Kantaki 06 - Feuerträume (Graken-Trilogie 3)
Arm, sanft und voller Mitgefühl. »Lassen Sie uns gehen.«
»Ich möchte sie sehen«, sagte Nektar. »Ein letztes Mal.«
»Davon rate ich Ihnen ab.« Serena seufzte leise und fügte hinzu: »Es ist nicht viel von ihr übrig geblieben. Kommen Sie.«
Der Schmerz kam Stunden später, in der Nacht. Nektar schrie ins Kissen, und Tränen des Zorns strömten über seine Wangen, als er mit den Fäusten an die Wände des Raums trommelte. Er schrie erneut, laut genug, damit ihn alle hörten, und als Serena kam und ihm ein Beruhigungsmittel anbot, schickte er sie wieder fort.
Wieder vergingen Stunden, und als die Sonne aufging, hatte Nektar Schmerz und Leid zu einem Paket verschnürt und beiseitegeräumt, wie so oft in seinem Leben. Er trat nach draußen, ins Licht eines neuen Tages, und hörte allein den Ruf der Zukunft.
Er dachte an Golgatha.
17. Realitätsmechanik
Heres
»Bist du sicher, dass wir hier richtig sind?«, fragte Dominique skeptisch und sah sich um. »Ich dachte, der Realitätsmechaniker genießt einen hohen Status. Warum wohnt er an einem solchen Ort?«
Sie befanden sich in Urhannas »Keller« – hier begann ein Labyrinth aus Wartungstunneln, Zugangsschächten und zahlreichen großen und kleinen Räumen, die irgendwann einmal einen Zweck für die Stadt erfüllt haben mochten, jetzt aber den Eindruck erweckten, in Vergessenheit geraten zu sein. In diesem Bereich kam noch etwas Tageslicht durch schmutzige transparente Deckensegmente, aber weiter unten erstreckte sich eine Welt der Finsternis bis in eine dunkle, heiße Tiefe von fast zwei Kilometern. Nur wenige Leute waren hier unterwegs, doch Tarweder hatte sich trotzdem in eine kleine Nische zurückgezogen, um mit seinem Sohn zu reden. Er hielt das Gerät in der Hand, das Dominique an einen Kom-Servo erinnert hatte, und es projizierte ein zweidimensionales Bild Davvons an die dunkle Wand.
Dominique trat etwas näher.
»Ich habe mehrmals betont, dass ihr nichts mit dem angeblichen Anschlag auf mein Leben zu tun habt«, ertönte Davvons piepsende Stimme. Emotionen huschten über sein Gesicht, auch Sorge. »Aber die Ressourcenmacher schenken meinen Hinweisen keine Beachtung.«
»Ich nehme an, der Dominante übt unmittelbaren Einfluss auf sie aus«, sagte Tarweder.
»Das glaube ich auch.«
»Es bedeutet, dass er die Phase verlassen hat und ganz ins Zweite Dominium gewechselt ist.«
»Solange Dominique das Netz trägt, kann er sie nicht mehr direkt lokalisieren«, sagte Davvon. »Aber er scheint entschlossen zu sein, sie zu finden. Ihr hättet dieses Dominium sofort verlassen sollen.«
»Achtung«, warnte Dominique leise. Sie trat noch dichter an Tarweder heran, als sich mehrere Gestalten durch den dunklen Flur näherten. Der Alte wölbte die andere Hand um den Kom-Servo, und das projizierte Bild verschwand von der Wand. Eine Minute später erschien es wieder, als die Gestalten in der Düsternis verschwunden waren.
»Sie hat darauf bestanden, Nevoth zu besuchen«, sagte Tarweder. »Wir sind in seiner Nähe. Hast du den Zugangscode?«
»Ja.« Davvon nannte ihn. »Ich habe ihm eine sichere Nachricht geschickt und euch angekündigt. Er weiß, dass ihr kommt, und er kennt die Wahrheit.«
»Gut.«
»Ich versuche, euch auf dem Laufenden zu halten.«
Tarweder hob die Hand zum Gruß, unterbrach die Verbindung und trat aus der Nische. »Komm, junge Dame.«
»Du hast meine Frage nicht beantwortet«, sagte Dominique, als sie wieder durch den Flur schritten, vorbei an leeren, halbdunklen Räumen. Aus den Augenwinkeln bemerkte Dominique huschende Bewegungen in der Düsternis, aber sie stammten nicht von Menschen, sondern von kleinen, rattenartigen Geschöpfen. Wovon sie hier unten lebten, war ihr ein Rätsel; bisher hatte sie nichts gesehen, das als Nahrung infrage kam.
»Deine Frage? Oh, ob wir hier richtig sind.«
»Ja.«
»Der Realitätsmechaniker genießt tatsächlich einen hohen Status, aber er steht gleichzeitig außerhalb der Hierarchien des Zweiten Dominiums. Er könnte weit oben im urbanen Kern wohnen. Die Entscheidung, das Reale hier zu erforschen, im Untergrund der Stadt, hat er ganz allein getroffen. Angeblich ist er den Wurzeln des Seins hier näher.«
Das Reale erforschen , dachte Dominique, auf einer Welt in der nichtlinearen Zeit …
Tarweder deutete auf die Öffnung eines Seitentunnels. Darüber hatte jemand mit grüner fluoreszierender Farbe Zeichen an die Wand gemalt. »Hier entlang.«
Dominique deutete auf
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