Kapitän Singleton
keins, was also werdet ihr erha lten? Es sind arme nackte Wichte. Was gewinnt ihr dabei? Andererseits aber“, sagte William, „riskiert ihr, mindestens zehn Mann aus eurem Trupp zu verlieren, das werdet ihr sogar sehr wahrscheinlich tun. Bitte, welcher Gewinn liegt darin? Und wie könnt ihr dem Kapitän Reche nschaft für seine verlorenen Leute geben?“ Kurz, William argumentierte so wirksam, daß er sie davon überzeugte, es sei der reine Mord, den Plan auszuführen; die Männer hätten ein Anrecht auf ihre Frauen und sie kein Recht, sie ihnen wegzunehmen; es hieße unschuldige Menschen umbringen, die nur das getan hatten, was ihnen das Gesetz der Natur vorschrieb, und das sei ebenso Mord, als lauerten sie einem Mann auf der Landstraße auf und töteten ihn kaltblütig nur zum Vergnügen, gleichgültig, ob er uns etwas Schlechtes angetan hatte oder nicht.
Diesen Argumenten beugten sie sich schließlich und gaben sich damit zufrieden, die Anker zu lichten und die Leute so zu verlassen, wie sie sie gefunden hatten. Bei ihrem ersten Scharmützel hatten sie sechzig bis siebzig Mann getötet und noch viel mehr verwundet; aber sie waren arm, und unsere Leute gewannen dabei nichts als nur, daß einer ihrer Kameraden sein Leben verlor und sechzehn weitere verwundet wurden.
Ein anderer Zwischenfall aber machte es notwendig, uns weiter mit diesem Volk zu befassen, und hätte tatsächlich fast dazu geführt, daß wir unserem Leben und unseren Abenteuern bei ihnen ein plötzliches Ende bereiteten, denn etwa drei Tage nachdem wir von dem Ort, wo wir das Scharmützel gehabt hatten, fortgesegelt waren, überfiel uns ein heftiger Sturm aus Süden oder vielmehr ein Orkan aus sämtlichen Bereichen des südlichen Himmels, denn er tobte wütend und gnadenlos aus Südost bis Südwest, zuerst aus einer Richtung, dann sprang er um und stürmte mit der gleichen Heftigkeit aus einer anderen. Infolgedessen waren wir nicht in der Lage, das Schiff zu meistern, so daß auf dem Fahrzeug, auf dem ich fuhr, drei Marssegel rissen und schließlich die Großmarsstenge über Bord ging; mit einem Wort, wir wurden ein- oder zweimal bis zur Küste getrieben, und wenn das eine Mal der Wind nicht genau im letzten Augenblick umgesprungen wäre, dann wäre unser Fahrzeug auf einem großen Felsenriff, das ungefähr eine halbe Seemeile weit vom Ufer entfernt lag, in tausend Stücke zerschellt. Aber, wie gesagt, der Wind sprang sehr häufig um, und in diesem Moment drehte er nach Ostsüdost; wir lavierten seewärts und gewannen innerhalb einer halben Stunde über eine Meile mehr Seeraum. Danach wehte er aus Südwest zu Süd, dann aus Südwest zu West und trieb uns von dem Riff zurück wieder weit nach Osten; wir gelangten an eine breite Öffnung zwischen den Felsen und dem Land und bemühten uns, dort vor Anker zu gehen. Wir fanden jedoch keinen geeigneten Ankergrund und stellten fest, daß er uns die Anker kosten würde, denn er bestand nur aus Felsen. Wir liefen durch die Öffnung, die etwa vier Seemeilen breit war. Der Sturm dauerte an, und jetzt fanden wir eine scheußlich unreine Küste und wußten nic ht, welchen Kurs wir steuern sollten. Wir hielten scharf Ausschau nach einem Fluß, einem Schlupfhafen oder einem Golf, wo wir einlaufen könnten, um vor Anker zu gehen, fanden jedoch lange nichts. Endlich sichteten wir eine große Landzunge, die sich weit na ch Süden hin ins Meer erstreckte, und zwar so weit, daß wir, kurz gesagt, folgendes deutlich erkannten: Wenn der Sturm aus der Richtung, aus der er kam, anhielt, vermochten wir ihn nicht abzuwettern; und so segelten wir, so weit wir konnten, im Windschutz der Landspitze auf die Küste zu und gingen in zwölf Faden Wassertiefe vor Anker.
Aber in der Nacht sprang der Wind wieder um, und da er sehr heftig war, wurden die Anker triftig, und das Schiff trieb, bis das Ruder den Grund rammte; wäre es noch um eine ha lbe Schiffslänge weiter gelaufen, dann wäre es verloren gewesen und wir alle mit ihm. Unser Hauptanker hielt jedoch, und wir hievten einen Teil der Kette ein, um klar zu kommen vom Grund, auf dem wir aufgelaufen waren. An dieser einen Ankerkette ritten wir die ganze Nacht den Sturm ab, und gegen Morgen schien uns der Wind ein wenig nachzulassen; zu unserem Glück war es so, denn trotz allem, was unser Hauptanker für uns vollbracht hatte, fanden wir das Schiff zu unserer großen Überraschung und unserem Schreck am Morgen fest auf Grund.
Mit der Ebbe, bei der das Wasser hier ablief, lag
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