Kapitän Singleton
hörten, daß William sich dagegen wandte, schworen einige von ihnen, die Leute sollten sterben, und wenn William dagegen sei, solle er mit ihnen ertrinken.
Da ich aber entschlossen war, ihrem grausamen Plan ein Ende zu bereiten, fand ich es an der Zeit, etwas dafür zu tun, sonst mochte ihre blutdürstige Stimmung allzu stark werden; so rief ich denn die Holländer zu mir herauf und unterhielt mich ein wenig mit ihnen. Zuerst fragte ich sie, ob sie bereit seien, mit uns zu fahren. Zwei von ihnen erboten sich bald dazu, die übrigen aber, es waren vierzehn, lehnten es ab. „Nun“, fragte ich, „wohin möchtet Ihr Euch dann also begeben?“ Sie wollten nach Ceylon. Ich erklärte ihnen, ich könne nicht zulassen, daß sie zu irgendeiner holländischen Faktorei führen, und sagte ihnen ganz offen die Gründe hierfür, deren Stichhaltigkeit sie nicht leugnen konnten. Ich ließ sie auch wissen, welche grausamen, blutdürstigen Maßnahmen unsere Leute beabsic htigten, daß ich jedoch beschlossen hätte, sie, wenn möglich, zu retten; deshalb wolle ich sie im Golf von Bengalen bei irgendeiner englischen Faktorei an Land setzen, so sagte ich zu ihnen, oder sie an Bord eines mir begegnenden englischen 240
Schiffs bringen lassen, nachdem ich die Sundastraße oder die Straße von Malakka passiert hätte – jedoch nicht vorher, denn was meine Rückfahrt betreffe, so erklärte ich ihnen, wolle ich es auf mich nehmen, mich an ihrer holländische n Macht von Batavia vorbeizuwagen, wünsche aber nicht, daß die Nachricht vor mir dorthin gelangte, denn dann würden alle ihre Handelsschiffe im Hafen liegenbleiben und unseren Weg meiden.
Als nächstes überlegten wir, was wir mit ihrem Schiff anfangen sollten, aber das war schnell beschlossen, denn es gab nur zwei Möglichkeiten: entweder brannten wir es ab, oder wir ließen es auf den Strand auflaufen, und wir wählten das zweite.
So machten wir also die Focksegel mit dem Hals am Kranbal-ken fest und laschten das Ruder ein wenig nach Steuerbord an, damit es auf das Vorsegel reagierte, und so ließen wir das Schiff treiben ohne irgendein Lebewesen an Bord. Es dauerte auch keine zwei Stunden, bis wir es an der Küste kurz vor Kap Komorin auf Grund laufen sahen, und wir segelten fort, rund um Ceylon, mit Kurs auf die Coromandelküste.
Dort fuhren wir die Küste entlang, nicht nur in Sichtweite, sondern auch nahe genug, um die Schiffe zu sehen, die bei Fort St. David, Fort St. George und den anderen hiesigen Faktoreien sowie an der Küste von Golkonda auf Reede lagen; wir hißten unsere englische Flagge, wenn wir in die Nähe der holländ ischen Faktoreien kamen, und die holländische, wenn wir an den englischen vorbeisegelten. Wir trafen an dieser Küste auf wenig Beute, außer auf zwei kleine Schiffe aus Golkonda, beladen mit Ballen von Kaliko, Musselin und gewirkter Seide sowie mit fünfzehn Ballen Seidentüchern, die aus dem inneren Golf kamen, ihn durchquerten und Kurs auf Acheen und andere Häfen an der Küste von Malakka nahmen – in wessen Auftrag, wußten wir nicht. Wir erkundigten uns nicht näher, wohin sie genau fuhren, sondern ließen sie weitersegeln, da sie nur Inder an Bord hatten.
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Tief im Innern des Golfs trafen wir auf eine große Dschunke; sie gehörte zum Hofe des Moguls und hatte viele Leute an Bord, die wir für Passagiere hielten. Anscheinend war das Schiff unterwegs zum Fluß Hooghly oder Ganges und kam aus Sumatra. Dies war nun wirklich eine Beute, die sich lohnte, und wir fanden darauf – neben anderen Gütern, um die wir uns nicht kümmerten, vor allem Pfeffer –, soviel Gold, daß es unserer Fahrt beinahe ein Ende gesetzt hätte, denn fast alle meine Leute sagten, nun seien wir reich genug, und sie wollten nach Madagaskar zurückkehren. Ich hatte jedoch noch andere Dinge im Sinn, und als ich mit ihnen sprach und auch Freund William veranlaßte, mit ihnen zu reden, setzten wir ihnen so viele weitere goldene Hoffnungen in den Kopf, daß wir sie bald dazu überredeten, uns weiterfahren zu lassen.
Meine nächste Absicht war, die gefä hrlichen Meerengen von Malakka, Singapur und Sunda zu verlassen, wo wir keine große Beute erwarten konnten, außer der, welche wir auf europäischen Schiffen antreffen mochten und um die wir kämpfen müßten; und obwohl wir in der Lage waren, den Kampf aufzunehmen, und es uns auch nicht an Mut dazu fehlte, nicht einmal an Tollkühnheit, waren wir doch zugleich auch reich und entschlossen, noch reicher zu werden;
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