Kaperfahrt
Auszügen zu lesen, was Al-Jama über eine mögliche Aussöhnung geschrieben hat. Ich denke, das würde sich zu unseren Gunsten auswirken.«
Alana verzog das Gesicht. »Also ich weiß nicht, wäre das nicht eher symbolischer Natur?«
»Ja, das wäre es schon«, antwortete St. Julian. »Aber in der Diplomatie wirkt vieles eher symbolisch. Die Parteien wünschen sich eine Aussöhnung. Dazu etwas von einem angesehenen Imam zu hören, der bisher immer Gewalt gepredigt hat und nun genau das Gegenteil befürwortet, wäre ein diplomatischer Coup und damit genau das, was den Friedensgesprächen wahrscheinlich zu ihrem ersehnten Erfolg verhelfen würde.«
Alana erinnerte sich, wie beflügelt sie nach dem Gespräch mit Valero und Perlmutter von der Vorstellung gewesen war, dabei mithelfen zu können, im Nahen Osten für stabilere Verhältnisse zu sorgen. Doch jetzt, nach einer wochenlangen Suche nach Al-Jamas geheimem Schlupfwinkel, fühlte sie sich nur noch müde, der ständigen Gluthitze überdrüssig – und schmutzig. Mühsam kam sie auf die Füße hoch. Ihre Pause war beendet.
»Kommt schon, Leute, machen wir weiter. Wir haben nur noch circa eine Stunde Zeit, ehe wir zu dem römischen Ruinenfeld zurückkehren und dem Chef der Grabung Bericht erstatten müssen.« Eine der Bedingungen, um an der Ausgrabungsexpedition teilnehmen zu dürfen, sah vor, dass Alana und ihr Team jeden Abend ins Lager zurückkehrten. Es war zwar eine lästige Routine, aber die tunesischen Behörden bestanden darauf, dass niemand eine Nacht allein in der Wüste verbrachte. »Schauen wir einfach dort nach, wo Greg meint, dass wir das Gesuchte finden könnten, denn von Geologie habe ich so gut wie keine Ahnung.«
5
Cabrillos Plan, Mohammad Didi zu fassen, war simpel. Sobald er und seine Begleitung den Decksaufbau betraten, würden sie von bewaffneten Trupps umzingelt werden. Allein der Überraschungseffekt sollte gewährleisten, dass die Gefangennahme glatt und ohne Zwischenfall erfolgte. Sobald sie ihn in ihrer Gewalt hätten, würden sie vom Kai ablegen und Kurs aufs offene Meer nehmen. Keins der Fischerboote hatte auch nur eine geringe Chance, den getarnten Frachter einzuholen – und Juan hatte keinerlei Anzeichen entdeckt, dass die Rebellen über einen Hubschrauber verfügten.
Er war so siegessicher, dass er sogar darauf verzichtete, sich persönlich an der Aktion zu beteiligen. Eddie Seng, der die Rolle Kapitän Kwans gespielt hatte, würde das Team anführen. Ebenso wie Cabrillo war er ein CIA-Veteran und eines der kampferprobtesten Mitglieder der Oregon -Crew. Als seine Rückendeckung fungierte, wie immer, Franklin Lincoln. Der athletische ehemalige SEAL hatte sich an Deck aufgehalten, als die Piraten an Bord gekommen waren. Sie hatten ihn irrtümlich für einen Afrikaner gehalten. Linc war in Detroit geboren und ungefähr der unerschütterlichste Mensch, den Cabrillo je kennen gelernt hatte.
Doch während Cabrillo das Geschehen auf dem Sichtschirm verfolgte, musste er miterleben, wie sich seine Pläne in Luft auflösten.
Die Kamera war hoch oben auf einem der Schiffskräne installiert und bot einen ungehinderten Blick auf den Kai. Kurz bevor Didi die Bordtreppe betrat, hielt er inne, sagte etwas zu seinen Begleitern und machte einen Schritt zur Seite. Dutzende von Somalis rannten unter wildem Geschrei die Stufen der Gangway hinauf.
»Chef!«, rief Mark Murphy, während sich die Bande auf dem Schiff verteilte.
»Ich sehe es.«
»Was wirst du tun?«, fragte Giuseppe Farina.
»Lass mir eine Sekunde Zeit.« Juan konnte den Blick nicht vom Monitorschirm lösen. Er drückte auf einen Mikrofonschalter, der in die Armlehne seines Sessels eingelassen war. »Eddie, bekommst du das alles mit?«
»Ich verfolge es hier unten auf einem Monitor. Sieht so aus, als sei Plan A gestorben. Was schlägst du vor?«
»Bleib in der Nähe des Geschehens, und lass dich nicht blicken, bis mir etwas eingefallen ist.«
Mohammad Didi begann endlich, die Gangway hinaufzusteigen, aber auf dem alten Schiff befanden sich nun bereits mindestens einhundert Eingeborene, und weitere folgten ihrem Anführer noch.
Juan dachte nach und verwarf seine Optionen. Die Oregon und ihre Mannschaft besaßen zwar genügend Feuerkraft, um jeden Somali zu töten, aber das war eine Möglichkeit, die er noch nicht einmal theoretisch in Erwägung zog. Die Corporation war eine Söldnerorganisation, eine profitorientierte Sicherheits- und Überwachungsfirma, aber es gab dennoch
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