Kapitän Singleton
nehmen und längs der Westküste Amerikas nordwärts zu segeln, wo wir mit Gewißheit bei den Spaniern einige gute Prisen machen mußten; danach könnten wir, wenn es die Umstände erforderten, über die Südsee und Ostindien heimkehren und so rund um die Welt segeln, wie andere es schon vor uns getan hatten.
Ich aber hatte anderes im Sinn. Ich war in Ostindien gewesen und hatte seitdem stets die Vorstellung gehabt, daß wir, wenn wir uns dorthin begaben, ganz gewiß gute Arbeit leisten und bei meinen alten Freunden, den Eingeborenen von Sansibar, an der Küste von Mozambique oder der Insel St. Lorenz, einen sicheren Unterschlupf sowie gutes Rindfleisch als Proviant für unser Schiff finden würden. Das also war meine Absicht, und ich hielt allen so viele Vorträge darüber, wie vorteilhaft sie ihre Stärke zum Erwerb von Beute nutzen könnten, die sie mit Gewißheit im Golf von Mokka oder dem Roten Meer und an der Malabarküste oder im Golf von Bengalen machen würden, daß ich sie in Erstaunen versetzte.
Mit diesen Argumenten überredete ich sie, und wir beschlossen alle, Kurs nach Südost zum Kap der Guten Hoffnung zu nehmen; infolge dieses Beschlusses entschieden wir, die Schaluppe zu behalten und mit allen drei Schiffen zu segeln, da wir zweifellos, wie ich ihnen versicherte, genügend Leute fänden, um die nötige Anzahl voll zu machen, und wenn nicht, waren wir immer noch in der Lage, eins der Fahrzeuge abzustoßen, sobald wir wollten.
Wir konnten nicht umhin, unseren Freund William zum Kapitän der Schaluppe zu machen, die er uns durch so große Geschäftstüchtigkeit eingebracht hatte. Er erklärte uns, wenn auch sehr höflich, er werde sie nicht als Fregatte befehligen; wollten wir sie ihm jedoch als seinen Anteil an dem Schiff aus Guinea geben, das wir auf sehr ehrliche Weise erworben hätten, solle sie uns als Proviantschiff begleiten, wenn wir es ihm befahlen, solange er derselben Gewalt unterliege, die ihn fortgeschleppt habe.
Wir verstanden ihn und übergaben ihm also die Schaluppe, aber unter der Bedingung, daß er uns nicht verließe und gänzlich unter unserem Kommando führe. William fühlte sich jedoch nicht so unbeschwert wie zuvor, und da wir später wollten, daß die Schaluppe zu Raubfahrten mit einem ausgemachten Piraten darauf umherkreuzte, fehlte mir William so, daß ich ihn nicht entbehren konnte, denn er war mein persönlicher Ratgeber und Gesellschafter bei allen Gelegenheiten, und deshalb ernannte ich einen Schotten, einen kühnen, unterne hmungslustigen, tapferen Menschen namens Gordon, zu ihrem Befehlshaber und ließ sie mit zwölf Kanonen und vier Kanonieren versehen, obwohl es uns tatsächlich an Leuten mangelte, denn keins unserer Schiffe war voll bemannt.
Anfang Oktober 1706 nahmen wir Kurs auf das Kap der Guten Hoffnung und sege lten am 12. des kommenden Nove mber in Sichtweite am Kap vorbei, nachdem wir viel ungünstiges Wetter gehabt hatten. Wir sahen dort mehrere Handelsschiffe auf Reede liegen, englische wie auch holländische – ob sie nun auf der Aus- oder auf der Heimreise begr iffen waren, vermochten wir nicht zu sagen; aber sei dem, wie ihm wolle, wir hielten es nicht für angebracht, dort vor Anker zu gehen, da wir nicht wußten, wen wir vor uns hatten und was sie gegen uns unternehmen mochten, wenn sie erfuhren, wer wir waren. Da wir jedoch Trinkwasser brauchten, schickten wir die beiden Boote, die zum portugiesischen Kriegsschiff gehörten, ausschließlich mit portugiesischen Matrosen und Negern bemannt, zur Wasserstelle, um Wasser zu übernehmen; inzwischen hißten wir auf See eine portugiesische Flagge und blieben die ganze Nacht dort liegen. Sie wußten nicht, wer wir waren, anscheinend aber hielten sie uns für alles andere als das, was wir in Wirklichkeit waren.
Nachdem unsere Boote am nächsten Morgen gegen fünf Uhr zum drittenma l vollbeladen zurückgekehrt waren, glaubten wir, genügend mit Wasser versorgt zu sein, und liefen mit östlichem Kurs aus; bevor unsere Leute aber, während von Westen eine leichte Brise wehte, zum letztenmal zurückgekehrt waren, bemerkten wir im Morgengraue n ein Boot unter Segeln, das sich beeilte aufzukommen, wie aus Furcht, wir könnten auslaufen. Wir stellten bald fest, daß es ein englisches Großboot, gedrängt voller Leute, war. Wir vermochten uns nicht vorzustellen, was das bedeutete, aber es war ja nur ein einziges Boot, und so dachten wir, es könne nicht viel schaden, wenn wir dessen Männer an Bord ließen, und
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