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Kapitaen Bykow

Kapitaen Bykow

Titel: Kapitaen Bykow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Strugatzki
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Walnoga leise zum Direktor. »Sie können sich vorstellen, was für eine Suppe das ist. Aber die denken womöglich, ich koche ihnen Hühnerbouillon.« Er gab dem Servierwagen einen Schubs, setzte sich an den Tisch und blickte dem Wägelchen nach, das immer langsamer zwischen den Tischen dahinrollte. »Aber auf der Kallisto essen sie unter anderem Hühnersuppe.«
    »Wohl kaum«, erwiderte der Direktor zerstreut.
    »Wieso denn nicht?«, sagte Walnoga. »Ich hab ihnen einhundertsechzig Büchsen gegeben. Mehr als die Hälfte unserer Reserve.«
    »Und den Rest der Reserve? Haben wir den schon verzehrt?«
    »Natürlich.«
    »Also haben die Leute auf der Kallisto sie auch schon aufgegessen. Dort sind doppelt so viel Menschen wie hier«, sagte der Direktor kauend und dachte: Du schwindelst, Onkel Walnoga! Ich kenne dich gut, mein lieber Chefgastronom. An die zwanzig Büchsen hast du noch für Kranke und sonstige Zwecke versteckt.
    Walnoga seufzte. »Ist Ihr Tee nicht kalt geworden?«
    »Nein, danke.«
    »Die Chlorella setzt sich auf der Kallisto nicht durch«, sagte Walnoga und seufzte abermals. »Über Funk haben sie noch einmal zehn Kilo Gärstoff angefordert und mitgeteilt, dass sie ein Planetenschiff schicken.«
    »Tja, da müssen wir ihnen Gärstoff geben.«
    »Natürlich müssen wir das. Aber ich hab schließlich nicht hundert Tonnen Chlorella, und die muss ich auch wachsen lassen ... Jetzt hab’ ich Ihnen sicherlich den Appetit verdorben?«
    »Halb so schlimm«, sagte der Direktor. Er hatte überhaupt keinen Appetit.
    »Jetzt langt’s aber!«, sagte jemand.
    Der Direktor hob den Kopf und erblickte sogleich das verstörte Gesicht Soika Iwanowas. Neben ihr saß der Kernphysiker Koslow.
    Die beiden saßen immer zusammen.
    »Jetzt langt’s, hörst du?«, sagte Koslow böse.
    Soika senkte errötend den Kopf, peinlich berührt, weil alle sie ansahen.
    »Gestern hast du mir schon deinen Zwieback zugeschoben«, sagte Koslow. »Heute legst du mir deinen unglückseligen Zwieback schon wieder auf den Teller!«
    Soika schwieg. Sie weinte beinahe vor Verlegenheit.
    »Schrei sie nicht an, du Stiesel!«, rief der Atmosphärenphysiker Potapow laut vom anderen Ende des Speiseraumes. »Sojenka, warum fütterst du ihn, diesen Unmenschen? Gib lieber mir den Zwieback, ich esse ihn, ohne dich anzuschnauzen!«
    »Aber es ist doch wahr«, sagte Koslow, schon etwas ruhiger. »Ich bin gut bei Leibe, aber sie muss mehr essen als ich.«
    »Das stimmt nicht, Walja«, entgegnete Soika, ohne den Kopf zu heben.
    »Kann man noch Tee bekommen, Onkel Walnoga?«, fragte jemand.
    Walnoga erhob sich, und Potapow rief durch den ganzen Speiseraum: »He, Gregor, machen wir nach der Arbeit ein Spielchen?«
    »Einverstanden«, antwortete Gregor.
    »Du verlierst ja doch wieder, Wadimtschik«, sagte jemand.
    »Das Wahrscheinlichkeitsgesetz ist auf meiner Seite«, erklärte Potapow.
    Alle lachten.
    Ein Mann mit verdrossener Miene lugte in den Speiseraum. »Ist Potapow hier? Wadka, auf dem Jup ist Sturm!«
    »Also los!«, sagte Potapow und sprang auf. Rasch erhoben sich auch die anderen Atmosphärenphysiker. Das verdrossene Gesicht an der Tür verschwand und erschien noch einmal. »Bring meinen Zwieback mit, hörst du?«
    »Wenn Walnoga ihn herausrückt«, rief Potapow ihm nach.
    »Warum sollte ich ihn dir nicht geben?«, sagte Onkel Walnoga. »Stezenko, Konstantin – zweihundert Gramm Zwieback und fünfzig Gramm Schokolade.«
    Der Direktor wischte sich den Mund mit einer Papierserviette ab und stand auf, da fragte Koslow: »Genosse Direktor, was gibt es Neues über die Tachmasib ?«
    Alle verstummten und sahen den Direktor an. Junge, braungebrannte Gesichter, schon ein wenig abgemagert.
    Der Direktor antwortete: »Vorläufig nichts.«
    Langsam ging er zwischen den Tischen hindurch zur Tür und begab sich in sein Arbeitszimmer. Schlimm, dass ausgerechnet jetzt auf der Kallisto die »Konservenepidemie« ausgebrochen war. Richtigen Hunger gab es vorläufig noch nicht. Die Amalthea konnte sich die Chlorella und die Zwiebäcke noch mit der Kallisto teilen. Aber wenn Bykow nicht mit den Lebensmitteln käme ... Bykow war mit der Tachmasib in der Nähe gewesen. Man hatte ihn bereits angepeilt. Doch dann war er plötzlich verstummt, und nun schwieg er schon sechzig Stunden. Man wird die Rationen erneut kürzen müssen, dachte der Direktor. Hier muss man auf alles Mögliche gefasst sein, und bis zur Marsbasis ist es verflixt weit. Hier ist nichts unmöglich. Manchmal

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