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Kantaki 06 - Feuerträume (Graken-Trilogie 3)

Kantaki 06 - Feuerträume (Graken-Trilogie 3)

Titel: Kantaki 06 - Feuerträume (Graken-Trilogie 3) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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lassen?«
    Dominique drehte den Kopf und sah zum Haus zurück. Das zweistöckige Gebäude brannte lichterloh, und Funken stoben empor, als wollten sie sich den ersten Sternen am dunkler werdenden Himmel hinzugesellen. Und vor der Tür, Kleidung und Haar in Flammen, stand die alte Loana, die Arme nach ihrer Tochter ausgestreckt.
    Dominique schüttelte den Kopf und spürte, wie ihr Tränen in die Augen quollen. »Du bist es nicht«, brachte sie hervor. »Du bist es nicht wirklich.«
    »Ich muss dir etwas sagen, Domi!«, rief die brennende Loana. »Es betrifft deinen Vater Dominik und die Welt namens Heres. Es ist wichtig!«
    Dominique stand auf und näherte sich dem brennenden Haus, aber schon nach wenigen Schritten wurde die Hitze unerträglich. »Kommt hierher zu mir!«, rief sie ihrer Mutter zu.
    Mit einem donnernden Krachen stürzte das Haus ein und begrub Loana unter sich. Noch mehr Funken stoben, und einige von ihnen trafen Dominique und trieben sie zurück. Als sie zum Ufer des Sees taumelte, verwandelten sich Entsetzen und Kummer in Zorn und Hass auf sich selbst. Wenn sie nur etwas mutiger und entschlossener gewesen wäre, hätte sie ihre Mutter vielleicht retten können! Sie sank erneut auf die Knie, schlug die Hände vors Gesicht und ließ den Tränen freien Lauf.
    Als sie die Hände wieder sinken ließ, sah sie im Wasser des Sees zwei Spiegelbilder. Eins gehörte ihr und das andere Tarweder.
    Ruckartig drehte sie den Kopf, doch sie war allein am Ufer. Hinter ihr brannten die Reste des Hauses, und der Funkenflug hatte einige Bäume in Brand gesetzt. Das Feuer breitete sich aus …
    Dominique blickte wieder ins Wasser. Der Tarweder, der sich ihr dort zeigte, wirkte sehr ernst, wie in jenem steinernen Treppenhaus, in dem sie vor den Flammen nach oben geflohen war. »Du musst mir helfen«, sagte er.
    »Wobei soll ich dir helfen?«, fragte sie und wischte die letzten Tränen fort. Wie dumm von mir , dachte sie. Loana ist nicht wirklich gestorben. Dies ist nicht die Realität.
    Bist du sicher? , erklang eine Stimme aus dem Nichts. Ja, es war eine Stimme, aber die erreichte sie nicht über die Ohren, und die Worte wurden auch nicht telepathisch übermittelt. Traum und Realität … , fuhr die Stimme fort. Wo ist der Unterschied?
    Dominique blickte ins Wasser. »Hast du das gehört, Tarweder?«
    Das ernste Gesicht des Alten befand sich direkt neben ihrem eigenen. »Du musst mir helfen, Dominique«, sagte Tarweder erneut, und eine kleine Welle, geschaffen von aufkommendem Wind, ließ ihn verschwinden.
    »Warum bist du nicht geblieben?«, hallte es durch die Nacht. »Warum bist du weggelaufen? Warum lässt du mich im Stich?«
    Dominique stand ruckartig auf, und als sie sich umdrehte, stand das Haus wieder, und Flammen fraßen es auf. Ein Teil des Daches stürzte ein, an einer anderen Stelle – diesmal wurde die alte Loana nicht darunter begraben. Sie stand vor dem Haupteingang, wieder beide Arme in Richtung ihrer Tochter ausgestreckt.
    Diesmal näherte sich Dominique nicht mit einigen zögernden Schritten, sondern lief los. Die Flammen schienen größer zu werden und ihr Donnern lauter, als sie dem brennenden Gebäude näher kam und schon nach wenigen Metern die Hitze bemerkte. Sie hielt nicht inne, lief weiter, obwohl die Hitze nach einigen weiteren Schritten unerträglich wurde und ihr bei jedem Atemzug die Lungen versengte. Blasen bildeten sich an ihren Händen. Kleidung und Haar zerfielen zu Asche. Und noch immer stand Loana da, die Arme ausgestreckt. Ihre Lippen bewegten sich, aber Dominique hörte keine Worte mehr. Das Tosen des Feuers übertönte alles.
    Dominique glaubte das Feuer einzuatmen und wusste, dass sie starb. Sie sah, wie ihre Mutter zu Boden sank und verkohlte, wie sich die Front des Gebäudes ihr entgegenneigte …
    Sie schloss die Augen und spürte, wie die Beine unter ihr nachgaben. Einige Sekunden verstrichen, ohne dass brennende Teile des Hauses herabstürzten und sie zerschmetterten. Das Donnern der Flammen wurde leiser und wich einer Stille, in der ihr die eigenen Gedanken laut erschienen.
    Nach einer Weile wagte Dominique wieder zu atmen, und in ihre Lungen strömte kühle Luft. Langsam öffnete sie die Augen.
    Von dem großen Gebäude war nur ein rußgeschwärztes Stahlkeramikgerippe übrig; an einigen Stellen war Synthomasse geschmolzen und dann zu seltsamen Formen erstarrt. Der Rest war Asche, grau und schwarz.
    Der Wald hinter dem Haus stand unberührt, stumm und dunkel. Nebelschwaden

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