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Kapitän Singleton

Kapitän Singleton

Titel: Kapitän Singleton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Defoe
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einer schönen steifen Brise während der Nacht befanden wir uns am Morgen zwei Meilen vor der Küste.
    Wir hatten keinerlei Bedenken, an der ersten Stelle, wo wir ankamen, an Land zu gehen, obgleich wir mit ein bißchen Geduld etwas weiter nördlich wohl einen sehr günstigen Fluß gefunden hätten. Mit Hilfe zweier großer Stangen jedoch, die wir wie Pfosten in den Boden rammten, um unsere Fregatte festzumachen, hielten wir diese flott, und die kleinen schwa-chen Stricke, die wir, wie schon berichtet, aus dem Mattenstroh 61
    gedreht hatten, erwiesen sich als recht nützlich, um das Fahrzeug zu vertäuen.
    Sobald wir uns das Land ein wenig angesehen, frisches Wasser geholt und uns mit Nahrung versorgt hatten, die wir hier nur sehr spärlich fanden, gingen wir mit unseren Vorräten wieder an Bord. Der einzige Proviant, den wir uns beschaffen konnten, waren ein paar Stück Geflügel, die wir getötet hatten, und eine Art wilden Büffel oder Stier, sehr klein, aber mit gutem Fleisch. Nachdem wir das also alles an Bord hatten, beschlossen wir, entlang der Küste, die sich nach Nordnordost hin erstreckte, zu segeln, bis wir einen Wasserlauf oder einen Fluß fanden, den wir hinaufsegeln konnten, um ins Innere des Landes zu gelangen, oder aber auf irgendeine Stadt oder Menschen stießen, denn wir hatten Grund anzunehmen, daß in einiger Entfernung die Gegend bewohnt war, da wir nachts mehrfach aus allen Richtungen Feuerschein und tagsüber Rauch gesehen hatten.
    Endlich gelangten wir zu einer sehr großen Bucht, und darin mündeten mehrere kleine Wasserläufe oder Flüsse ins Meer.
    Wir liefen kühn in den ersten davon ein, und als wir dort einige Hütten und in ihrer Nähe Wilde am Strand sahen, lenkten wir unser Schiff in einen kleinen Schlupfhafen an der Nordseite des Wasserlaufs und hielten eine lange Stange mit einem weißen Stoffetzen daran als Friedenszeichen empor. Wir sahen, daß sie gleich verstanden, denn sie kamen herbeigeströmt, Männer, Frauen und Kinder, die meisten, beiderlei Ge-schlechts, splitternackt. Zuerst standen sie da, staunten und starrten uns an, als wären wir Ungeheuer und als fürchteten sie sich, später aber bemerkten wir, daß sie Zutrauen zu uns faßten. Um sie zu erproben, hielten wir zuerst einmal die Hände an den Mund, als wollten wir trinken, was bedeutete, wir wünschten Wasser zu haben. Das verstanden sie bald, und drei von ihren Frauen sowie zwei Knaben rannten landwärts.
    Nach ungefähr acht Minuten kehrten sie mit mehreren Tonkrü-

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    gen zurück, die recht hübsch und, wie ich glaube, in der Sonne getrocknet waren; sie hatten sie mit Wasser gefüllt und setzten sie in der Nähe des Ufers ab. Dort ließen sie sie stehen und zogen sich etwas zurück, damit wir sie holten – was wir taten.
    Einige Zeit darauf brachten sie uns Wurzeln und Gemüse sowie auch einige Früchte, von welcher Sorte, weiß ich nicht mehr, und gaben sie uns; da wir aber nichts hatten, was wir ihnen schenken konnten, mußten wir feststellen, daß sie nicht so selbstlos waren wie die Leute auf Madagaskar. Unser Messerschmied begab sich jedoch an die Arbeit, und da er etwas Eisen, das aus dem Wrack stammte, aufgehoben hatte, stellte er eine große Menge Spielzeug, Vögel, Hunde, Nadeln, Haken und Ringe her, und wir halfen, sie glattzufeilen und sie für ihn glänzend zu polieren, und als wir ihnen einige davon gaben, brachten sie uns alle Arten von Nahrungsmitteln, die sie hatten, wie Ziegen, Schweine, Kühe, und wir erhielten genügend Proviant.
    Wir waren jetzt auf dem afrikanischen Kontinent gelandet, dem verlassensten, wüstesten und ungastlichsten Gebiet der Welt, selbst Grönland und sogar Nowaja Semlja nicht ausgenommen, nur mit dem Unterschied, daß wir auch den schlimmsten Teil bewohnt fanden; freilich wäre es angesichts der Natur und des Charakters mancher dieser Bewohner für uns besser gewesen, es hätte dort gar keine gegeben.
    Und was zu der Klage, die ich hier über die Beschaffenheit des Landes laut werden lasse, noch hinzukommt: Wir trafen dort eine der voreiligsten, abenteuerlichsten und verzweifelt-sten Entscheidungen, die ein Mensch oder eine Anzahl von Leuten jemals getroffen hatte, nämlich über Land, durch das Herz des Erdteils, von der Küste Mozambiques am östlichen Ozean bis zur Küste von Angola oder Guinea am westlichen oder Atlantischen Ozean, zu reisen, durch einen ganzen Kontinent von mindestens tausendachthundert Meilen – eine Reise, bei der wir schreckliche Hitze zu

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