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Kanzler, Krise, Kapital: Wie Politik funktioniert (German Edition)

Kanzler, Krise, Kapital: Wie Politik funktioniert (German Edition)

Titel: Kanzler, Krise, Kapital: Wie Politik funktioniert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marietta Slomka
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Eindruck hat, dass ihr Unrecht geschieht.
    Eine andere Variante, Streitigkeiten beizulegen, ist die Einrichtung gemeinsamer Arbeitsgruppen, Motto: »Wenn du nicht mehr weiter weißt, gründe einen Arbeitskreis.« Das ist in der Politik generell ein gutes Mittel, um Probleme zu vertagen. Aber es ist auch ein probates Mittel, schließlich muss häufig ein Konsens gefunden werden, und das geht nun mal nur über Verhandlungen und Gespräche. So erklärt sich, dass es so viele Kommissionen zu allen möglichen Themen gibt. Etwa die Bund-Länder-Enquete-Kommission zur Endlagersuche. Enquete kommt aus dem Französischen und heißt Befragung / Untersuchung . Wenn »Enquete« davor steht, geht es immer um besonders wichtige und grundsätzliche Themen, andere Kommissionen kommen ohne das Etikett » Enquete « aus. Wo der deutsche Atommüll endgelagert wird, soll in ferner Zukunft (voraussichtlich 2031) im Konsens entschieden werden, nachdem es gegen den bisherigen Standort im Salzstock von Gorleben seit dreißig Jahren massive Proteste (Stichwort Castor-Transporte), wissenschaftliche Bedenken und Parteienstreit gibt. Die Enquete-Kommission, in der neben den staatlichen Vertretern von Bund und Ländern auch externe Fachleute und Vertreter gesellschaftlicher Gruppen sitzen, soll Kriterien entwickeln, nach denen einen Standort ausgewählt werden kann. Sie kann nicht bestimmen, aber sie kann Empfehlungen aussprechen, und wenn alle Beteiligten bereits im Vorfeld mitgeredet haben, sind die Chancen höher, dass die Empfehlungen der Kommission in ein Gesetz aufgenommen werden, dem am Ende sowohl der Bundestag als auch die Länder im Bundesrat zustimmen.
    Die Pyramide der Macht
    Dass die Bundesrepublik Deutschland 1949 als föderalistisches Gemeinwesen gegründet wurde, hatte auch historische Gründe. Man wollte nach den Erfahrungen mit der nationalsozialistischen Diktatur sichergehen, dass nie wieder so viel Macht in einer Hand konzentriert sein kann. Viele Bundesländer mit eigenen Landesregierungen und Landtagswahlen schienen als ideale Struktur, um die demokratische Kontrolle innerhalb Deutschlands auf vielen Ebenen zu garantieren.
    Der Bundesrat (in dem die Landesregierungen vertreten sind) hat insofern auch eine Kontrollfunktion gegenüber dem Bundestag. Sie ist im Grundgesetz durch die sogenannten »Ewigkeitsklausel« vor einer Abschaffung geschützt. Deutschland bleibt also ewig föderal, damit müssen wir klarkommen, auch wenn die Nachteile des deutschen Föderalismus in letzter Zeit immer wieder heftig diskutiert werden.
    Kritisch gesehen wird vor allem, dass diese vielen Wahlen nicht nur nervig, sondern auch hemmend sein können, weil ständig Politiker im Wahlkampf sind und sich entsprechend verhalten – das hat man nicht vorausgesehen. Vielleicht, weil sich bei Gründung der Bundesrepublik die Menschen freuten, endlich wieder demokratisch wählen zu dürfen. Da konnte gar nicht genug gewählt werden! Doch angesichts der schnell wechselnden und hochkomplexen Herausforderungen global ausgerichteter Politik im 21. Jahrhundert stellt sich auch die Situation in Deutschland längst anders dar. Die Themen und Entwicklungen, denen sich Politiker stellen müssen, eignen sich oft nicht für Wahlkampfgetöse. Und Wahlkampf ist nun mal nicht die Zeit, in der die vernünftigsten Lösungen erarbeitet werden.
    Die Pyramide der Macht von unten nach oben sieht in Deutschland wie folgt aus:
Gemeinderat, Stadtrat und Kreistag werden meist alle fünf Jahre gewählt. Der Gemeinderat ist die unterste politische Ebene, über mehreren Gemeinde- und Stadträten steht der Kreistag. Auf diesen untersten Ebenen werden Fragen entschieden wie Straßenführung, Bauvorhaben, Förderung des Schulessens usw. Also um Fragen, die im Grunde nur die Menschen vor Ort betreffen.
Der Landtag wird zugleich mit den Mitgliedern des Kreistages gewählt, ist aber für die Entscheidungen zuständig, die das ganze Bundesland betreffen: Lehrpläne der Schulen, Straßenbau, Nahverkehr, Ladenöffnungszeiten. Zu den Landesregierungen gehören neben dem Ministerpräsidenten natürlich auch eine Menge Ministerien, die ähnlich benannt sind wie die Bundesministerien und meistens mit ihren »großen Brüdern« in Berlin eng zusammenarbeiten. In den Stadtstaaten (Berlin, Hamburg, Bremen) heißen die Landesparlamente nicht Landtag sondern Senat.
Der Bundestag wird alle vier Jahre von allen wahlberechtigten Bürgern Deutschlands gewählt, egal, in welchem Bundesland sie leben und

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