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Kapitän Singleton

Kapitän Singleton

Titel: Kapitän Singleton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Defoe
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warten und hören, was er uns zu sagen hat.“ – „Er wird mit Pulver und Blei zu uns sprechen“, sagte ich. „Nun gut“, erwiderte er, „wenn das seine Landessprache ist, müssen wir in der gleichen zu ihm sprechen, oder? Wie soll er uns sonst verstehen?“ – „Also gut, William“, erklärte ich, „wir haben Euch verstanden.“ Und der Kapitän, so krank er auch war, rief mir zu: „William hat wieder mal recht.
    Hier ist es genausogut wie eine Meile weiter vorn.“ Und so gab er das Kommando: „Großsegel aufholen. Wir werden die Segel für ihn reffen.“
    Dementsprechend refften wir die Segel, und da wir das Schiff auf unserer Leeseite erwarteten, weil wir gerade mit Steuerbordhalsen segelten, brachten wir achtzehn Kanonen nach Backbord, denn wir hatten beschlossen, ihm eine Breitseite zu geben, um ihm einzuheizen. Es dauerte eine halbe Stunde, bevor das Schiff aufkam, und die ganze Zeit über luvten wir an, damit wir es von Luv abhielten, wodurch wir es zwangen, sich uns von Lee her zu nähern, was unserer Absicht entsprach. Als wir es bei unserem Achterschiff hatten, hielten wir auf Mitwindkurs und empfingen das Feuer von fünf oder sechs seiner Kanonen. Inzwischen befanden sich, dessen mag der Leser gewiß sein, alle unsere Leute auf ihrem Posten, und so legten wir unser Ruder hart nach Luv, ließen die Leebrassen des Großmarssegels laufen und legten es back; nun fielen wir dwars zur Klüse des portugiesischen Schiffs und gaben sogleich eine Breitseite ab, beschossen es vorn und achtern und töteten sehr viele Leute.
    Die Portugiesen befanden sich, wie wir sehen konnten, in höchster Verwirrung und ließen, da sie unsere Absicht nicht durchschauten und ihr Schiff in voller Fahrt war, ihren Bugspriet in den vorderen Teil unserer Großwanten laufen; auf diese Weise vermochten sie nicht leicht von uns loszukommen, 193
    und wir lagen ineinander verhakt. Der Feind war nicht in der Lage, mehr als nur fünf, sechs Kanonen nebst den Handwaffen auf uns abzufeuern, während wir unsere ganze Breitseite auf ihn abgaben.
    Mitten in der Hitze des Gefechts, während ich auf dem Achterdeck sehr beschäftigt war, rief mich der Kapitän, denn er rührte sich nicht von uns fort. „Was zum Teufel macht denn Freund William dort drüben?“ fragte er. „Hat er auf Deck etwas zu suchen?“ Ich trat vor, und dort stand Freund William und zurrte zusammen mit zwei, drei kräftigen Burschen das Bugspriet des Kriegsschiffs an unserem Großmast fest, aus Furcht, daß es sich von uns losmachen könnte; hin und wieder zog er eine Flasche aus der Tasche und gab den Leuten einen Schluck zu trinken, um sie zu ermutigen. Die Geschosse flogen ihm so dicht um die Ohren, wie es bei einem solchen Gefecht zu erwarten war, in dem die Portugiesen, das muß ich ihnen lassen, sehr feurig kämpften, wobei sie zuerst glaubten, ihrer Beute sicher zu sein, und sich auf ihre Überlegenheit verließen; aber William stand im Anb lick der Gefahr so ruhig und völlig gelassen dort, als sitze er über einer Punschterrine, und war nur eifrig beschäftigt, dafür zu sorgen, daß ein Schiff mit sechsundvierzig Kanonen einem mit achtundzwanzig nicht entflie-hen konnte.
    Das Gefecht war zu heftig, um lange anzudauern; unsere Leute verhielten sich tapfer, und unser Geschützmeister, ein mutiger Mensch, ließ unter Deck Rufe hören und verschoß seine Kugeln in so rascher Folge, daß das Feuer der Portugiesen nachzulassen begann, denn wir hatten einige ihrer Kanonen dadurch, daß wir ihr Vorschiff beschossen und sie, wie gesagt, vorn und achtern mit einem Kugelhagel bedachten, untauglich gemacht. Nach einer Weile kam William zu mir. „Freund“, sagte er ganz ruhig, „was meinst du? Weshalb besuchst du deinen Nachbarn nicht auf seinem Schiff, wo dir doch die Tür weit offensteht?“ Ich wußte sogleich, was er meinte, denn 194
    unsere Kanonen hatten den Schiffsrumpf des Portugiesen so weit aufgerissen, daß wir zwei Bullaugen zu einem geschlagen hatten, und ihr Heckscho tt war in Stücke zersplittert, so daß sie sich achtern nicht verschanzen konnten, und darum gab ich unverzüglich Befehl zum Entern. Unser Zweiter Offizier ging mit ungefähr dreißig Mann sogleich über das Vorschiff an Bord des Portugiesen; ihm folgten einige weitere mit dem Bootsmann. Sie hieben etwa fünfundzwanzig Mann, die sie dort auf Deck antrafen, in Stücke, warfen dann einige Granaten in den hinteren Teil des Schiffs und drangen auch da ein, worauf die Portugiesen alsbald um

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