Kapitän Singleton
ließen sich von der Zweckmäßigkeit meines Plans leicht überzeugen, und obgleich Kapitän Wilmot, den ich jetzt unseren Admiral nannte, zuerst der Ansicht gewesen war, wir sollten zur Insel Mauritius segeln, dort vor Anker liegen und 219
auf einige europäische Handelsschiffe warten, die von der Coromandelküste oder aus dem Golf von Bengalen kamen, stimmte er mir jetzt zu. Freilich wären wir stark genug gewesen, einen englischen Ostindienfahrer, sogar auch den bestbewaffneten, anzugreifen, obgleich es von einigen hieß, sie führten fünfzig Kanonen, aber ich hie lt ihm vor, daß wir gewiß sein konnten, Schläge und Blutopfer hinnehmen zu müssen, wenn wir sie aufbrachten, und wenn wir es geschafft hätten, wäre ihre Ladung nicht von entsprechendem Wert für uns, denn wir hatten ja nicht genügend Laderaum, um ihre Waren unterzubringen. Wie die Dinge lagen, sollten wir lieber ein einziges, auf der Ausreise nach Ostindien befindliches Schiff, das Bargeld vielleicht im Werte von vierzig- oder fünfzigtau-send Pfund an Bord hatte, nehmen, als nach England heimkeh-rende Fahrzeuge, obwohl ihre Ladung in London den dreifa-chen Wert des Geldes erzielt hätte; aber wir wußten nicht, wohin wir uns wenden sollten, um sie zu verkaufen, während die von London kommenden Schiffe neben ihrem Bargeld genügend Waren an Bord hatten, von denen wir sehr wohl wußten, wie wir sie verwerten könnten, so zum Beispiel ihre eigenen Lebensmittelvorräte, ihren Schnaps sowie auch große Mengen von beiden, die für die Gouverneure und Faktoreien der englischen Siedlungen zu deren Verbrauch bestimmt waren. Wenn wir also beschlossen, Schiffen aus unserem eigenen Lande aufzulauern, dann sollten es diejenigen sein, die sich auf der Ausreise befanden, und keine, die heimwärts nach London segelten.
In Anbetracht all dieser Gründe ließ sich der Admiral gänzlich von meiner Meinung überzeugen, und nachdem wir also dort, wo wir lagen, nämlich bei Kap Ste. Marie an der Süd-westspitze der Insel, Wasser und frischen Proviant überno mmen hatten, lichteten wir den Anker, liefen nach Süden aus und später nach Südsüdost, um die Insel zu umrunden, und nach etwa sechs Tagen gelangten wir aus ihren Küstengewässern 220
und hielten Kurs auf Nord, bis wir vor Fort Dauphin waren, und danach auf Nordost, bis zur Breite von dreizehn Grad vierzig Minuten, kurz, bis zum äußersten Punkt der Insel, und der Admiral, der voransegelte, erreichte die offene See ziemlich weit westlich von der Insel und drehte dann bei. Nun sandten wir eine Schaluppe aus, die auf Anlaufkurs rings um den nördlichsten Punkt der Insel ging und längsseits der Küste in Strandnä he segelte, um einen Hafen zu suchen, wo wir einlaufen konnten. Die Männer entdeckten auch einen und brachten uns schon bald die Nachricht, es gebe da eine tiefe Bucht mit sehr guter Reede und mehreren kleinen Inseln, in deren Schutz sie einen guten Ankerplatz mit zehn bis siebzehn Faden Wassertiefe gefunden hatten, und dort also liefen wir ein.
Später sahen wir uns jedoch veranlaßt, unseren Standort zu verändern, wie der Leser bald hören wird. Wir hatten nun nichts weiter zu tun, als nur an Land zu gehen, uns ein bißchen mit den Eingeborenen bekannt zu machen, Trinkwasser und einigen Proviant zu übernehmen und dann wieder in See zu stechen. Wir fanden die Leute recht umgänglich, und einige Rinder hatten sie auch; da dies aber die äußerste Spitze der Insel war, hielten sie nicht sehr viele Tiere. Für den Augenblick beschlossen wir jedoch, den Ort zu unserem Treffpunkt zu machen und hinauszufahren, um uns umzusehen. Es war ungefähr die zweite Aprilhälfte.
Dementsprechend stachen wir also in See, kreuzten nordwärts und hielten Kurs auf die arabische Küste. Die Fahrt war lang, aber da der Wind hier im allgemeinen von Mai bis September als Passatwind von Süd und Südsüdost weht, hatten wir günstiges Wetter, und nach etwa zwanzig Tagen gelangten wir zur Insel Sokotra, die südlich der arabischen Küste und ostsüdöstlich der Mündung des Golfs von Mokka oder dem Roten Meer liegt.
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Hier übernahmen wir Trinkwasser und kreuzten vor der arabischen Küste. Wir waren dort noch keine zwei Tage oder so ungefähr, als ich ein Segel erspähte und Jagd darauf machte; nachdem wir es aber eingeholt hatten, stellte es sich als eine so armselige Prise heraus, wie Piraten auf der Jagd nach Beute sie nur je aufgebracht hatten, denn wir fanden darauf weiter nichts als nur arme, halbnackte
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