Kaperfahrt
Auseinandersetzung beendet hatten. Aber offensichtlich war es nicht so weit gekommen.
Nach Henrys Darstellung war der Schlupfwinkel bestens ausgerüstet und verfügte über ausreichende Lebensmittelvorräte. Es gab dort sogar einen älteren Diener, der sich um die Befriedigung ihrer täglichen Bedürfnisse kümmerte. Alle paar Monate kam eine Kamelkarawane vorbei, um Lebensmittel gegen Teile des Plunders zu tauschen, die Al-Jama aufgehäuft hatte, wobei er ihnen allerdings das Versprechen abnahm, seinen Männern nicht zu verraten, dass er noch am Leben sei.«
»Plunder?«, fragte Alana.
»Henrys genaue Worte waren ›Berge von Gold‹«, erklärte Perlmutter. »Außerdem war man überzeugt, dass Al-Jama auch den Diamanten von Jerusalem besaß.«
Alana sah die Unterstaatssekretärin Valero fragend an. »Wollen Sie mich etwa auf eine Art Schatzsuche schicken?«
Christie nickte. »So könnte man es durchaus nennen, aber wir interessieren uns nicht so sehr für Gold oder irgendeinen mystischen Edelstein. Was wissen Sie über Fatwas?«
»Ist das nicht eine Art Rechtsgutachten oder Gebot für Muslime? Ich weiß von einer, in der seinerzeit der Tod Salman Rushdies gefordert wurde, weil er Die Satanischen Verse geschrieben hat.«
»Genau. Je nachdem, wer eine solche Fatwa herausgibt, hat sie in der muslimischen Welt eine große Bedeutung. Ayatollah Khomeini gab während des iranischen Kriegs eine gegen den Irak heraus. Darin erteilte er den dazu entschlossenen Soldaten die Erlaubnis, sich bei Selbstmordattentaten selbst in die Luft zu sprengen. Sie müssen sich klarmachen, dass der Selbstmord im Koran ausdrücklich verboten ist, aber Khomeinis Streitkräfte wurden von Saddams Truppen aufgerieben, und er befand sich in einer verzweifelten Lage. Seine Strategie war erfolgreich – vielleicht sogar zu erfolgreich, von unserem Standpunkt aus betrachtet. Die Iraner drängten die irakische Armee zurück und vereinbarten schließlich einen Waffenstillstand. Doch die Fatwa blieb bestehen und wird immer noch als Rechtfertigung von Selbstmordattentätern von Indonesien bis Israel benutzt. Wenn ein ähnlich angesehener muslimischer Geistlicher eine Gegen-Fatwa herausgäbe, dann würde die Zahl der Selbstmordattentate weltweit vielleicht merklich zurückgehen.« Alana fing an zu begreifen. »Suleiman Al-Jama?«
St. Julian lehnte sich vor, wobei das Leder der Couch leise knarrte. »Demzufolge, was Henry nach seiner Rückkehr in die Vereinigten Staaten Charles Stewart berichtete, hatte Al-Jama seine frühere Einstellung gegenüber Christen grundlegend geändert. Bis zu dem Zeitpunkt, als ihm Henry das Leben rettete, hatte er niemals persönlich mit einem Christen gesprochen. Henry las ihm aus der Bibel vor, die er bei sich trug, und Al-Jama fielen bei allen Unterschieden nun auch die Parallelen zwischen beiden Religionen auf. In den zwei Jahren vor seinem Tod in der geheimen Basis studierte er den Koran so intensiv wie nie zuvor und äußerte sich in umfangreichen Schriften darüber, dass das Christentum und der Islam durchaus friedlich nebeneinander koexistieren könnten. Ich glaube, dass er aus diesem Grund auch nicht wollte, dass seine Leute von seinem Überleben nach dem Angriff auf die Philadelphia erfuhren. Denn sie hätten dann sicherlich weitere Kaperfahrten unternehmen wollen, was er jedoch mittlerweile ablehnte.«
An dieser Stelle unterbrach ihn Christie Valero. »Wenn diese Dokumente noch vorhanden sind, könnten sie eine wirksame Waffe im Kampf gegen den Terrorismus sein. Sie würden vielen der besonders fanatischen Terroristen den Boden unter den Füßen wegziehen. Die Attentäter, die Al-Jamas Aufforderung, Christen zu töten, wo immer sie sie finden konnten, stets blindlings befolgt hatten, müssten um ihrer eigenen Ehre willen das, was der alte Pirat im Alter aufge schrieben hatte, zumindest in ihre Überlegungen einbeziehen.
Ich weiß nicht, ob Ihnen bekannt ist«, fuhr sie fort, »dass in zwei Monaten in Tripolis, also in Libyen, eine Friedenskonferenz stattfinden wird. Dies soll die umfangreichste und bedeutendste Versammlung dieser Art seit Menschengedenken werden – und zugleich unser verheißungsvollster Versuch, den Kampf der Religionen um Vorherrschaft ein für alle Mal zu beenden. Alle Beteiligten zeigen Bereitschaft – und die Ölstaaten sind gewillt, Milliardenbeträge an wirtschaftlicher Hilfe lockerzumachen. Ich würde es begrüßen, wenn die Außenministerin die Gelegenheit hätte, wenigstens in
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