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Kapitaen Bykow

Kapitaen Bykow

Titel: Kapitaen Bykow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Strugatzki
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tragen«, ließ sich jemand von der anderen Bordseite vernehmen.
    »Was verstehst denn du davon.«
    »Sie hat Ähnlichkeit mit meiner Frau. Nur dass ihre Haare kürzer und blonder sind.«
    »Möcht bloß mal wissen, warum sich Serjosha nicht an sie ranmacht! Der ist doch sonst so ein Draufgänger. Sieht ihm gar nicht ähnlich.«
    »Was für ein Serjosha?«
    »Na, Serjosha Bely, der Astronom.«
    »Wahrscheinlich ist er verheiratet.«
    »Ach wo.«
    »Alle mögen sie. Einfach als Kamerad. Sie ist einmalig patent und klug. Ich kenne sie schon von der Erde her.«
    »Na sieh mal an, deshalb hast du sie wohl nach Brühe laufen lassen.«
    »Was ist denn dabei?«
    »Das war nicht gerade fein von dir. Natascha hat die ganze Nacht gearbeitet und uns dann noch Frühstück gemacht. Du aber schreist plötzlich nach Brühe ...«
    »Pssst!«
    In der jäh eintretenden Stille sagte Rybkin leise: »Möchten Sie mal einen Blick auf einen Flugegel werfen, Jura? Da, sehen Sie!«
    Jura tauchte sofort hoch. Zunächst erblickte er nur die schwarzen, bizarren Umrisse der Ruinen. Doch dann bemerkte er eine lautlose Bewegung. Ein langer, geschmeidiger Schatten schlängelte sich über den Türmen empor und begann langsam hin und her zu schaukeln, wobei er den Blick auf die hellen Sterne manchmal verdeckte, manchmal freigab. Erneut knirschte der Drehkranz, und der Schatten verharrte reglos. Jura hielt den Atem an. Jetzt, dachte er, jetzt. Der Schatten krümmte sich – es war, als faltete er sich zusammen. Im gleichen Moment feuerte die Raketenwaffe.
    Ein langer, zischender Laut ertönte, Funken sprühten, eine kleine Feuerstraße nahm ihren Weg zur Hügelkuppe, etwas zerplatzte dumpf, flammte gleißend auf, dann herrschte wieder Stille. Von der Hügelkuppe rieselte Geröll.
    »Wer hat geschossen?«, dröhnte es durchs Megaphon.
    »Rybkin«, meldete sich Felix.
    »Hast du getroffen?«
    »Ja.«
    »Na dann, herzlichen Glückwunsch!«, hallte es durchs Megaphon.
    »Gib mir noch eine«, sagte Felix leise, und Jura reichte ihm hastig die nächste Granate.
    »Prächtiger Treffer«, sagte einer der Fährtensucher neidvoll, »hast ihn in zwei Hälften zerlegt.«
    »Tja, das ist was andres als ein Karabiner.«
    »Warum hat man nicht allen ein solches Geschütz gegeben?«, fragte Jura.
    »Jurkowski hat nur fünfundzwanzig mitgebracht«, erwiderte Rybkin.
    »Schade. Das ist eine gute Waffe.«
    Ostbords wurde plötzlich losgeballert. Jura wandte neugierig den Kopf hin und her, konnte jedoch nichts erkennen. Über den Ruinen zischte und zerplatzte eine Rakete, die von einem der anderen Panzer abgefeuert worden war. Rybkin schoss erneut.
    »Granate!«, verlangte er laut.
    Die Schießerei währte mit kurzen Unterbrechungen ungefähr zwanzig Minuten. Jura sah nichts. Er reichte Rybkin Granate um Granate und geriet ins Schwitzen. Sie schossen von beiden Seitenwänden aus. Felix bewegte unter scheußlichem Quietschen den Drehkranz mit dem Geschütz. Dann wurden die Sirenen eingeschaltet. Ein anhaltender, rabiater Heulton erschallte über der Wüste, von dem Jura augenblicklich die Zähne zu schmerzen und die Fersen zu jucken begannen. Nun wurde zwar nicht mehr geschossen, dennoch war eine Unterhaltung unmöglich.
    Es wurde rasch hell, und endlich konnte Jura die Fährtensucher erkennen. Sie saßen fast alle mit dem Rücken gegen die Bordwände gelehnt da, schauten düster drein und hatten die Kapuzen tief in die Stirn gezogen. Auf dem Boden standen offene Plastkisten, aus denen Fetzen bunten Zellophans sperrten; auch lagen unzählige Patronenhülsen und leere Ladestreifen herum. Vor Jura saß auf einem Kasten Shilin, den Karabiner zwischen den Knien. Auf seinen ungeschützten Wangen schimmerte silbriger Raureif. Jura stand auf und warf einen Blick auf die Alte Basis: graue, verwitterte Mauern, Dornengestrüpp, Steine. Der Praktikant war enttäuscht. Er hatte den Anblick vieler dampfender Kadaver erwartet. Erst als er genauer hinschaute, gewahrte er einen gelblichen borstigen Leib, der in einem Mauerspalt zwischen Stachelgesträuch steckte; auch glänzte auf einer der Kuppeln etwas nass und widerlich.
    Jura drehte sich um und blickte zur Wüste hinüber. Sie war grau unter dem dunkelvioletten Himmel, überdeckt vom grauen Wellengekräusel der Dünen, wirkte tot und öde. Doch hoch über dem gleichmäßigen Horizont entdeckte Jura einen leuchtenden gelben Streifen, fransig und zerrissen, der sich über den ganzen westlichen Himmelsteil erstreckte. Der Streifen wurde

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