Kapitän Singleton
Kenntnis davon hatte, daß wir entweder durch die Straße von Malakka oder durch die Sundastraße kämen, und in beiden Fällen war es sehr leicht, uns daran zu hindern.
Während wir in der Kajüte darüber berieten, führten die Matrosen vor dem Mast die gleiche Diskussion, und ansche inend war dort die Mehrheit dafür, die bedauernswerten Holländer zu den Heringen zu befördern, mit einem Wort, sie waren dafür, daß wir alle ins Meer warfen. Der arme William, der Quäker, war deshalb in großer Sorge und kam unverzüglich zu mir, um mit mir darüber zu sprechen. „Hör mal“, sagte er, „was willst du mit diesen Holländern tun, die du an Bord hast? Du wirst sie wohl nicht freilassen, nehme ich an?“ fuhr er fort. „Wieso, William“, sagte ich, „würdet Ihr mir raten, sie freizulassen?“ – „Nein“, antwortete er, „ich kann nicht sagen, daß es für dich etwas taugte, wenn du sie freiließest, das heißt, wenn du sie ihre Fahrt nach Batavia fortsetzen ließest, denn es wäre dir nicht dienlich, wenn die Holländer in Batavia erführen, daß du dich in diesen Meeren aufhältst.“ – „Nun“, erwiderte ich, „dann weiß ich mir keinen anderen Rat als nur den, sie über Bord zu werfen. Ihr wißt doch, William“, setzte ich hinzu, „ein Holländer schwimmt wie ein Fisch, und alle unsere Leute sind der gleichen Meinung wie ich.“ Während ich dies sagte, beschloß ich freilich, daß das nicht geschehen solle, ich wollte jedoch hören, was William dazu sagen werde. Er antwortete voller Ernst. „Wenn auch alle auf dem Schiff dieser Meinung wären, so kann ich doch niemals glauben, daß du ebenfalls dieser Ansicht bist, denn in allen anderen Fällen habe ich dich gegen die Grausamkeit protestieren hören.“ – „Allerdings, William, das stimmt“, sagte ich, „aber was sollen wir sonst mit ihnen tun?“ – „Wieso“, erwiderte William, „gibt es denn keinen anderen Weg als den, sie zu ermorden? Ich bin davon überzeugt, daß dies nicht dein Ernst sein kann.“ – „Nein, freilich nicht, William“, sagte ich, „es ist nicht mein Ernst; nach Java sollen sie aber nicht fa hren und auch nicht nach Ceylon, das ist gewiß.“ – „Aber diese Leute haben dir doch nichts getan“, sagte William, „du hast ihnen einen großen Schatz weggenommen; weswegen solltest du ihnen denn etwas zuleide tun?“ – „Nein, William“, sagte ich, „davon sprecht nicht; ich kann ein treffendes Argument gegen sie vorbringen, wenn Ihr das möchtet. Mein Argument lautet: Ich muß verhindern, daß sie mir etwas zuleide tun, und das ist ein so unerläßlicher Grundsatz des Gesetzes der Selbsterhaltung wie nur irgendeiner, den Ihr anführen könnt. Die Hauptsache aber ist, daß ich nicht weiß, was ich mit ihnen anstellen soll, um sie am Schwatzen zu hindern.“
Während William und ich miteinander berieten, wurden die armen Holländer von der gesamten Schiffsmannschaft offen zum Tode verurteilt, wie man es nennen kann. Die Männer waren derartig darauf versessen, daß sie sehr laut wurden. Als sie hörten, daß William sich dagegen wandte, schworen einige von ihnen, die Leute sollten sterben, und wenn William dagegen sei, solle er mit ihnen ertrinken.
Da ich aber entschlossen war, ihrem grausamen Plan ein Ende zu bereiten, fand ich es an der Zeit, etwas dafür zu tun, sonst mochte ihre blutdürstige Stimmung allzu stark werden; so rief ich denn die Holländer zu mir herauf und unterhielt mich ein wenig mit ihnen. Zuerst fragte ich sie, ob sie bereit seien, mit uns zu fahren. Zwei von ihnen erboten sich bald dazu, die übrigen aber, es waren vierzehn, lehnten es ab. „Nun“, fragte ich, „wohin möchtet Ihr Euch dann also begeben?“ Sie wollten nach Ceylon. Ich erklärte ihnen, ich könne nicht zulassen, daß sie zu irgendeiner holländischen Faktorei führen, und sagte ihnen ganz offen die Gründe hierfür, deren Stichhaltigkeit sie nicht leugnen konnten. Ich ließ sie auch wissen, welche grausamen, blutdürstigen Maßnahmen unsere Leute beabsic htigten, daß ich jedoch beschlossen hätte, sie, wenn möglich, zu retten; deshalb wolle ich sie im Golf von Bengalen bei irgendeiner englischen Faktorei an Land setzen, so sagte ich zu ihnen, oder sie an Bord eines mir begegnenden englischen Schiffs bringen lassen, nachdem ich die Sundastraße oder die Straße von Malakka passiert hätte – jedoch nicht vorher, denn was meine Rückfahrt betreffe, so erklärte ich ihnen, wolle ich es auf mich nehmen, mich an
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