Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kapitän Singleton

Kapitän Singleton

Titel: Kapitän Singleton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Defoe
Vom Netzwerk:
Bestände nur gering waren, sagte er, er wolle mit den Eingeborenen sprechen, dann würden wir genügend Vorräte bekommen, denn 156
    sie seien die zuvorkommendste, gutherzigste Bevölkerungs-gruppe in diesem ganzen Landesteil, wie wir schon daraus entnehmen könnten, daß er so ungefährdet unter ihnen lebte.
    Das, was dieser Gentleman gleich zu Beginn für uns tat, war tatsächlich von großer Bedeutung für uns, denn erstens gab er uns genauestens Auskunft, wo wir uns befanden und welches für uns der richtige Kurs war, den wir halten mußten, zweitens verhalf er uns zu einer ausreichenden Versorgung mit Lebensmitteln, und drittens war er unser vollendeter Dolmetscher und Friedensunterhändler mit allen Eingeborenen, die jetzt auf unserem Wege sehr zahlreich wurden und grimmigere und erfahrenere Leute waren als die, welche wir bisher angetroffen hatten; sie ließen sich durch unsere Waffen nicht so leicht einschüchtern wie die anderen und waren nicht so unwissend, uns für unseren kleinen Krimskrams, den, wie ich schon berichtete, unser Handwerker herstellte, ihre Vorräte und ihr Korn zu geben, denn da sie häufig mit den Europäern an der Küste Handel getrieben und Umgang gepflogen hatten oder aber mit anderen Negervölkern, die mit jenen Handels- oder andere Beziehungen unterhielten, waren sie weniger unwissend und furchtsam, und infolgedessen konnte man von ihnen nichts erhalten als nur im Austausch gegen das, was ihnen gefiel.
    Dies bezieht sich auf die einheimischen Neger, zu denen wir bald darauf gelangten; was aber die armen Leute betraf, bei welchen er lebte, so waren sie mit den Dingen nicht sehr vertraut, da sie über dreihundert Meilen von der Küste entfernt lebten, nur daß sie in den im Norden gelegenen Bergen Elefantenzähne fanden, die sie sammelten und ungefähr sechzig oder siebzig Meilen weit nach Süden brachten, wo gewöhnlich andere handeltreibende Neger mit ihnen zusam-mentrafen und ihnen dafür Glasperlen, Muscheln und Kauris gaben, womit die Engländer, Holländer und andere Händler aus Europa sie versorgten.

    157
    Jetzt begannen wir mit unserem neuen Bekannten vertrauter zu werden, und obwohl wir selbst, was Kleidung betraf, recht traurige Figuren abgaben, denn wir besaßen weder Schuhe, noch Strümpfe, noch Handschuhe, noch alle zusammen auch nur einen Hut und bloß einige wenige Hemden, kleideten wir ihn doch als erstes ein, so gut wir konnten. Zuvor rasierte ihn unser Wundarzt, der Schere und Rasiermesser hatte, und schnitt ihm das Haar. In unseren gesamten Vorräten hatten wir, wie gesagt, keinen Hut, aber er versorgte sich selbst, indem er sich aus einem Stück Leopardenfell sehr kunstvoll eine Mütze machte. Was Schuhe oder Strümpfe betraf, so war er so lange ohne sie gegangen, daß er nicht einmal die Fellschuhe und Füßlinge mochte, die wir, wie oben beschrieben, trugen.
    Ebenso, wie er neugierig war, die ganze Geschichte unserer Reise zu erfahren, und unser Bericht ihn außerordent lich erfreute, waren auch wir nicht weniger gespannt, ihn erzählen zu hören, woher er stammte und wie er so allein in dieses fremde Land und in die oben erwähnten Umstände geraten war.
    Seine Schilderung gäbe allein schon den Stoff zu einer packenden Geschichte, die ebenso lang und unterhaltsam wäre wie die unsere, denn sie enthielt viele merkwürdige und außergewöhnliche Begebenheiten; wir haben hier jedoch nicht genügend Raum, um so weit von unserem Thema abzuschweifen. Kurzgefaßt lautete sein Bericht folgendermaßen: Er war der Geschäftsführer einer englischen Handelsgesellschaft in Sierra Leone oder einer der anderen Siedlungen der Engländer gewesen, welche die Franzosen erobert hatten, und von Plünderern seiner ganzen Habe sowie des Besitzes, den ihm die Gesellschaft anvertraut hatte, beraubt worden. Ob die Gesellschaft ihm nun Unrecht erwies, indem sie ihm den Verlust nicht ersetzte oder indem sie ihn nicht mehr weiter beschäftigte – auf jeden Fall verließ er ihren Dienst und fand Beschäftigung bei sogenannten unabhängigen Händlern, und da er später auch hier seine Stellung verlor, trieb er auf eigene 158
    Rechnung Handel. Als er unversehens in eine Siedlung der Gesellschaft gelangte, fiel er entweder durch Verrat in die Hände der Eingeborenen oder wurde aus irgendeinem anderen Grunde von ihnen überrumpelt. Da sie ihn jedoch nicht umbrachten, gelang es ihm damals, ihnen zu entkommen, und er floh zu einem anderen Eingeborenenvolk, das mit dem ersten verfeindet war

Weitere Kostenlose Bücher