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Kapitän Singleton

Kapitän Singleton

Titel: Kapitän Singleton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Defoe
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einige getötet oder verwundet waren.
    Wir hielten das für einen sehr ungleichen Kampf und signali-sierten deshalb unseren Männern, sie sollten von dort fortru-dern, damit wir und auch sie ein bißchen Spaß hätten; die Pfeile fielen jedoch, da sie sich so nahe beim Ufer befanden, so dicht auf sie nieder, daß sie sich nicht an die Riemen setzen konnten, und so hißten sie etwas von ihrer Leinwand, in der Annahme, sie könnten längs des Ufers segeln und dabei hinter ihrem Dollbord liegen; es dauerte aber keine sechs Minuten, nachdem sie das Segel gesetzt hatten, bis fünfhundert Brandpfeile darin steckten oder hindurchgegangen waren, so daß es schließlich Feuer fing und unsere Leute Gefahr liefen, daß ihr Boot zu brennen anfing; so gut sie konnten paddelten sie und stießen das Boot im Liegen voran, um weiter vom Ufer fortzugelangen.
    Jetzt waren sie aus dem Schußfeld und hatten uns das ganze wilde Heer als Ziel überlassen, und da wir das Schiff hatten ausscheren lassen, um so nahe wie nur möglich zu ihnen heranzukommen, gaben wir aus fünf Kanonen gleichzeitig, die mit Schrot, alten Eisenstücken, Musketenkugeln und dergleichen geladen waren, sechs oder sieben Salven in die dichteste Menge ab.
    Es war offensichtlich, daß wir eine Metzelei unter ihnen angerichtet und sehr viele getötet oder verwundet hatten und daß sie dies in große Bestürzung versetzte, aber sie machten 300
    keine Miene, sich zu rühren, und ihre Brandpfeile kamen währenddessen noch immer so dicht geflogen wie zuvor.
    Plötzlich hörte jedoch ihr Pfeilregen auf, und der alte Ho l-länder rannte ganz allein zum Wasser hinunter und schwenkte wieder, so hoch er nur konnte, seine weiße Flagge, um unserem Boot zu signalisieren, es möge nochmals zu ihm kommen.
    William hatte zuerst keine Lust, sich ihm von neuem zu nähern, aber der Mann ließ in seinem Bemühen nicht nach, und schließlich fuhr William zu ihm hin. Der Holländer berichtete ihm, er habe mit dem General gesprochen, den das Massaker unter seinen Leuten sehr mürbe gemacht habe, und er könne jetzt alles von ihm fordern, was er wolle.
    „Alles!“ sagte William. „Was haben wir denn eigentlich mit ihm zu schaffen? Soll er sich doch um seine Angelegenheiten kümmern und seine Leute außer Schußweite nehmen.“
    „Freilich, aber er wagt nicht, sich zu rühren oder dem König gegenüberzutreten“, sagte der Holländer, „und wenn nicht ein paar von Euren Leuten an Land kommen, wird er ihn bestimmt töten lassen.“
    „Nun, dann ist er ein toter Mann“, sagte William, „denn wenn es auch darum ginge, sein Leben und das der ganzen Menschenmenge, die dort bei ihm ist, zu retten, so wird er doch niemals je einen von uns in seine Macht bekommen. Aber ich will dir sagen“, fuhr William fort, „wie du ihn überlisten und dabei deine Freiheit gewinnen kannst, wenn du Lust hast, dein Heimatland wiederzusehen, und nicht zum Wilden geworden bist und Geschmack daran gefunden hast, dein Lebtag unter Heiden und Wilden zu bleiben.“
    „Ich würde es von Herzen gern tun“, sagte er, „aber sie schießen so genau, daß sie, wenn ich jetzt Miene machte, zu Euch zu schwimmen, obwohl sie weit von mir entfernt stehen, mich töten würden, bevor ich den halben Weg zurückgelegt hätte.“

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    „Aber ich werde dir sagen, wie du mit seinem Einverständnis kommen kannst“, erwiderte William. „Geh zu ihm hin und sag ihm, ich hätte das Angebot gemacht, dich an Bord zu bringen, damit du versuchen kannst, den Kapitän zu überreden, daß er an Land kommt, und ich würde ihn nicht daran hindern, wenn er gewillt ist, es zu wagen.“
    Schon das erste Wort schien den Holländer in Entzücken zu versetzen. „Das werde ich tun“, sagte er. „Ich bin überzeugt, er gibt mir die Erlaubnis mitzufahren.“
    Er rannte davon, als habe er eine frohe Botschaft zu überbringen, und berichtete dem General, William habe versprochen, wenn er mit an Bord des Schiffs ginge, wolle er den Kapitän überreden, mit ihm zurückzukehren. Der General war töricht genug, ihm den Befehl zu der Fahrt zu erteilen, und beauftragte ihn, nicht ohne den Kapitän zurückzukommen; das versprach er bereitwillig und konnte es auch ganz ehrlich tun.
    So nahmen sie ihn ins Boot und brachten ihn an Bord, und er hielt den Einheimischen gegenüber Wort, denn er kehrte niemals wieder zu ihnen zurück, und da die Schaluppe inzwischen an der Mündung der Einfahrt, in der wir lagen, angekommen war, lichteten wir die Anker und

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