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Kapitän Singleton

Kapitän Singleton

Titel: Kapitän Singleton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Defoe
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als Geisel?
William: Ihn selbst und Euer Ehren.
Holländer: Was würdet Ihr denn mit ihm tun?
William: Das, was er mit uns tun würde – ihm den Kopf abschneiden.
Holländer: Und was würdet Ihr mit mir tun?
William: Mit dir? Dich würden wir nach Hause in dein Heimatland bringen, und obwohl du den Galgen verdient hast, würden wir wieder einen Mann und einen Christen aus dir machen und dir nicht das antun, was du uns angetan hättest – dich nicht an eine Bande von grausamen, wilden Heiden verraten, die weder einen Gott kennen, noch wissen, wie man sich Menschen gegenüber barmherzig verhält.
Holländer: Ihr gebt mir da einen Gedanken ein, über den ich morgen mit Euch sprechen will.
    Damit entfernten sie sich; William kehrte an Bord zurück und berichtete uns ausführlich über seine Verhandlung mit dem alten Holländer, was sehr unterhaltsam und für mich aufschlußreich war, denn ich hatte Grund genug anzuerkennen, daß William die Lage besser beurteilt hatte als ich.
    Zu unserem Glück bekamen wir das Schiff noch in der Nacht flott und gingen sehr befriedigt etwa anderthalb Meilen weiter von der Küste ab in tiefem Wasser vor Anker, so daß wir den König des Holländers mit seinen hunderttausend Mann nicht zu fürchten brauchten, und am nächsten Tag hatten wir tatsächlich unseren Spaß mit ihnen, als sie in riesiger Menge zum Strand herunterkamen, unserer Schätzung nach nicht viel weniger als hunderttausend Mann, und mehrere Elefanten mitbrachten; sie hätten uns freilich auch dann nichts zuleide tun können, wenn es eine Armee von Elefanten gewesen wäre, denn wir lagen jetzt sicher vor Anker und außerhalb ihrer Reichweite. Wir hielten uns sogar für weiter weg, als wir tatsächlich waren, denn es stand zehntausend zu eins, daß wir wieder festsitzen würden, da der Wind vom Lande her wehte und dort, wo wir lagen, das Wasser glättete, die Ebbe aber weiter hinausdrängte als gewöhnlich, und wir sahen, daß die Sandbank, auf der wir zuvor Grundberührung gehabt hatten, in der Form eines Halbmonds verlief und uns mit zwei Hörnern umgab, so daß wir in der Mitte wie in einer runden Bucht lagen – zwar dort, wo wir uns befanden, in Sicherheit und in tiefem Wasser, aber rechts und links gewissermaßen vom Tod umlauert, denn die beiden Sandhörner oder -spitzen ragten noch fast zwei Meilen weit über den Punkt hinaus, an dem das Schiff lag.
    Auf dem Teil der Sandbank, der sich östlich von uns erstreckte, stand in langgezogener Reihe die Menge; die meisten waren nicht weiter als nur bis zu den Knien oder sogar nur bis zu den Knöcheln im Wasser und hatten uns von dieser Seite, vom Festland her und ein Stück von der anderen Seite der Sandbank her in einem Halbkreis oder vielmehr einem Dreifünftelkreis, der ungefähr sechs Meilen lang war, sozusagen umzingelt. Da das Wasser über dem anderen Horn oder der Spitze der Sandbank, die sich westlich von uns erstreckte, tiefer war, konnten sie hier nicht so weit vordringen.
    Sie hatten keine Ahnung, welchen Dienst sie uns erwiesen, indem sie sich, ohne es zu wissen noch zu wollen, zu unseren Lotsen machten, denn da wir versäumt hatten, die Stelle auszuloten, wäre unser Schiff dort vielleicht gescheitert, bevor wir uns dessen gewahr wurden. Freilich hätten wir unseren neuen Hafen noch ausloten können, bevor wir uns hinauswagten, aber ich kann nicht mit Gewißheit sagen, ob wir es getan hätten, denn ich zumindest hatte nicht den geringsten Verdacht, wie unsere Lage tatsächlich war; vielleicht hätten wir uns, bevor wir den Anker lichteten, wirklich ein wenig umsehen sollen. Ganz gewiß hätten wir das tun müssen, denn außer mit diesem Heer von menschlichen Furien hatten wir es auch mit einem sehr lecken Schiff zu tun, und alle unsere Pumpen schafften kaum das Wasser am Steigen zu hindern. Unsere Zimmerleute arbeiteten außenbords, um die Wunden, die das Schiff erlitten hatte, ausfindig zu machen und zu heilen, und sie krängten es zuerst auf die eine und dann auf die andere Seite. Es war ein sehr unterhaltsames Schauspiel, das wilde Heer, das auf dem östlichen Horn der Sandbank stand, teils vor Freude, teils vor Schreck, derartig verblüfft zu sehen, als unsere Leute das Schiff zu ihrer Seite hin krängten, daß es in ziemlich große Verwirrung geriet, laute Rufe austauschte und auf eine Weise brüllte und schrie, die sich unmöglich beschreiben läßt.
    Während wir dies besorgten (denn wie der Leser sich wohl vorstellen kann, taten wir es mit großer

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