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Kantaki 06 - Feuerträume (Graken-Trilogie 3)

Kantaki 06 - Feuerträume (Graken-Trilogie 3)

Titel: Kantaki 06 - Feuerträume (Graken-Trilogie 3) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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Sie?«
    Tamara fand es seltsam, ein solches Gespräch in dieser Situation zu führen: an Bord eines Schiffes, das gar kein Raumschiff war, sondern eine überaus komplexe Künstliche Intelligenz, ein superadaptiver kybernetischer Organismus aus Myriaden von einzelnen Siliziumpartikeln, die sich zu jeder beliebigen Struktur konfigurieren konnten. Und dieses Schiff flog durch eine Dunkelwolke, die vielleicht das geheime Einsatzzentrum der Graken enthielt, eine Zentralwelt, nach der die Verteidiger des Dutzends seit vielen Jahren suchten.
    Um sie herum fanden erhebliche Veränderungen statt, und Zacharias schien sie ebenfalls zu spüren, denn er sah sich um und suchte nach Hinweisen.
    »Was geschieht?«, fragte Tamara und blickte kurz zu Jora, der noch immer wartete, die großen Augen jetzt halb geschlossen.
    »Meine eigenen Späher haben vielversprechende Signaturen von Kronn-Schiffen geortet«, erwiderte Erasmus. »Die Wahrscheinlichkeit dafür, dass sich ein wichtiges Versteck der Graken in der Nähe befindet, ist damit gestiegen. Ich verändere meine Struktur, um einer Entdeckung vorzubeugen.«
    »Können wir die Ereignisse beobachten?«
    Vor Tamara und Erasmus verwandelte sich ein Teil des Bodens in einen Projektor, und es entstand ein quasireales Projektionsfeld mit einer Mischung aus taktischen und graphischen Darstellungen. Die Tal-Telassi sah, wie ein schwammiges, diffuses Gebilde – Erasmus in seiner bisherigen Form – schrumpfte, sich dabei verdichtete und in die Länge wuchs. Aus der Wolke innerhalb einer Wolke wurde ein fast hundert Kilometer langer Pfeil mit besonderen Materialeigenschaften. Mikrowandler in der Außenhülle machten aus Reibungshitze verwertbare Energie, die ins Triebwerk geleitet wurde, einen Verbund aus dreißig Mikrokümmern, die kaum mehr etwas mit den Krümmern gemein hatten, die die Raumschiffe des Dutzends verwendeten; sie gaben fast keine Emissionen ab. Von einem dünnen Kranz dicht unterhalb der Pfeilspitze gingen viele tausend Kilometer lange fadenartige Gebilde aus, Sensorranken aus Mikropartikeln, die es Erasmus ermöglichten, selbst hier in der Dunkelwolke gut zu sehen und zu hören.
    Neben der gesichtslosen Gestalt klappte die Wand auf, und gleichzeitig strebten die anderen Wände aufeinander zu, als wollten sie Tamara und Zacharias zerquetschen. Offenbar hatte Jora genau darauf gewartet, denn er öffnete die großen Augen ganz, breitete dünne, ledrige Flügel aus und sprang durch die Öffnung in einen Schacht, der durch die ganze Länge des Pfeils führte. Im gleichen Augenblick fühlte Tamara, wie sie selbst in Bewegung geriet. Die Seiten des »Sessels«, in dem sie bisher gesessen hatte, wölbten sich empor und umschlossen sie, wurden zu einer Art Kokon. Sie warf noch einen letzten Blick in das QR-Feld und bedauerte, dass es keine technischen Spezifikationen enthielt, bevor der Kokon Jora in den Schacht folgte. Er glitt dicht an der Wand entlang, zusammen mit einem zweiten, der Zacharias enthielt, und Tamara stellte fest, dass der humanoide Avatar verschwunden war – Erasmus schien sich um wichtigere Dinge kümmern zu müssen.
    »Wohin bringen Sie uns?«, fragte sie.
    »In einen geschützten Raum«, ertönte eine Stimme aus dem Nichts. »Meine Helfer verfügen bereits über ein hohes Adaptationspotenzial, aber Sie und Impro Zacharias brauchen Schutz, und deshalb bin ich bei meiner Restrukturierung zu Kompromissen gezwungen.«
    »Ich bedauere, dass wir Ihnen zur Last fallen«, sagte Zacharias schnell und schien damit einer Bemerkung der Tal-Telassi zuvorkommen zu wollen.
    »Sie sind keine Last«, antwortete Erasmus. »Aber Ihre Präsenz erfordert besondere Maßnahmen. Ich möchte Sie lebend und unversehrt nach Hause bringen.«
    Tamara konzentrierte sich auf ihre Umgebung und versuchte, so viel wie möglich herauszufinden. Sie beschränkte sich nicht nur auf die gewöhnliche visuelle Wahrnehmung, sondern ließ ihre Gedanken in Berm wandern und öffnete einen anderen Teil ihres Selbst den höheren Stufen des Tal-Telas, um möglichst viele Hinweise zu bekommen. Sie empfing keine Gedanken in Delm, was sie als weiteren Beweis dafür sah, dass Geschöpfe wie Erasmus falsches Leben waren, aber sie wusste: In Hilmia und Iremia wäre sie in der Lage gewesen, die Gedanken der Künstlichen Intelligenz um sie herum zu berühren. Sie hatte es einmal versucht, kurz nach Beginn dieser Reise, und die Komplexität des fremden Denkens hatte sie erstaunt und verwirrt. Erasmus dachte so

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