Kantaki 06 - Feuerträume (Graken-Trilogie 3)
Köpfen der Überlebenden.
Zacharias war auf Kalaho geboren, als Kind einer befreiten Welt. Er hatte den Schrecken vor achtzig Jahren nicht miterlebt, kannte ihn aber von anderen Planeten, die den Graken und ihren Vitäen zum Opfer gefallen waren. Als Soldat und Offizier hatte er an zahlreichen Kämpfen teilgenommen, war dabei durch seine Erfolge aufgefallen und in den Streitkräften rasch aufgestiegen. Ihm war es nie darum gegangen, Siege um jeden Preis zu erringen. Sein Ziel hatte immer darin bestanden, Leben zu erhalten und Überleben zu ermöglichen. Diesen Prioritäten passte er Taktik und Strategie an. Und er war erfolgreich damit. Wie kaum ein anderer verstand er es fast intuitiv, Chancen zu erkennen und sie mit minimalem Einsatz von Ressourcen zu nutzen – eine wertvolle Fähigkeit in einer Zeit, in der es praktisch an allem mangelte.
Erste Lichter leuchteten in der Stadt, und es wurden schnell mehr. Der Toran verlor die Farbe von Blut und glänzte nun wie Silber. An vielen Stellen glühten bunte Lichter auf ihm, die von Booten und schwimmenden Plattformen stammten.
Kalaho. Eine der ältesten von Menschen besiedelten Welten. Wann genau die ersten Menschen hierhergekommen waren, wusste man nicht mehr, aber die Aufzeichnungen reichten über beide Große Lücken hinweg Tausende von Jahren in die Vergangenheit. Schon damals hatten sich die von der Erde kommenden Menschen diese Welt mit den Quinqu geteilt.
Zacharias drehte sich halb um und sah zu den Türmen der Quinqu, die wie hohe Felsnadeln aus dem üppigen Grün der Ebene aufragten. Sie bestanden aus organischen Materialien hart wie Granit, hatten eine breite Basis und verjüngten sich nach oben. Auch dort glühten Lichter, aber viele von ihnen waren in Bewegung, getragen von schmetterlingsartigen Quinqu, die das Innere der Türme verließen und zu den an Ankertauen befestigten Schlupftrauben flogen. Jede von ihnen bestand aus mehr als zwanzig roten Kokons, aus denen bald junge Quinqu schlüpfen würden. Zweimal im Jahr fand dieses Ereignis statt, und es war jedes Mal Anlass für multiethnische Feste überall auf Kalaho.
Die Dunkelheit kam schnell in dieser Äquatorialregion, und Zacharias hob den Blick zum Himmel. Ferne Sterne leuchteten, und zwischen ihnen bewegten sich andere Lichtpunkte: Raumschiffe der orbitalen Verteidigung, unter ihnen auch Zäiden – ohne ihre überlegene Waffentechnik wäre es dem Dutzend nicht gelungen, den Graken achtzig Jahre lange standzuhalten.
Zacharias stellte fest, dass es ihm schwerfiel, sich zu entspannen. Er hatte dem Konzil der Überlebenden ausführlich von der Erkundungsreise mit Tamara 14 und Erasmus berichtet, insbesondere von seinen Erlebnissen in der Dunkelwolke. Seit Tagen werteten die Analytiker die aufgezeichneten Daten aus, um festzustellen, ob das künstliche Gebilde aus einundzwanzig Sonnen im Zentrum der Dunkelwolke und die starke Graken-Präsenz tatsächlich bedeuteten, dass sie Golgatha gefunden hatten. Zacharias war sicher, dass das Konzil schon sehr bald wichtige Entscheidungen treffen würde – Entscheidungen, die maßgeblichen Einfluss auf die Zukunft des Dutzends haben würden. Deshalb kam er nicht zur Ruhe: Er spürte, dass sich bedeutende Dinge anbahnten, und instinktiv versuchte er, darauf vorbereitet zu sein.
Zacharias beobachtete das Lichtermeer der Stadt, als er ein subliminales Signal vom Kom-Servo an der bionischen Halsschlaufe empfing. Es kam vom Büro des Vorsitzenden und konnte nur eins bedeuten: Zumindest eine der wichtigen Entscheidungen war getroffen.
Er kehrte ins Gebäude zurück, schritt durch Flure und passierte tronische Sperren, ohne aufgehalten zu werden.
Der Kom-Servo diente auch als Identer und teilte allen aufmerksamen Augen und Ohren im Regierungszentrum mit, wer er war und wie es um seine Befugnisse stand. Ganz automatisch erwiderte er die Grüße der Personen, denen er in den Korridoren begegnete, während seine Gedanken der bevorstehenden Begegnung mit dem Vorsitzenden galten. Es dauerte nicht lange, bis er in den Bereich des Gebäudekomplexes gelangte, der den Mitgliedern des Konzils vorbehalten war.
Die Tür von Abnars Büro öffnete sich, als Zacharias bis auf zwei Meter herankam. Vier Personen erwarteten ihn im größten der funktionell eingerichteten Räume: Abnar, Taruf von Ksid und Vorsitzender des Konzils der Überlebenden; der stellvertretende Vorsitzende Benjamin Tolosa, ein von Kirian stammender Mensch; Impro Vantoga, Quinqu von Kalaho; und Impro
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