Kaperfahrt
Haien zum Fraß vorgeworfen. Das sind die beiden Dinge, an die ihr stets denken müsst.«
»Meine Männer werden Ihre Befehle befolgen«, sagte Kwan resignierend. »Wir tun alles, was Sie verlangen. Schließlich wollen wir unsere Familien wiedersehen.«
»Das ist sehr klug, Kapitän. Mit Ihrer Hilfe werde ich mit den Schiffseignern Verbindung aufnehmen und über Ihre Freilassung verhandeln.«
»Diese Bastarde hatten noch nicht einmal Geld für einen Eimer Farbe«, meinte ein Maschinist halblaut zu einem Mann an seinem Tisch. »Dann dürften sie erst recht nichts bezahlen, um unsere Haut zu retten.«
Zwei Piraten hatten in der Küche alles eingesammelt, was als Waffe hätte benutzt werden können. Sie erschienen mit einem Sack voller Gabeln, Steakmesser, Küchenmesser und Fleischbeile. Ein Pirat blieb in der Kantine, während der andere den Sack in den Korridor schleifte, um ihn höchstwahrscheinlich über Bord zu werfen.
»Diese Kerle wissen ganz genau, was sie tun«, sagte Duane flüsternd zum Funker des Schiffes. »Ich hätte mir ein Messer besorgt, falls ihre Wachsamkeit nachgelassen hätte.«
Maryweather hatte nicht bemerkt, dass einer der Piraten direkt hinter ihm stand. Die Kalaschnikow krachte heftig genug auf seinen Nacken, um sein Gesicht auf den Kunststofftisch knallen zu lassen. Als er sich aufrichtete, tropfte Blut aus einem Nasenloch.
»Mach noch einmal den Mund auf und du stirbst«, sagte Hakeem – und sein Tonfall ließ keinen Zweifel daran, dass dies die letzte Warnung war. »Ich sehe, dass die Kantine über eine Toilette verfügt, daher werdet ihr hierbleiben. Es gibt nur einen Ausgang aus diesem Raum, und der wird von außen versperrt und ständig bewacht.« Er wechselte ins Somali und sagte zu seinen Männern: »Sehen wir uns mal an, was sie als Fracht geladen haben.«
Im Gänsemarsch verließen sie die Kantine und sicherten die Tür mit stabilem Draht, den sie um die Klinke wickelten und an einem Handlauf auf der gegenüberliegenden Seite des Korridors befestigten. Hakeem kommandierte einen seiner Männer ab, sich vor der Tür zu postieren, während die anderen systematisch das Schiff durchsuchten.
Betrachtete man die großen äußeren Dimensionen des Schiffes, so waren die inneren Räumlichkeiten erstaunlich beengt und die Laderäume kleiner als erwartet. Die achtern gelegenen Laderäume hatte man so dicht mit Frachtcontainern gefüllt, dass sich nicht einmal der magerste Pirat an ihnen vorbeizwängen konnte. Also würden sie warten müssen, bis sie den Hafen erreichten, wo die Container entladen wurden, ehe sie in Erfahrung bringen konnten, was sich in ihnen befand. Was sie jedoch in den drei vorne gelegenen Laderäumen entdeckten, machte den Inhalt der Container so gut wie überflüssig. Inmitten von Kisten voller Maschinenteile, in Indien gebauter Automotoren und tischgroßer Stahlplatten fanden sie sechs Kleinlaster. Wenn sie mit Maschinengewehren ausgerüstet waren, fungierten diese Fahrzeuge als Kampfwagen und wurden vor allem in Afrika eingesetzt. Sie stießen auch auf einen weiteren, größeren Lastwagen, doch dieser sah so ramponiert aus, dass er wahrscheinlich nicht mehr zu bewegen war. Außerdem hatte das Schiff Paletten voller Weizensäcke geladen, die die Aufschrift einer weltweit operierenden Wohlfahrtsorganisation trugen. Doch der wertvollste Fund waren Hunderte Tonnen Ammoniumnitrat. Vorwiegend in der Landwirtschaft als leistungsfähiger Dünger eingesetzt, wurde aus dem Nitratgemisch, wenn es mit Dieseltreibstoff vermischt wurde, ein wirkungsvoller Sprengstoff. In dem Laderaum befand sich eine ausreichende Menge, um halb Mogadischu in Schutt und Asche zu legen, wenn es das war, was Mohammad Didi beabsichtigte.
Hakeem wusste, dass Didis Umzug in die Sümpfe nicht von Dauer war. Immer wieder sprach er davon, in die Hauptstadt zurückzukehren und mit den anderen Warlords kurzen Prozess zu machen. Diese enorme Menge an Sprengstoff verschaffte ihm gewiss einen entscheidenden Vorteil gegenüber seinen Widersachern. Hakeem war sicher, dass Didi in einem Monat oder weniger über ganz Somalia herrschen würde, und er war genauso sicher, dass seine Belohnung für die erfolgreiche Kaperung des Frachters größer sein würde als alles, was er sich vorstellen konnte.
Er wünschte sich jetzt, Aziz nicht so schnell losgeschickt zu haben, aber daran konnte er nun nichts mehr ändern. Ihr kleines Funkgerät empfing nichts, was weiter als zwei Meilen entfernt war, und das Fischerboot
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