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Kapitän Singleton

Kapitän Singleton

Titel: Kapitän Singleton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Defoe
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gehen und über Land zum großen Kairo reisen, eine etwa achtzig Meilen lange Strecke. Von dort, sagte er, könne er sich über Alexandria nach irgendeinem Teil der Welt einschiffen.
    Ich malte ihm aus, welches Risiko das bedeutete und wie unmöglich es tatsächlich war, an Mokka und Dschidda vorbeizugelangen, ohne daß man ihn bei einem gewaltsamen Versuch angriffe oder aber ausplünderte, wenn er sich eine Genehmigung dazu holte, und ich erklärte ihm die Gründe hierfür so ausführlich und so wirkungsvoll, daß schließlich, obgleich er selbst nicht darauf hören wollte, doch keiner seiner Leute bereit war, mit ihm zu gehen. Sie erklärten ihm, sie wollten ihm überallhin folgen, um ihm zu dienen, dies aber bedeute, ihn selbst und auch sie in das sichere Verderben zu treiben, ohne jede Möglichkeit, es zu umgehen, und ohne jede Wahrscheinlichkeit, daß sie Rechenschaft über sein Ende abgeben könnten. Der Kapitän faßte das, was ich zu ihm sagte, völlig falsch auf, tat, als nehme er es übel, und warf mir einige Seeräuberflüche an den Kopf. Ich entgegnete ihm darauf aber weiter nichts als nur, ich riete ihm einzig zu seinem Vorteil, und wenn er es nicht so auffasse, dann sei das seine Schuld und nicht meine; ich verböte ihm nicht fortzuziehen und hätte mich auch nicht bemüht, irgendwelche von den Leuten zu überreden, daß sie ihm nicht folgen sollten, wenn es auch ihr offensichtliches Verderben sei.
    Heiße Köpfe aber kühlen nicht so leicht ab. Der Kapitän war so aufgebracht, daß er unsere Gesellschaft mied und mit dem größten Teil seiner Mannschaft zu Kapitän Avery hinüberging, sich mit seinen Leuten von uns trennte und dabei den gesamten Schatz mitnahm, was, nebenbei gesagt, nicht sehr anständig von ihm war, denn wir hatten ja vereinbart, alle Gewinne miteinander zu teilen, ob es sich dabei um viel oder wenig handelte und ob wir zugegen oder abwesend waren.
    Unsere Leute murrten ein wenig darüber, aber ich beruhigte sie, so gut ich konnte, und erklärte ihnen, es werde uns leichtfallen, ebensoviel zu erwerben, wenn wir auf unsere Schläge achtgaben, und Kapitän Wilmot habe uns ein sehr gutes Beispiel geliefert, denn nach derselben Regel sei nun das Abkommen hinfällig, noch weiterhin irgendwelche Gewinne mit ihm und seinen Leuten zu teilen. Ich nahm die Gelegenheit wahr, ihnen einige meiner weiteren Pläne in den Kopf zu setzen, die darin bestanden, daß wir über die östlichen Meere schweifen und Umschau halten sollten, ob wir uns nicht ebensolche Reichtümer zu beschaffen vermochten wie Mr. Avery, der freilich eine riesige Summe Geldes erworben hatte, wenn sie auch nicht halb so groß war, wie man sich in Europa erzählte.
    Unsere Leute waren über meine energische, unternehmungslustige Stimmung so erfreut, daß sie mir versicherten, sie würden alle wie ein Mann um die ganze Welt mit mir kommen, wohin ich sie auch führte, und was Kapitän Wilmot betreffe, so wollten sie nichts mehr mit ihm zu tun haben. Das kam ihm zu Ohren und versetzte ihn in so großen Zorn, daß er drohte, wenn ich an Land käme, wolle er mir die Kehle durchschneiden.
    Ich erhielt insgeheim hierüber Nachricht, kümmerte mich aber überhaupt nicht darum; ich achtete nur darauf, nicht an Land zu gehen, ohne auf ihn vorbereitet zu sein, und bewegte mich fast immer nur in sehr guter Gesellschaft. Schließlich aber trafen Kapitän Wilmot und ich zusammen, und wir besprachen die Sache mit großem Ernst. Ich bot ihm die Schaluppe an, damit er segeln könne, wohin es ihm beliebte; sollte er damit nicht zufrieden sein, wollte ich die Schaluppe nehmen und ihm das große Schiff geben. Er lehnte jedoch beides ab und wünschte nur, ich solle ihm sechs Zimmerleute überlassen, von denen ich mehr auf unserem Schiff hatte, als ich brauchte, damit sie seinen Leuten bei der Fertigstellung der Schaluppe halfen, mit deren Bau die Mannschaft des gesche iterten Fahrzeugs vor unserer Ankunft begonnen hatte. Dem stimmte ich bereitwillig zu und lieh ihm noch einige weitere Leute, die ihm nützlich waren. In kurzer Zeit bauten sie eine starke Brigantine, die vierzehn Kanonen und zweihundert Mann zu tragen vermochte.
    Welche Maßnahmen sie trafen und wie Kapitän Avery später zurechtkam, ist eine allzu lange Geschichte, als daß ich mich hier darauf einließe, und das ist auch nicht meine Aufgabe, denn ich habe ja noch meine eigene Geschichte zu berichten.
    Bei diesen verschiedenen törichten Streitereien hatten wir fast fünf Monate dort

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