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Kanzler, Krise, Kapital: Wie Politik funktioniert (German Edition)

Kanzler, Krise, Kapital: Wie Politik funktioniert (German Edition)

Titel: Kanzler, Krise, Kapital: Wie Politik funktioniert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marietta Slomka
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welche Landesregierung dort gerade am Ruder ist. Wer im Bundestag sitzt, trägt den Titel »Mitglied des Bundestages« (abgekürzt: MdB). Die Politiker in Landtagen und Bundestagen werden als Parlamentarier oder Abgeordnete bezeichnet, weil sie von den Bürgern dorthin »abgeordnet« wurden, um die Wähler zu vertreten. Die meisten Abgeordneten im Bundestag haben ihren Wahlkreis und Wohnort weit weg von Berlin. Deshalb werden ihnen die Kosten für die Reisen und die Unterkunft in Berlin vom Staat erstattet.
    Die Hälfte der Mitglieder des Bundestages wird direkt gewählt (mit der Erststimme), die andere Hälfte je nach Gesamtwahlergebnis (der Zweitstimmen) aufgefüllt.
    Abgeordnete bekommen kein Gehalt, weil sie keinen Arbeitsvertrag haben, sondern eine »Diät« (vom lateinischen Wort dieta – Tagelohn ). Die ist allerdings nicht unbedingt mager, sondern beträgt im Moment gut 8000 Euro pro Monat. Dieses Entgelt soll sicherstellen, dass Abgeordnete unbestechlich bleiben, weil sie selbst genug Geld haben. Außerdem will man nicht nur Leute anziehen, die sonst eher schlecht bezahlte Jobs hätten. Da ist es wie in der freien Wirtschaft: Idealismus alleine hilft nicht, man muss schon auch Geld bieten, um qualifizierte Leute zu bekommen.
Reichstag heißt heute nur noch das Gebäude, in dem der Bundestag sich in Berlin versammelt. Der Begriff »Reichstag« fürs deutsche Parlament ist seit dem Dritten Reich belastet, daher beließ man es auch nach dem Umzug von Bonn nach Berlin lieber beim »Bundestag«.
Neben dem Bundestag steht der Bundesrat , die Vertretung derBundesländer beziehungsweise der Landesregierungen. Wer im Bundesrat sitzt, ist Mitglied einer Landesregierung: der jeweilige Ministerpräsident selbst oder Fachminister und Staatssekretäre. Der Bundesrat tagt seltener als der Bundesrat, nur alle drei bis vier Wochen, und dann immer freitags.
    Dabei gilt eine Besonderheit bei Abstimmungen: Abgeordnete im Bundestag sind ihrem Gewissen verpflichtet und sollen grundsätzlich versuchen, alle Bürger ihres Wahlkreises zu vertreten. Die Mitglieder des Bundesrats hingegen sollen eine Stimme abgeben im Sinne der Regierung ihres Bundeslandes, also »weisungsgebunden«. Dafür müssen sie sich gegebenenfalls vorher entsprechend einigen oder absprechen, wenn das Bundesland von einer Koalition regiert wird. Denn im Bundesrat müssen die Koalitionspartner »mit einer Stimme« sprechen, ob ihnen das passt oder nicht. Wenn sie sich partout nicht einig werden, muss der entsprechende Regierungsvertreter sich enthalten. Dass die Landesregierungen überhaupt ein eigenes Gremium in Berlin haben, liegt daran, dass es nicht nur Aufgaben gibt, die die Länder alleine erledigen, sondern auch solche, die Bund und Länder gemeinsam übernehmen. Solche Gemeinschaftsaufgaben sind zum Beispiel der Bau von Universitäten. Außerdem teilen sich Bund und Länder die Einnahmen bestimmter Steuern (zum Beispiel der Einkommensteuer). Deshalb haben die Länder in Berlin ein Mitspracherecht – und der Bund darf, umgekehrt, den Ländern reinreden. Wenn nicht nur der Bund, sondern auch die Länder von einem Gesetz betroffen sind, genügt es deshalb nicht, dass der Bundestag Ja sagt, auch die Ländervertreter im Bundesrat müssen zustimmen. Die meisten Gesetze beschließt der Bundestag, aber der Bundesrat hat viele Möglichkeiten, sie wieder abzuschießen oder zumindest zu verzögern. Denn 70 Prozent der im Bundestag beschlossenen Gesetze müssen auch durch den Bundesrat, um in Kraft treten zu können. Da meist alle paar Monate irgendwo Landtagswahlen stattfinden, verändern sich die Mehrheiten im Bundesrat häufig. Auch hier macht sich Kritik am Föderalismus fest: Bund und Länder würden sich zu oft gegenseitig behindern und lähmen. Außerdem sei es wahnsinnig teuer, dass so viele Sachen abgestimmt werden müssen und vieles doppelt und dreifach gemacht wird.
Wenn der Bundesrat (also die Mehrheit der Landesregierungen) eine andere Meinung vertritt als der Bundestag, kann das tatsächlich zu schweren Konflikten führen. Die Mehrheit im Bundestag entspricht ja der Regierungsmehrheit. Wenn zum Beispiel ein SPD -Kanzler regiert, dann hat die SPD auch die Mehrheit im Bundestag. Im Bundesrat kann das aber genau umgekehrt sein. Wenn mehr Bundesländer von CDU -Ministerpräsidenten regiert werden als von SPD -Ministerpräsidenten, dann hat die CDU die Mehrheit im Bundesrat. Und da ist die Versuchung natürlich sehr groß, dass die CDU den SPD

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