Kapitän Singleton
Seite der Insel, und so hielten wir nach Norden, und nachdem wir das Kap umrundet hatten, fuhren wir im Windschutz der Insel nach Süden, mit der Absicht, die Westspitze zu erreichen, die, wie schon gesagt, in Richtung der afrikanischen Küste weit hinausragt, was unsere Fahrt über das Meer fast um hundert Meilen verkürzt hätte. Als wir aber etwa dreißig Meilen weit gesegelt waren, stellten wir fest, daß der Wind in der Nähe der Küste sehr wechselhaft war und gegen uns stand, und so beschlossen wir, geradenwegs hinüberzuhalten, denn in dem Fall war uns der Wind günstig, und unser Fahrzeug war zu schlecht ausgerüstet, um dicht am Wind zu steuern oder überhaupt anders als nur gerade vor dem Wind zu segeln.
Nachdem wir uns entschieden hatten, legten wir deshalb wieder an Land an und versorgten uns von neuem mit Trinkwasser und anderen Vorräten, und etwa in der zweiten Hälfte des Monats März liefen wir nach der Küste des afrikanischen Festlands aus, mehr von Kühnheit als von Umsicht, mehr von Entschluß, als von Urteilskraft erfüllt.
Was mich betraf, so machte ich mir darüber keine Sorgen; solange wir nur Aussicht hatten, irgendein Land zu erreichen, war es mir gleich, was es war oder wo es sich befand, denn ich 59
hatte zu dieser Zeit keine Ahnung, was vor mir lag, und verschwendete nicht viele Gedanken darauf, was mir geschehen konnte; mit so wenig Besonnenheit, wie in meinem Alter wohl zu erwerben war, stimmte ich jedem Vorschlag zu, so abenteuerlich die Sache auch sein mochte und so unwahrscheinlich ihr Erfolg.
Ebenso wie wir die Fahrt eher aus großer Unwissenheit und Verzweiflung unternahmen, führten wir sie auch tatsächlich mit sehr wenig Entschiedenheit und Überlegung durch, denn über den Kurs, den wir steuern mußten, wußten wir nur, daß es notwendig war, ungefähr nach Westen zu halten, mit zwei oder drei Strich Abweichung nach Norden oder Süden, und da wir keinen anderen Kompaß bei uns hatten als nur einen kleinen Taschenkompaß aus Messing, den einer unserer Leute eher zufällig bei sich führte, vermochten wir unseren Kurs nicht sehr genau zu bestimmen.
Da es Gott aber gefiel, den Wind auch weiterhin günstig aus Südost zu Ost wehen zu lassen, fanden wir, Nordwest zu West, das genau vor dem Wind lag, sei ein ebenso guter Kurs wie nur irgendeiner, den wir wählen konnten, und so segelten wir weiter.
Die Fahrt war viel länger, als wir erwartet hatten; unser Schiff, das kein seiner Größe entsprechendes Segel führte, kam auch nur langsam durch das Meer voran und war schwerfällig.
Auf dieser Reise erlebten wir keine großen Abenteuer, da wir uns abseits von allem befanden, was uns hätte unterhalten können, und was den Anblick eines Schiffs betraf, so hatten wir auf der ganzen Fahrt keine Gelegenheit, unterwegs irgendeines anzurufen, denn wir sahen nicht ein Fahrzeug, weder ein großes noch ein kleines, weil das Meer, auf dem wir fuhren, gänzlich außerhalb jeder Handelsroute lag. Die Bevölkerung von Madagaskar wußte auch nicht mehr über Afrika als wir, nur, daß in dieser Richtung ein Land der Löwen lag, wie sie es nannten.
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Wir waren acht oder neun Tage mit günstigem Wind gesegelt, als einer unserer Leute zu unserer großen Freude „Land!“
rief. Wir hatten guten Grund, uns über diese Entdeckung zu freuen, denn wir besaßen nur noch für zwei oder drei Tage Wasser, wenn wir sparsam damit umgingen. Obgleich wir das Land aber am frühen Morgen erblickten, gelangten wir fast erst bei Einbruch der Nacht dorthin, denn der Wind flaute beinah gänzlich ab, und unser Schiff war, wie gesagt, sehr schwerfällig.
Als wir das Land erreichten, waren wir sehr enttäuscht, denn wir sahen, daß es nicht das afrikanische Festland, sondern nur eine kleine unbewohnte Insel war, jedenfalls konnten wir keine Einwohner entdecken und auch kein Vieh, außer ein paar Ziegen, von denen wir nur drei töteten. Sie gaben uns jedoch frisches Fleisch, und wir fanden ausgezeichnetes Wasser. Es dauerte noch vierzehn weitere Tage, bis wir das Festland erreichten, wohin wir aber schließlich gelangten, und das war dringend notwendig für uns, denn wir kamen dort gerade zu dem Zeitpunkt an, als alle unsere Vorräte erschöpft waren.
Man konnte sogar sagen, sie waren schon vorher erschöpft, denn wir hatten während der letzten beiden Tage nur noch einen halben Liter Wasser für jeden. Zu unserer großen Freude sahen wir aber am Abend zuvor das Land, wenn auch in weiter Ferne, und infolge
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