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Kaputt in El Paso

Kaputt in El Paso

Titel: Kaputt in El Paso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick DeMarinis , Frank Nowatzki , Angelika Müller
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alten Schule, alles wird persönlich geregelt. Im 19. Jahrhundert würde er sich wie zu Hause fühlen. Außerdem lässt er mir etwas Zeit, was meine Abreise betrifft. Er hat nichts dagegen, wenn ich übers Wochenende im Haus bleibe. Es hätte wesentlich schlechter für mich laufen können. Ebenso gut hätte ich als Konkubine seiner Privatarmee enden können. Drüben, in Juárez, stehen an die hundert Männer Gewehr bei Fuß, ständig. Er will nicht, dass sie Bordelle aufsuchen. Sie müssen immer bereit sein zum Einsatz, und er will verhindern, dass es zu Schwierigkeiten kommt, nur weil sie sich eine Geschlechtskrankheit eingefangen haben. Deshalb führt er ihnen saubere Frauen zu. Die Frauen werden anständig behandelt, aber eine Wahl haben sie nicht.«
    Ein hässlicher Gedanke durch und durch. Ich schob ihn augenblicklich beiseite. »Wie hat Forbes dich aufgespürt?«, fragte ich.
    »Forbes war Cop, hier in der Stadt, und er verfügt immer noch über einige Beziehungen. Sie haben für ihn die Kreditkartendaten verfolgt. Der Kerl im Motel hat meine Daten beim Einchecken eingegeben. Vermutlich hat es Forbes lediglich einen Anruf und fünf Minuten Wartezeit gekostet, um mich ausfindig zu machen.«
    Ich schloss sie in die Arme. »Geh nicht zurück, Jillian.«
    Sie nahm mein Gesicht in ihre Hände und küsste mich. »Danke«, sagte sie. »Du bist der Erste, der sich um mich sorgt. Aber es ist alles okay, Süßer. Ich kenne Fernie. Er steht zu seinem Wort.«
    Sie fuhr vorneweg, ich hinterher, als wir nach Las Cruces aufbrachen. Dort hielten wir an einem Café, um zu frühstücken. Ein chorizo Omelett und schwarzer Kaffee erweckten ihren Optimismus zu neuem Leben. Ich hatte Haferflocken mit fettarmer Milch, ohne Zucker.
    »Eine halbe Million ist heutzutage auch kein Vermögen mehr«, meinte sie, »aber ich hab ein Händchen, was Geld betrifft. Einen Teil davon werden wir investieren und vielleicht ein kleines Geschäft aufmachen.«
    »Wir«, sagte ich.
    »Als Partner. Wenn du es nicht Liebe nennen willst, Uri, nenn es Partnerschaft.«
    Das klang einfach zu gut. Zu einfach. Doch was immer sie mir auch anzubieten hatte, ich wollte es. Mehr als alles, was ich bisher gewollt hatte.
    Draußen, vor dem Café, sagte sie: »Ich werde einen Stopp in Mesilla einlegen. Ich habe diese kleine Stadt immer geliebt. In gewisser Weise scheint sie gegen diese ganze Scheiße, die überall passiert, immun zu sein, als wäre die Zeit dort vor zweihundert Jahren stehen geblieben.«
    Ich folgte ihr die wenigen Meilen bis zu der alten spanischen Siedlung unweit von Las Cruces. Wir stellten unsere Wagen am Rande des Marktplatzes ab. Eine Mariachi-Band hatte den Pavillon in Beschlag genommen und probte für ihren nachmittäglichen Auftritt. Die Souvenirläden waren noch nicht geöffnet, die Straßen leer. Auf der Nordseite des Platzes stand die alte, ehrwürdige San-Albino-Kirche, das dominierende Element des gesamtem Ensembles.
    »Sollten wir jemals heiraten«, sagte sie, »dann in dieser Kirche. Das nächste Mal möchte ich die Zustimmung der katholischen Kirche, auch wenn ich ihr den ganzen Hokuspokus nicht abkaufe.«
    »Wir könnten einen Priester wecken und Nägel mit Köpfen machen«, sagte ich.
    Sie drückte meine Hand. »Wir machen es, wenn wir nach Oregon aufbrechen«, sagte sie.
    Was hatte ich mir dabei gedacht? Nichts. Ich dachte überhaupt nicht. Denken war etwas für Leute mit realitätsnaher Sichtweise.
    Sie stieg die Stufen zur Kirche hoch und zog die Tür auf, trat aber nicht ein. »Hier wohnt er«, sagte sie und sah hinein.
    Ich fragte nicht, was sie damit gemeint hatte. Es war mit einem Male sehr windig geworden und aufgewirbelter Sand verdunkelte den Morgenhimmel. Ich schmeckte die feinen Körner, die sich vom Wüstenboden gelöst hatten, und musste unwillkürlich an den Friedhof der narcotraficantes denken und an den Sand, der sich in den aufgerissenen Mündern der Toten sammelte.
    »Der Gott der Selbstaufopferung«, sagte sie. »Das hier ist sein Haus. Der heilige Mörder lauert in der Basilika. Ich könnte ihn um Gnade bitten, doch er schachert mit niemandem um Gnade. Ihm geht’s ums Blut. Gottes Gnade heißt Tod. Deshalb fühlt er sich im Land der Azteken so zu Hause.«
    »Liebe zählt nicht?«, fragte ich.
    »Was meinst du damit?«
    »Als eine Art Gnade.«
    »Doch, aber sie kommt nicht von Gott. Liebe ist etwas Menschliches – die arme, ach so verlorene Menschheit, die sich mit aller Macht an das eigene teure Leben

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