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Kapitän Singleton

Kapitän Singleton

Titel: Kapitän Singleton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Defoe
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der Gegend müde zu werden begannen, da es dort wenig gab, was zu unserer Zerstreuung beigetragen hätte, außer den fürchterlichsten Gewittern, von denen wir jemals gehört und gelesen hatten.
    Wir hofften, hier bei den Chinesen, die, wie man uns gesagt hatte, auf Ternate Nelken und auf den Bandainseln Muskatnüs-se einkauften, einige Beute zu machen; wir hätten unsere Galeone oder unser großes Schiff sehr gern mit diesen beiden Gewürzarten beladen, und die Fahrt wäre uns sehr lohnend erschienen, wir sahen jedoch neben dem schon Erwähnten nichts, was sich bewegte, außer Holländern, die (wodurch, vermochte ich nicht zu erraten) entweder argwöhnten oder wußten, wer wir waren, und in ihren Häfen blieben.
    Einmal war ich entschlossen, auf die Insel Dumas einzufallen, die als Ort mit den besten Muskatnüssen am berühmtesten war, aber Freund William, der immer vorzog, unsere Geschäfte ohne Kampf abzuwickeln, brachte mich davon ab, indem er so überzeugende Argumente aufzählte, daß wir uns ihnen nicht verschließen konnten – vor allem die große Hitze, die zu dieser Jahreszeit in jener Gegend herrschte, denn wir befanden uns jetzt bei nur einem halben Grad südlicher Breite. Während wir noch darüber diskutierten, brachte uns folgender Zwischenfall bald zu einem Entschluß: Wir hatten Sturm aus Westsüdwest, und das Schiff machte rasche Fahrt; von Nordosten rollten uns jedoch hohe Wogen entgegen, und später stellten wir fest, daß es die hereinströmenden Wasser des großen Ozeans waren, der 247
    sich östlich von Neuguinea erstreckte; aber, wie gesagt, wir segelten raumschots und kamen rasch voran, als plötzlich aus einer dunklen Wolke, die über unseren Köpfen hing, ein Blitzstrahl oder eher -schlag herabkam, der so furchtbar war und so lange zwischen uns herumzuckte, daß nicht nur ich, sondern die ganze Mannschaft glaubte, unser Schiff brenne.
    Wir spürten die Hitze von diesem Blitz oder Feuer so heftig im Gesicht, daß sich bei einigen unserer Leute Blasen auf der Haut bildeten, vielleicht nicht unmittelbar durch die Hitze, aber infolge der giftigen oder schädlichen Teilchen, die sich mit der brennenden Materie mischten. Das war jedoch noch nicht alles: Der durch den Bruch der Wolken verursachte Luftstoß war so stark, daß unser Schiff erbebte, als hätten wir eine Breitseite abgefeuert, und fast im gleichen Moment wurde seine Fahrt von einer Kraft aufgehalten, die stärker war als die, welche es zuvor vorangetrieben hatte; sämtliche Segel schlugen unverzüglich zurück, und das Schiff lag, so kann man buchstäblich sagen, wie vom Donner gerührt. Da der Blitz aus der Wolke so nahe bei uns herunterfuhr, folgte nach nur einigen Augenblik-ken der furchtbarste Donnerschlag, den Sterbliche je verno mmen haben. Ich glaube sicher, daß eine Explosion von hunderttausend Fässern Schießpulver uns nicht lauter in den Ohren gedröhnt hätte, ja einige unserer Leute verloren tatsächlich das Gehör.
    Ich kann unmöglich die Schrecklichkeit dieser Minute beschreiben, und niemand vermag sie sich vorzustellen. Unsere Leute waren dermaßen bestürzt, daß nicht ein Mann an Bord so geistesgegenwärtig war, seine seemännischen Pflichten wahrzunehmen, außer Freund William, und wäre er nicht sehr flink und mit einer Selbstbeherrschung, deren ich keineswegs fähig gewesen wäre, nach vorn gerannt, um das Fockschot loszuwerfen, die Fockrah auf der Luvseite beizubrassen und die Marssegel niederzuholen, dann wären unsere Masten gewiß 248
    sämtlich über Bord gegangen, und vielleicht hätte uns die See überwältigt.
    Was mich betrifft, so muß ich gestehen, daß ich mir der Gefahr deutlich bewußt war, aber nicht im mindesten dessen, was ich dagegen tun sollte. Die Bestürzung und Verwirrung hatten mich völlig übermannt, und ich kann sagen, daß ich hier zum erstenmal beim Gedanken an mein vergangenes Leben jenes Entsetzen spürte, das ich seither noch so viel gründlicher kennengelernt habe. Ich glaubte, der Himmel hätte mich dazu verdammt, noch im selben Augenblick ins ewige Verderben zu versinken, und was die Rache noch schrecklicher machte, war, daß sie sich nicht auf dem üblichen Wege eines menschlichen Gerichts vollzog, sondern daß Gott unmittelbar über mich verfügte und beschlossen hatte, selbst der Vollstrecker seines Urteils zu sein.
    Mögen nur die mein Entsetzen beschreiben, die um das Schicksal (John) Childs, Shadwells oder des Francis Spira wissen. Es läßt sich unmöglich schildern.

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