Kapitän Singleton
wir Land entdeckten, sichteten wir ein großes Schiff, das längs der Küste nach Süden segelte. Es kam aus Bengalen und gehörte zum Land des Großmoguls, hatte jedoch einen holländischen Steuermann an Bord, dessen Name, wenn ich mich recht erinnere, Vandergest lautete, sowie auch mehrere europäische Seeleute, darunter drei Engländer. Das Schiff war nicht in der Lage, sich uns zu widersetzen. Die übrige Mannschaft bestand aus Indern, Untertanen des Großmoguls – einige von der Malabarküste und ein paar andere. An Bord befanden sich fünf indische und etliche armenische Kaufleute. Wie es schien, hatten sie mit Gewürzen, Seiden, Diamanten, Perlen und dergleichen – Gütern, die das Land hervorbrachte – Mokka angelaufen und jetzt kaum noch etwas an Bord als nur Bargeld in Pesos zu acht Realen, was, nebenbei gesagt, genau das war, wonach es uns gelüstete. Die drei englischen Matrosen kamen mit uns, und auch der holländische Steuermann hätte es getan, aber die beiden 224
armenischen Kaufleute flehten uns an, ihn nicht mitzunehmen, denn er sei ja ihr Steuermann und keiner der Leute verstehe ein Schiff zu führen. So wiesen wir ihn auf ihre Bitte hin zurück, nahmen ihnen aber das Versprechen ab, daß er keine schlechte Behandlung erfahren solle, weil er bereit gewesen war, mit uns zu fahren.
Wir erbeuteten auf diesem Schiff fast zweihunderttausend Pesos zu acht Realen, und wenn die Aussagen der Leute stimmten, dann hatte sich ein Jude aus Goa, der zweihunderttausend Pesos als sein Eigentum mit sich führte, auf dem Fahrzeug einschiffen wollen; sein Glück aber, das eine Folge seines Mißgeschicks war, hinderte ihn daran, denn in Mokka erkrankte er und war nicht fahrbereit, was sein Geld rettete.
Als wir diese Prise erbeuteten, befand sich außer der Schaluppe kein Fahrzeug bei mir, denn Kapitän Wilmots Schiff war undicht geworden; er hatte noch vor uns die Fahrt zu unserem Treffpunkt angetreten und ihn Mitte Dezember erreicht. Da ihm der Hafen aber nicht gefiel, ließ er am Strand ein großes Kreuz mit einer darauf befestigten Bleitafel zurück, auf die er die Anweisung für uns geschrieben hatte, wir sollten ihm zu den großen Buchten von Mangahelly folgen, wo er einen sehr guten Hafe n gefunden habe. Wir erfuhren hier jedoch eine Neuigkeit, die uns eine gute Weile von ihm entfernt hielt, was der Admiral uns übelnahm; wir schlossen ihm jedoch den Mund mit einem Anteil von zweihunderttausend Pesos für ihn und seine Mannschaft. Die Sache, die unsere Fahrt zu ihm hin unterbrach, war folgende: Zwischen Mangahelly und einem anderen Punkt, der Kap St. Sebastian genannt wurde, lief eines Nachts ein europäisches Schiff auf, ob infolge schlechten Wetters oder aus Mangel an einem Lotsen, weiß ich nicht; aber das Schiff strandete und kam nicht wieder frei.
Wir lagen in dem Schlupfwinkel oder Hafen, wo wir, wie oben erwähnt, unser Zusammentreffen vereinbart hatten, waren 225
noch nicht an Land gewesen und hatten daher auch nicht die Anweisung gelesen, die uns unser Admiral hinterlassen hatte.
Unser Freund William, den ich lange nicht erwähnte, empfand eines Tages große Lust, an Land zu gehen, und bestürmte mich, ihm der Sicherheit halber eine kleine Truppe zu seiner Begleitung mitzugeben, damit sie sich das Land ansehen könnten. Aus vielerlei Gründen war ich sehr dagegen, vor allem aber erklärte ich ihm, er wisse doch, daß die Eingeborenen nur Wilde und sehr verräterisch seien, und äußerte den Wunsch, er möge nicht gehen. Hätte er sein Drängen noch lange fortgesetzt, dann hätte ich es ihm, so glaube ich, einfach untersagt und ihm befohlen, nicht zu gehen.
Um mich jedoch zu überreden, ihn an Land zu lassen, erklär-te er mir, er wolle mir den Grund nennen, warum er mich so damit belästigte. Er erzählte mir, er habe letzte Nacht einen sehr lebhaften Traum gehabt, der so beeindruckend gewesen sei, daß er keine Ruhe habe finden können, bis er mir den Vorschlag gemacht habe, an Land zu gehen; sollte ich es ihm verweigern, dann werde er glauben, sein Traum habe eine Bedeutung, täte ich dies aber nicht, dann sei sein Traum damit für ihn erledigt.
Er habe geträumt, so erzählte er mir, er sei mit dreißig Mann
– darunter dem Bootsmann – auf der Insel an Land gegangen.
Dort hätten sie eine Goldmine gefunden und seien alle reich geworden. Dies sei jedoch noch nicht die Hauptsache, so sagte er, sondern am selben Morgen, gleich nachdem er dies geträumt hatte, sei der Bootsmann zu ihm
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