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Kaputt in El Paso

Kaputt in El Paso

Titel: Kaputt in El Paso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick DeMarinis , Frank Nowatzki , Angelika Müller
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Besonderes war, ein Outlaw zu sein.« Auf seine Weise machte er Jillian damit ein dickes Kompliment.
    »Danke für die Hilfe«, sagte ich.
    »Keine Ursache. Sie ist ein Volltreffer, Kumpel. Was für fest.«
    »Ich weiß.«
    Den inneren Blick vermutlich in die Vergangenheit gerichtet, zupfte er an seinem grauen Bart. Ich drehte mich um und ging Richtung Tür.
    »Könnte mir vorstellen, dass dieser Typ mit der grausamen Frisur und dem billigen Anzug, dass dieses Riesenbaby von Arschloch sie aufgeschreckt hat«, sagte er.
    Ich war schon fast zur Tür hinaus, als er das erwähnte. Ich ging zurück. »Wie sah er aus?«, fragte ich.
    »Er hatte eine Dienstmarke – Texas Rangers. Wahrscheinlich ’ne Fälschung, aber ich konnte es nicht drauf ankommen lassen, verstehst du? Ich bin auf Bewährung draußen, hab sechs Jahre in Huntsville abgesessen und ’n langes Vorstrafenregister. Deshalb wollte ich diesem dickärschigen Ranger nicht auf den Sack gehen, obwohl ich mir fast sicher war, dass dieser Schwanzlutscher lügt.«
    »Moment mal«, sagte ich, »dieser Typ war ihretwegen hier?«
    »Angeblich würde ihr der Benz nicht gehören, hat er gemeint. Sie soll die Karre ihrem Boss gestohlen haben. Und das Wort Boss hat er ausgesprochen, als würde ein Priester von Jesus Christus reden. Wahrscheinlich wollte er mich damit beeindrucken, aber mich kann nichts mehr beeindrucken.«
    »Du hast ihm also die Zimmernummer gegeben?«
    »Wie ich bereits gesagt habe, bestand ja die Möglichkeit, dass er das war, wofür er sich ausgegeben hatte. Heutzutage engagieren die Cops ja jeden Hirni, da kann man sich nie sicher sein. Ich hatte aber ’n Auge auf ihn. Wenn er grob zu ihr geworden wäre, hätte ich seinen Arsch mit ’ner Prise Steinsalz gewürzt.«
    Er langte unter den Tresen und holte eine abgesägte, doppelläufige Schrotflinte Kaliber 12 hervor. »Ich benutze Patronen mit Steinsalz und Patronen mit Grobschrot. Im linken Lauf Steinsalz, im rechten Grobschrot. Wem das Steinsalz keine Manieren beibringen kann, der bekommt es mit der Artillerie zu tun.« Er grinste breit und zeigte seine gelben Zähne, seine Augen wirkten matt. So kaputt wie der Typ aussah, war ihm zuzutrauen, dass er schon mal rechts und links verwechselte.
    »Hast du mitbekommen, was er zu ihr gesagt hat?«
    »Nein. Sie ist aus dem Zimmer gekommen und hat kurz mit ihm geredet. Er hat sie mit Respekt behandelt, ist auf Abstand geblieben und hat die ganze Zeit ausgesehen wie ein begossener Pudel. Es schien nichts Ernstes zu sein. Dann ist er abgehauen. Sie hat gleich danach ausgecheckt, war völlig neben der Spur, wie ich schon gesagt habe.«
    Ich bedankte mich noch mal, dann ging ich zu meinem Wagen. Mein Herzschlag hatte ein paar Takte zugelegt. Ich nahm die Mossberg aus dem Kofferraum und legte sie auf den Beifahrersitz.

Siebenunddreißig
    Wenigstens hatte Forbes sie nicht mit Gewalt verschleppt. Der Gedanke daran bewahrte mich davor, auf der Interstate die Fassung zu verlieren. Dennoch hielt ich die Tachonadel stur bei neunzig Meilen, dem Protest des alten Fords zum Trotz. Die Vibrationen brachten das Armaturenbrett zum Summen und das Lenkrad fing an zu flattern. Die Temperaturanzeige ging allmählich in den roten Bereich. Zehn Meilen westlich von Las Cruces krochen Dampfschwaden unter der Motorhaube hervor. Ich fuhr auf einen Rastplatz mit Blick auf das Mesilla Valley. Es war eine Stunde vor Sonnenaufgang. Über der schwarzen Silhouette der Organ Mountains wölbte sich der Himmel in einem sternlosen Blaugrau – eine unechte Morgendämmerung, unter der die Lichter von Las Cruces funkelten.
    Der Mercedes stand neben den Toiletten. Es war das einzige Auto weit und breit, also ging ich davon aus, dass Forbes in die Stadt zurückgefahren war. Trotzdem hatte ich zur Sicherheit die Mossberg dabei, als ich mich dem Wagen näherte.
    Jillian lag auf dem Rücksitz, ob schlafend oder tot, vermochte ich nicht zu sagen. Die Türen waren verriegelt. Ich klopfte mit dem Gewehrkolben ans Fenster. Sie fuhr hoch, die Augen weit aufgerissen vor Angst. Sie hatte fest geschlafen und befand sich jetzt in diesem Dämmerzustand zwischen Wachen und Traum. Nachdem sie die Tür entriegelt hatte, stieg ich ein, legte die Mossberg auf den Boden und nahm Jillian in die Arme. Ich küsste sie, küsste ihre Augen, ihr Gesicht und ihre Lippen.
    »Mein Güte, du zitterst ja«, sagte sie.
    »Du machst mir Angst.« In mehr als einer Hinsicht, hätte ich hinzufügen können.
    Ihr Lächeln drückte

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