. Weitere Angriffe der Graken sind sehr unwahrscheinlich.«
Nektar nickte. »Sie müssten durch gewöhnliche Transferschneisen vorstoßen, und dort halten sich unsere Streitkräfte und die Schiffe bereit, die uns die Maschinenzivilisationen geschickt haben. Oder sie müssten neue Dimensionstunnel schaffen, völlig unabhängig von den alten, und das erfordert enorm viel Energie.« Er beobachtete noch immer die Darstellungen und wusste, dass er nicht alles in Echtzeit sah. Manche Daten waren extrapoliert oder wochenlang über Transferstationen unterwegs gewesen. Trotzdem: Er konnte davon ausgehen, ein ziemlich genaues Bild der Lage zu betrachten. »Wir haben Zeit gewonnen, Ehrenwerte. Was fangen wir damit an?«
Es war eher eine rhetorische Frage, aber Elyra 7 antwortete trotzdem. »Konsolidierung. Das Dutzend ist nur knapp dem ökonomischen Zusammenbruch entgangen. Wir brauchen Zeit, um die Wirtschaft unserer Welten zu stärken und die Ressourcen besser zu verwalten.«
Nektar deutete auf die roten Symbole. »Den dortigen Graken stehen nur die Transferschneisen zur Verfügung. Wir könnten versuchen, jene Systeme zurückzuerobern.«
»Wenn es dort Überlebende gibt, so sind sie alle kontaminiert. All die Welten, die sich selbst überlassen wurden, als die Flucht in den Kern begann … Es gibt keine Hoffnung für sie, Prior.«
»Konsolidierung …«, murmelte Nektar. In den vergangenen Jahren hatte er sich an diese Dialoge mit der Tal-Telassi gewöhnt. Sie halfen ihm dabei, seine Gedanken zu ordnen, Wichtiges von Unwichtigem zu trennen. »Und dann?«
»Überleben.«
»Ja. Überleben. Aber die Graken werden uns nicht auf Dauer in Ruhe lassen, Ehrenwerte. Wir dachten schon einmal, das Schlimmste überstanden zu haben. Dreiundzwanzig Jahre lang kam es zu keinen Kämpfen mit den Graken, von 1124 bis 1147 ÄdeF, und es gab schon Hoffnung auf ein Ende des Krieges. Doch dann kamen die ersten Feuerstürme – der Feind hatte eine neue Möglichkeit gefunden, in unsere Sonnensysteme einzudringen. Das wird auch diesmal geschehen. Es ist nur eine Frage der Zeit.«
Nektars Blick kehrte zu den Konstellationen im Projektionsfeld zurück. So viel Rot und so wenig Blau …
»Die Graken dürfen das Dutzend auf keinen Fall erreichen – es wäre unser Ende. Es gibt keinen Ort mehr, an den wir uns zurückziehen können.« Noch immer flüsterten die Datenstimmen durch das Interface, aber Nektar schenkte ihnen weniger Beachtung als zuvor. Er prüfte eine Idee, betrachtete sie von allen Seiten, während sie Gestalt gewann. »Diesmal müssen wir den Graken zuvorkommen«, sagte er schließlich. »Wir dürfen nicht warten, bis sie erneut zuschlagen.«
»Prior?«
»Irgendwo dort draußen haben sie bereits damit begonnen«, fuhr Nektar fort. »Mit einem Projekt, das ihnen den Sieg in einem Krieg bringen soll, der vor zwölf Jahrhunderten begann. Sie werden versuchen, auch das Dutzend zu erreichen, und das müssen wir verhindern.« Er nickte bekräftigend und sah die Tal-Telassi an. »Konsolidierung, ja. Aber auch Vorbereitung. Wir werden einen Teil unserer Ressourcen einsetzen, um nach … Golgatha zu suchen.«
»Golgatha?«
»Ein von der alten Erde stammender Begriff, der so viel bedeutet wie tiefster Schmerz oder tiefstes Leid.
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