Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kapitaen Bykow

Kapitaen Bykow

Titel: Kapitaen Bykow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Strugatzki
Vom Netzwerk:
los, Namensvetter, nehmen wir einen zur Brust«, sagte er.
    Grischa sah ihn erstaunt und voller Mitleid an. »Wozu, Onkel Grischa?«, sagte er bittend. »Was soll das? Es bringt doch nichts.«
    »Du meinst, es bringt nichts?«, wiederholte Dauge gedankenverloren.
    »Natürlich bringt es nichts. Ganz und gar nichts, wirklich.«
    »Du glaubst doch nicht etwa«, sagte Dauge gallig, »dass ich sauer bin, weil man mich zum alten Eisen geworfen hat. Als ob ich nicht sehr gut auch ohne diese geheimnisvollen Welten und Räume leben könnte! Entschuldige, mein Lieber, ich pfeife auf all diese Welten! Nur dass ich allein zurückgeblieben bin ... verstehst du ... allein! Zum ersten Mal in meinem Leben allein!«
    Grischa schaute sich verlegen im Raum um. Der dicke Ausländer sah zu ihnen herüber. Dauge sprach zwar leise, dennoch schien es Grischa, dass der ganze Saal ihm zuhörte.
    »Weshalb bin ich allein zurückgeblieben? Wozu, frag ich? Warum ausgerechnet ich ... Wieso muss ausgerechnet ich allein bleiben? Schließlich bin ich nicht der älteste von uns dreien. Michail ist älter als ich und dein Vater ebenfalls ...«
    »Für Onkel Mischa ist es auch der letzte Flug«, erinnerte Grischa schüchtern.
    »Stimmt«, bestätigte Dauge, »unser Mischa ist auch alt geworden ... Also los, trinken wir einen.«
    Sie betraten die Bar. Hier war es leer, lediglich eine gutaussehende Frau saß an einem Tischchen am Fenster. Sie hatte ein leeres Glas vor sich und schaute, das Kinn auf die ineinander verflochtenen Finger gestützt, durchs Fenster auf das Betonfeld des Flughafens.
    Dauge verharrte, schwer auf das ihm am nächsten stehende Tischchen gestützt. Er hatte die Frau an die zwanzig Jahre nicht mehr gesehen, doch sofort wiedererkannt. Seine Kehle war auf einmal trocken und bitter.
    »Was haben Sie denn, Onkel Grischa?«, fragte Bykow junior besorgt.
    Dauge richtete sich auf. »Das ist meine Frau«, sagte er ruhig, »gehen wir zu ihr.«
    Wieso denn seine Frau, dachte Grischa erschrocken und fragte: »Wäre es nicht besser, ich würde im Wagen auf Sie warten?«
    »Ach was, Unsinn«, erwiderte Dauge. »Komm jetzt.«
    Sie gingen zu dem Tischchen.
    »Guten Tag, Mascha«, sagte Dauge.
    Die Frau hob den Kopf, ihre Augen weiteten sich. Sie lehnte sich langsam auf ihrem Stuhl zurück, sagte: »Du bist ... nicht mitgeflogen?«
    »Nein.«
    »Fliegst du später?«
    »Nein, ich bleibe hier.«
    Sie musterte ihn weiterhin mit weit aufgerissenen Augen. Ihre Wimpern waren stark gefärbt, unter den Augen sah man ein Netz von Fältchen. Und viele Fältchen am Hals.
    »Was heißt das – du bleibst hier?«, fragte sie ungläubig.
    Er fasste die Stuhllehne, sagte: »Können wir uns zu dir setzen? Das ist Grischa Bykow. Bykows Sohn.«
    Sie schenkte Grischa jenes strahlende, verheißungsvolle Lächeln, das Dauge schon seit jeher an ihr kannte und hasste.
    »Sehr erfreut«, sagte sie. »Setzt euch, Jungs.«
    Grischa und Dauge nahmen Platz.
    »Ich heiße Maria Sergejewna«, sagte sie und musterte Bykow junior. »Ich bin die Schwester von Wladimir Sergejewitsch Jurkowski.«
    Grischa senkte den Blick und verbeugte sich leicht.
    »Ich kenne Ihren Vater«, fuhr sie fort. Das Lächeln auf ihrem Gesicht verschwand. »Ich verdanke ihm viel, Grigori ... Alexejewitsch.«
    Grischa schwieg; er war verlegen, denn er begriff nicht das Geringste. Dauge aber fragte mit gepresster Stimme: »Was möchtest du trinken, Mascha?«
    »Einen Dshejmo«, antwortete sie, nun erneut mit einem strahlenden Lächeln.
    »Ist das sehr stark?«, erkundigte sich Dauge. »Ach was, egal. Sei so gut, Grischa, und bring uns zwei Dshejmo.«
    Er betrachtete die Frau, ihre glatten gebräunten Arme, die entblößten Schultern, gleichfalls glatt und gebräunt, das leichte helle Kleid mit dem eine Spur zu tiefen Ausschnitt. Sie hatte sich erstaunlich gut gehalten für ihr Alter, und selbst ihre Zöpfe waren noch die von einst – genauso schwer und dick –, Zöpfe, wie sie schon längst niemand mehr trug, bronzefarben, ohne ein einziges graues Haar, als Kranz um den Kopf gelegt. Er lächelte verhalten, knöpfte langsam den dicken warmen Mantel auf, nahm den dicken warmen Helm mit den Ohrschützern ab. In ihrem Gesicht zuckte es, als sie seinen kahlen Schädel mit den spärlichen silbergrauen Haarstoppeln über den Ohren erblickte. Er lächelte erneut.
    »Da sind wir uns also wiederbegegnet«, sagte er. »Und du, weshalb bist du hier? Erwartest du jemanden?«
    »Nein«, murmelte sie, »ich erwarte

Weitere Kostenlose Bücher