Kapitaen Bykow
Jupiteruntergang, und Waretschka wird am Schwanz gezogen
Der Untergang des Jupiters ist auch sehr schön. Ganz allmählich erlischt der gelbgrüne Strahlenglanz der Exosphäre, und nacheinander leuchten die Sterne auf wie Diamantbroschen auf schwarzem Samt.
Der Direktor der J-Station sah jedoch weder die Sterne noch das gelbgrüne Leuchten über den nahen Felsen. Sein Blick war auf das Eisfeld des Raketenstartplatzes gerichtet. So langsam, dass es mit bloßem Auge kaum zu erkennen war, sank der gigantische Turm der Tachmasib auf das Eisfeld zu. Die Tachmasib , ein Photonenfrachter erster Klasse, war ein Raumschiff von gewaltigen Ausmaßen. Sie war so groß, dass man sie hier auf dem blaugrün schimmernden Start- und Landeplatz mit den runden schwarzen Einsprengseln mit nichts vergleichen konnte. Von der Spektrolitkuppel aus hätte man glauben können, die Tachmasib lande selbständig. In Wirklichkeit landete sie mit fremder Hilfe. Im Schatten der Felsen und am anderen Ende der Ebene zogen robuste Seilwinden sie an Trossen herunter, die bisweilen in den Strahlen der Sonne silbrig aufblitzten. Das Raumschiff wurde grell von der Sonne beschienen, und man konnte es deutlich erkennen, von der riesigen Schale des Reflektors bis zu der kugelförmigen Wohngondel.
Ein derart verstümmeltes Raumschiff war auf der Amalthea noch nie gelandet. Der Rand des Reflektors war halb aufgestülpt, und in die riesige Schale fiel ein tiefer, gezackter Schatten. Das zweihundert Meter lange Rohr des Photonenreaktors war fleckig und wie von eitrigem Krätzegrind zerfressen. Die Havarieraketen spreizten sich auf verbogenen Konsolen unschön nach allen Seiten, die Frachtabteilung hatte sich verzogen, und ein Sektor war zermalmt. Die ursprünglich ellipsoide Frachtabteilung ähnelte jetzt einer flachen, runden Konservendose, auf die einer mit einem Bleistiefel getreten ist. Ein Teil der Lebensmittel wird bestimmt verdorben sein, dachte der Direktor der Station und ärgerte sich, dass ihm ausgerechnet das jetzt einfiel. War das nicht ganz unwesentlich? Jedenfalls würde die Tachmasib vorläufig nicht wieder starten können.
»Die Hühnersuppe kommt uns ziemlich teuer zu stehen«, sagte Onkel Walnoga.
»Hühnersuppe«, brummelte der Direktor. »Lassen wir das, Walnoga. Denken Sie jetzt nicht darüber nach! Was kümmert uns jetzt Hühnersuppe?«
»Immerhin brauchen die Jungs ordentliche Verpflegung«, entgegnete Walnoga.
Das Raumschiff sank auf die Ebene und tauchte im Schatten unter. Jetzt sah man nur noch einen matten grünlichen Schimmer an den Titanbordwänden. Dann flammten Scheinwerfer auf, und man sah kleine, dunkle Gestalten hin und her laufen. Der zottige Buckel des Jupiters verschwand hinter den Felsen, und die Felsen, unversehens schwarz, schienen zu wachsen. Flüchtig leuchtete hier und da eine Felsenschlucht auf, und die Gitterkonstruktionen der Antennen wurden sichtbar.
In der Jackentasche des Direktors summte leise das Radiofon. Er zog das handliche glatte Gehäuse heraus und drückte auf den Empfangsknopf. »Ich höre.«
Kreuzfidel und ohne jeden Respekt sprudelte der diensthabende Dispatcher mit seiner hellen Stimme hervor: »Genosse Direktor, Kommandant Bykow ist mit seiner Besatzung und den Passagieren in der Station eingetroffen und erwartet Sie in Ihrem Zimmer!«
»Ich komme«, erwiderte der Direktor.
Gemeinsam mit Onkel Walnoga fuhr er mit dem Lift hinunter und begab sich in sein Arbeitszimmer. Die Tür stand weit offen. In dem Zimmer drängten sich viele Menschen, und alle redeten und lachten laut. Aus dem Stimmengewirr hörte der Direktor schon von Weitem den freudigen Ausruf heraus: »Wie ist das Lebben – gu-ud? Wie geht euch, Jungen, gu-ud?«
Der Direktor zögerte einzutreten, verharrte sekundenlang auf der Schwelle und sah sich unter den Ankömmlingen suchend um. Heiß wehte ihm Walnogas Atem in den Nacken, und er ahnte, dass der Alte übers ganze Gesicht strahlte. Sie erblickten Mollard – die Haare noch nass vom Baden, gestikulierte er wild und lachte dröhnend. Soika, Galina, Nadenka, Jane und Juriko, alle Mädchen der Amalthea, umringten ihn und stimmten in sein Gelächter ein. Schon immer hatte Mollard es verstanden, alle Mädchen um sich zu scharen. Dann erblickte der Direktor Jurkowski, richtiger gesagt, seinen Kopf, der alle überragte, und – auf seiner Schulter ein furchterregendes Ungeheuer. Die Bestie drehte die Schnauze hin und her und gähnte von Zeit zu Zeit schrecklich. Waretschka wurde am
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